Wie es Audi immer noch gelingt, neue Nischen in der Nische zu
besetzen.
Die Idee für ein SUV, das alleinstehende Karrierefrauen mit
Patenkindern ebenso anspricht wie junggebliebene Rentnerpärchen ohne
großen Transportbedarf, hatte schon eine andere Marke gehabt und
obwohl dieses SUV in Graz vom Band lief, war es schlussendlich ein
Flop, was durch ein baldiges Produktionsende bestätigt wurde.
Audi hat sich vom Missgeschick des Mitbewerbers nicht aus der Ruhe
bringen lassen und gab auf die Fragen dieser sehr speziellen
Zielgruppe die gewünschte optische Eigenständigkeit und jede Menge
fescher Kanten als passende Antwort. Getauft wurde das aktuell
kleinste SUV der Marke Audi auf den Namen Q2, technisch steht es in
sehr enger Verwandtschaft zum A3. Wo es preislich steht, bestimmt
schlussendlich der Kunde, der aus einem großen Motoren- und einem
noch viel größeren Mehrausstattungsangebot wählen kann. Überlässt man
der Presseabteilung die Wahl, so ergibt das eine besonders prickelnde
Q2-Version.
Daytonagrau-perleffekt trifft hier auf wunderschöne S-line-Räder,
abgedunkelte Scheiben und das im geöffneten Zustand besonders schöne
Panorama-Glasdach. Die vielen Kanten, die Audi auf dem nur 4,2 Meter
langen Auto untergebracht hat, tun ihr Übriges, um den neuen Q
einfach perfekt dastehen zu lassen. Perfekt. Nicht ganz so opulent
tritt derInnenraum vor das geschulte Tester-Auge.
Das extrem abgeflachte Sportlenkrad ist auch hier Geschmackssache,
die weißen Nähte da und dort, das viele Metall an der Mittelkonsole
und das große Navigationsdisplay, das hier nicht von umliegenden
Knöpfen optisch erdrückt wird, sind in dieser Klasse, wir rufen uns
in Erinnerung, dass der Q2 der kleine Bruder des Q3 und nicht jener
des Q5 ist, ziemlich einmalig. Die manuelle Sitzverstellung, das
Fehlen einer Rückfahrkamera und noch vielmehr die Nutzung eines
klassischen Schlüssels verrät, dass da nach oben noch etwas geht. Nie
zuvor kam uns ein Audi-Schlüssel so klobig vor wie im Q2. Wenn der
Motor erst einmal läuft, ist auch das Schlüsselthema Geschichte,
zumindest bis es wieder ans Abstellen und ans Abschließen geht.
Der 2,0-Liter-Diesel lauert hier mit vollen 190 Pferden, deren Kraft
durch das siebengängige Doppelkupplungsgetriebe verwaltet und in
weiterer Folge von der Haldex-Technik an alle vier Räder verteilt
wird. Das passt so, macht es doch aus dem Q2 kein nervöses Rennauto
und sichert dennoch die gewünschte Souveränität, wenn auf der
Landstraße mal zügiger überholt werden soll. Überhaupt ist die
Landstraße der Lieblingsspielplatz des Q2. Hier kann er sein, für ein
SUV sehr sportliches Handling ebenso zur Schau stellen wie seine vom
vorhandenen Gewicht unbeeindruckten Bremsen oder die fein abgestimmte
Lenkung. Für lange Autobahnetappen taugt das kleine Audi-SUV
natürlichauch, wenngleich hier die Fahrwerkabstimmung nicht so
maßgeschneidert wirkt wie auf der Landstraße. Hinzu kommt, dass die
kantige Karosserie bei hohem Tempo immer dann, wenn man ihr auch nur
die geringste Chance dazu gibt, durch Windgeräusche auf sich
aufmerksam macht. Trotz seiner Abstammung aus der Audi-SUV-Familie
kann der Q2 mit losem Untergrund nur sehr bedingt etwas anfangen.
Fein gerechte Schotterstraßen nimmt er, sofern die schönen Felgen
nicht darunter leiden, gerne ins Visier und man darf davon ausgehen,
dass der Q2 auch auf Schnee und Eis einen perfekten Job abliefern
wird, doch dann ist es mit den klassischen SUV-Talenten auch schon
wieder vorbei. Sogar normale Feldwege gilt es nur mit größter Obacht
zu befahren, um den Unterboden nicht zu zerkratzen, auf die Idee ins
leichte Gelände zu fahren, sollte man erst gar nicht kommen.
Wird es im städtischen Überlebenskampf oder auf der Landstraße mal
etwas enger, so helfen die übersichtlichen Abmessungen und das Wissen
um eine ganze Armada an aktiven und passiven Sicherheitssystemen.
Auch hier zeigt sich der Q2 als echter Audi. Um nicht in Lobhudelei
zu verfallen, muss an dieser Stelle der nicht perfekte Seitenhalt der
Sitze und die Fummelei mit der Mittelarmlehne angeführt werden. Auch
der Platz in der zweiten Reihe fällt wenig überraschend sehr
bescheiden aus, was die Zielgruppe angesichts des im Gegenzug
durchaus erwachsenen Kofferraums aber gerne verzeihen wird. Umlegen
lässt sich natürlich auch alles, wodurch Alleinreisende auch das
Mountainbike mit dabei haben dürfen.
Die angesichts des Anschaffungspreises von mehr als 60.000 Euro in
erster Linie psychologisch wichtige Komponente des Verbrauchs hat der
Q2 stets im Griff. Wer rollt, kommt zeitweise auf einen Wert unter
fünf, wer vernünftig durchs Leben fährt, wird rund sechs Liter
verbrauchen, rücksichtslose Raser können auch die Sieben vor dem
Komma stehen haben. Mehr geht dann aber auch nicht, zumindest nicht
auf Dauer.
Was wir nicht ausprobiert haben, auch weil es dem Testwagen an einer
entsprechenden Vorrichtung dafür gefehlt hat, ist die Nutzung als
Zugfahrzeug. Die breite Spur, die satte Straßenlage, der
Allradantrieb, der gemessen an der Gesamtlänge lange Randstand und
nicht zuletzt der kräftige Motor versprechen beste Voraussetzungen,
um die erlaubten 1,8 Tonnen durchs Land zu ziehen. Damit kann das
rüstige Rentnerpaar auch große Wohnwagen schleppen, während
Karrierefrauen am Wochenende ihr Pferd selbst nach Hause bringen
können.
Die natürlich nur vermutete Zielgruppe einmal außer Acht gelassen,
ist der Q2 auch ein perfekter Zweitwagen für alle, die ihn sich
leisten können und auch wollen, ein sicherer Begleiter auf dem Weg
zur Uni und eine unheimlich fesche Möglichkeit, übers Wochenende mal
schnell an den Strand zu fahren. Hinzu kommt, dass diesem SUV die
Aufdringlichkeit manch anderer Modelle völlig fremd ist, wodurch das
Designpaket immer dann optisch durchrutscht, wenn es für seinen
Besitzer von Vorteil ist. Bei den Enkeln genauso wie beim Chef, der
in einem Q2 noch lang keinen Angriff auf seinen A6 sieht, auch wenn
es preislich durchaus einer sein kann.