Ende Jänner im Maserati rauf ins Waldviertel. Vor ein paar Jahren wäre das noch undenkbar gewesen. Damals gab es bei der italienischen Nobelmarke kein Auto, dem man freiwillig die kalte Jahreszeit zugemutet hätte und dafür gab es eine Vielzahl an guten Gründen. Von Allradantrieb war noch keine Rede und den SUV-Trend hielt man in Italien für eine Erfindung der Asiaten, damit diese endlich ein wenig höher sitzen konnten, ohne gleich einen echten Geländewagen kaufen zu müssen.

Viel hat sich seitdem verändert. Maserati ist es gelungen, mit zeitgemäßen Modellen aus der Nische der Nische erfolgreich herauszutreten, ein qualitativ hochwertiges Händlernetz aufzubauen und mit dem ersten SUV der Marke die Wünsche all jener, die auch in diesem Segment auf italienische Leidenschaft setzen, zu erfüllen. Der Name dafür lautet Levante. Im letzten Jahr in Österreich erstmals gezeigt und seit dem letzten Sommer auch im Handel angekommen, richten sich die aktuellen Verkaufszahlen in Österreich ausschließlich danach, wie viele Fahrzeuge geliefert werden können. Damit folgt dieser Maserati eineritalienischen Tradition, die bisher einer anderen Marke exklusiv vorbehalten war.

Nach einem ersten Kennenlernen im sonnigen Kärnten führt uns unser heutiger Weg zu einem besonderen Maserati-Fan hinaus ins Waldviertel. Am schnellsten gelangt man in den Norden Niederösterreichs von Wien aus über die zu jeder Zeit langweilige, aber zugleich ungemein praktische Donauuferautobahn, um dann auf die kaum spannendere Horner Bundesstraße zu wechseln. Das erste Highlight am Weg ist das Automobilmuseum Koller, gleich neben Schloss Klein Wetzdorf und unterhalb des Heldenbergs gelegen, ein absoluter Fixpunkt für Freunde der automobilen Materie. Mit dem Maserati wären wir sogar standesgemäß gekleidet, doch wie so oft reicht auch heute die Zeit nicht für einen ausführlichen Stopp. Maissau auf der neuen Umfahrung links liegengelassen, geht es von einem Abzweig abgesehen bis nach Gars am Kamp irgendwie immer geradeaus.

Bekannt unter anderem durch Willi Dungl (sein Ressort steht jetzt nur noch erneuerungswilligen Damen offen) und natürlich Falco, der hier residierte, ist Gars heute Zufluchtsort für Wiener, die ein wenig Semmering-Atmosphäre ohne den dazugehörigen Berg genießen möchten. Man wandert, man schwimmt, geht bei Familie Kienast einkaufen und trifft sich beim Fleischhauer, dessen Name ich hier nicht anführe, da er schon jetzt ähnlich teuer wie gut ist und gut ist er wirklich. Warum ich dies alles erzähle, ist leicht erklärt. Unser Geburtstagskind, das wir im Levante abholen dürfen, ist hier auch regelmäßig anzutreffen, sehr zur Freude ihrer Fans. Dafür verlässt sie dann ihr blaues, in einer Siedlungnur wenige Kilometer oberhalb von Gars gelegene Häuschen. Im Carport vor der Tür parkt eine frisch gewaschene Mercedes-Benz A-Klasse, doch die hat heute Pause. Auf leisen Sohlen rollen wir auf Schneeresten am Haus vorbei, drehen auf einer kleinen Wiese dahinter um (auch das wäre mit einem normalen Maserati nicht möglich gewesen), um dann viel zu früh direkt vor der Eingangstür Stellung zu beziehen.

Die Nachbarn scheint das nicht weiter zu beunruhigen. Sie haben sich längst daran gewöhnt, dass hier Kamerateams auffahren, sich renommierte Regisseure die Klinke in die Hand geben und der eine oder andere Promi vorbeischaut und so bleiben auch wir unbeobachtet, zumindest bis kurz die Tür aufgeht und uns eine Frauenstimme mitteilt, dass wir viel zu früh sind und daher warten müssen. Eine Viertelstunde später steht eine "rüstige Mitsiebzigerin" vor uns, schreitet an der geöffneten Fondtür vorbei und nimmt vergnügt am Beifahrersitz Platz. Nicht ohne zuvor den Gurt hinter der Lehne vorbei ins Gurtschloss befördert zu haben. Angeschnallt ist sie nicht sogerne unterwegs und damit ist das Thema auch schon abgehakt.

Diejenigen, die hier wohnen, wissen ob all ihrer Angewohnheiten bestens Bescheid, hat es Erni Mangold doch schon vor mehr als 30 Jahren hierher verschlagen. Sie, die Erni, ist längst eine von ihnen, eine, die man akzeptiert und das dauert im Waldviertel stets deutlich länger als anderswo in diesem Land. Nicht einmal der Umstand, dass die Erni, die immer noch rund 25.000 Kilometer pro Jahr abspult, oft viel zu schnell mit ihrem Benz unterwegs ist, regt hier jemand auf, nur der Briefträger weiß, wie oft sie dafür zwischen Wien und Gars schon zur Kasse gebeten wurde. Zwei Strafzettel waren es allein in der letzten Woche.

Darüber, dass sie an ihrem 90. Geburtstag in den Genuss kommt, die bekannte Strecke zu den Kammerspielen in einem neuen Maserati chauffiert zu werden, beklagt sie sich dennoch nicht, auch wenn sie sonst lieber selbst am Steuer sitzt. Für sie als bekennender Formel-1-Fan - hier hält sie Sebastian Vettel die Daumen - ließe sich die gut 100 Kilometer lange Strecke in einer halben Stunde absolvieren, zumindest in einem Maserati. Den Wunsch des Chauffeurs, seinen Führerschein behalten zu wollen, akzeptiert sie nur widerwillig.

Gut eine Stunde später rollt das silberne Maserati-SUV vor den Kammerspielen in der Rotenturmstraße vor. Zahlreiche Fans sind bereits da und empfangen sie, wie es der großen alten Dame würdig erscheint, mit unheimlich viel Liebe und Begeisterung. Eine weitere Stunde später ist es dann soweit. Das Geburtstagskindbetritt erstmals an diesem Abend die Bühne der Kammerspiele. Die Rolle der Maude in dem Klassiker Harold und Maude (alle Vorstellungen sind bereits vor der Premiere ausverkauft) scheint ihr dabei nicht nur auf den Leib geschrieben, sie ist es auch.

Dass Erni Mangold all die Anstrengungen, die ein neues Stück nicht nur für eine 90-Jährige so mit sich bringen, längst vergessen hat, zeigen ihre starke Ausdruckskraft und das Lächeln, das an diesem Abend noch intensiver wirkt als sonst. Gut 90 Minuten steht sie diesmal auf den Brettern, die für sie die Welt bedeuten. Dass es die letzte Premiere ist, die sie feiert, hat sie längst entschieden, nicht nur, weil es anstrengend ist, sondern auch weil sie noch so vieles vor hat und nicht weiß, wie viel Zeit ihr dafür bleibt.

Mit Standing Ovations dankt ihr das Publikum an diesem Abend. Vor der Bühne und vor der Tür dann gleich noch einmal. Da drückt dann sogar die Wiener Polizei ein Auge zu und sieht von einer Strafe für den vor dem Bühneneingang platzierten Maserati großzügig ab. Begleitet vom kompletten Ensemble beginnt nach 22.00 Uhr im Hotel Regina die Premierenfeier. Die Geburtstagstorte wird eine Stunde später gereicht und so ist es vermutlich die späteste Geburtstagsfeier, die in diesem Land je für eine 90-Jährige gefeiert wurde. Hunderte Gratulanten später und damit eigentlich erst am Tag nach ihrem echten Geburtstag gelingt es dann doch noch, die wunderschöne Torte anzuschneiden. Kurze Zeit später sitzen wir wieder im Levante. Viele Prominente werden in ihm noch Platz nehmen und sich zu besonderen Anlässen chauffieren lassen oder gar selber das Volant schwingen. Nur wenige werden wissen, dass mit diesem Auto die großartige Mangold anlässlich ihres 90ers chauffiert wurde, zumal auf unseren Wunsch nach einer entsprechende Plakette am Armaturenbrett nicht eingegangen wurde. Schade eigentlich.