Warum es ausgerechnet die Japaner verstehen, auch kleine Autos mit
Herz zu bauen.
All diejenigen, die immer noch den Rückzug der Marke Daihatsu
bedauern und den Materia ebenso gemocht haben wie den Copen, all
jene, die bei Subaru automatisch an den Libero Microbus denken und
den LJ 80 bis heute für den ultimativen Geländewagen halten, können
jetzt aufatmen. Es gibt endlich wieder kreativen Nachschub bei den
Kleinen. Beflügelt vom Erfolg des Vitara, der auch ohne Untersetzung
und echte Offroad-Ambitionen zu einem Bestseller geworden ist, hat
sich Suzuki beim Nachfolger des Ignis noch deutlich weiter vom
Vorgänger entfernt, als dies beim Generationswechsel des Vitara der
Fall war.
Aus der rein optisch betrachtet doch recht trostlosen Ignis-Kiste ist
ein drahtiger, mutig gestylter und zudem auch sehr praktischer
Kleinwagen geworden. Sein stetes Grinsen hat der neue Ignis seinen
Scheinwerfern zu verdanken. Das hochgezogene Heck mag uns vielleicht
auch deshalb gefallen, weil es uns an die Damenmode der 80er erinnert
und die seitliche Kistenansicht ist seit der G-Klasse ein
international gefeiertes Design, praktisch ist es obendrein.
Dass erwachsene Menschen auch in einem 3,7 Meter langen Automobil
entspannt unterwegs sein können, ist der bereits angesprochenen
Kistenform zu verdanken. Beim Einstieg meldet sich zusätzlich die für
einen Kleinwagen recht hohe Sitzposition positiv zu Wort und ehe man
sich versieht, hat man auch schon einen bequemen Platz hinter dem
leider nicht in der Tiefe verstellbaren Lenkrad gefunden. Von
Kleinwagen ist hier ebenso wenig zu spüren wie von billig und auch
das Auge findet schnell ein paar Highlights, die in dieser Klasse
eher unüblich sind. Das beginnt beim großen Navigationsschirm in der
Mitte, der dank Rückfahrkamera auch beim Einparken hilfreich agiert,
reicht über dasgriffige Multifunktionslenkrad samt dahinter
liegendem Designer-Tacho und endet erst in der hellen Türverkleidung.
Dosenhalter und ein paar Ablagen runden das Fahrerumfeld ab.
Auf das Thema Allrad weist dabei nichts hin, nicht einmal am
Schalthebel des knackigen Fünfganggetriebes lauert ein entsprechender
Hinweis. Ist auch egal, Hauptsache der Allrad ist an Bord und das ist
beim Ignis-Topmodell immer der Fall. Serienmäßig sind auch fünf
weitere Sitzplätze, obwohl in der Praxis die Hütte mit vier Personen
gut gefüllt ist. Dank der verstellbaren Rücksitzbank trüben auch
keine durch die Lehne drückende Knie den Fahrspaß, der sich in der
ersten Reihe schnell einstellt. Fürs Gepäck bleibt dann halt nimmer
viel Platz, der Wochenendeinkauf im Supermarkt geht sich aber doch
immer irgendwie aus. Jungfamilien sei auch gesagt, dass zwei
Kindersitze in Reihe zwei locker Platz finden, ist allerdings noch
ein Kinderwagen nötig, so muss dieser dann aufs Dach.
Gestartet wird der Ignis mittels Knopfdruck, der Schlüssel kann dabei
in der Tasche bleiben. Nur ganz leise verrät das Motörchen, dass es
jetzt am Leben ist und wer es sanft angeht, muss sich auch nicht
davor fürchten, dass sich das ändert. Laut wird es wahlweise ab Tempo
130 oder dann, wenn die vorhandenen 90 Pferde unter Ausnutzung aller
Drehzahlreserven auf Trab gehalten werden. Dann fährt sich der Ignis
wie ein Gokart mit zu weicher Federung. Was beim Ampelstart durch
Leistungsdefizite verloren geht, wird in der ersten Anbremszone
wieder gutgemacht. Irgendwie findet sich immer eine Lücke, in die der
orange Zwerg passt und das Wohlwollen der anderen Autofahrer gibt es
kostenlos mit dazu. Mit Salzburger Nummer muss man in Wien schon am
Radweg rechts überholen, um den unschuldigen Eindruck, den dieses
Auto hinterlässt, nachhaltig zu schwächen. Damit belächelt zu werden,
gilt es sich allerdings sowohl auf der Überholspur der A2und erst
recht auf der Dopplerhütte abzufinden. Wer mit dem Ignis so wie wir
eine Stunde lang von Königstetten rauf zum ehemaligen Biker-Mekka und
wieder retour fährt, schürt bei der Außenwelt den Verdacht, stets zu
wenig Anlauf gehabt zu haben, um den Berg zu bezwingen. Nur bei jenen
Bikern,die es uns gleichgetan haben, ist es schlussendlich gelungen,
respektiert zu werden, vielleicht auch wegen unserer Konsequenz
hinsichtlich der Einhaltung der Ideallinie. Obwohl bis unters Dach
vollgestopft mit Sicherheitselektronik, die in Auffahrwarnungen und
Spurhalteerinnerungen ihren Höhepunktfindet, gelingt es doch, den
Ignis tanzen zu lassen. Vielleicht auch, weil die Systeme nur so lang
funktionieren, wie ein Kontakt zur Straße besteht.
Wenn das Adrenalin draußen und der 30-Liter-Tank fast leer ist (was
bei 5,4 Liter Durchschnittsverbrauch recht lang dauert) tut es gut,
zu wissen, dass dieser Suzuki auch abseits der Straße Spaß machen
soll. 18 Zentimeter Bodenfreiheit sind nicht die Welt, sie reichen
aber aus, auch ungepflegte Waldwege unter die Räder zu nehmen. Dabei
heißt es, möglichst langsam unterwegs zu sein, um den Unterboden
nicht unnötig zu verschandeln oder gar technische Defekte
heraufzubeschwören. Keine 1.000 Kilogramm schwer zieht der Suzuki
kleine feine Spuren ins Unterholz und wäre da nicht die orange
Lackierung, der diensthabende Jäger hätte uns nie entdeckt.
Glücklicherweise konnten wir seine Neugierde am Auto wecken, die
angefragte Probefahrt galt es dennoch abzulehnen.
Nach zwei Wochen hatten wir den Ignis schon sehr ins Redaktionsherz
geschlossen. Das lag vielleicht auch daran, weil uns bei diesem
Kleinwagen, mit Ausnahme eines Faltverdecks und einer hochwertigeren
Kofferraumabdeckung , nie etwas abgegangen ist. Zukunftsinteressierte
Betrachter konnten wir mit der integrierten Hybridunterstützung
beeindrucken, das Wild im Wienerwald mit den LED-Scheinwerfern und
die Kids mit maximaler Entspannung, wenn die Wurstsemmel mal wieder
extra viel gebröselt hat, weil die Extras des zuvor gefahrenen
Testautos dreimal so viel gekostet haben, wie der ganze Ignis in
Vollausstattung.
In Zahlen ausgedrückt sind das 18.490 Euro. Dafür gibt es den Ignis
als flash. Viel Geld für einen Kleinwagen und gleichzeitig ein fairer
Preis für ein Auto, das so viel Spaß macht, ohne dabei auch nur im
Geringsten unpraktisch zu sein.