Der Schmierstoffmarkt wird immer unübersichtlicher. War Österreich
lange Zeit ein Direktvertriebsland, so hat sich das in den
vergangenen Jahren stark verändert. Die Vertriebspartner sind in den
Vordergrund gerückt.
Das waren noch Zeiten, als der "Ölvertreter" jede Woche zum
Kaffeetratsch gekommen war. Immer hatte er eine Geschichte über die
Branche, die eigene Automarke oder die Konkurrenzwerkstätte mit
dabei, oft irgendein Zuckerl, die Einladung zu einer Rallye oder
einer anderen Veranstaltung. Damals, ja damals war auch noch von
allem genug da: genug Zeit für Gespräche und Incentivreisen, genug
Werkstattauslastung und genug Marge, sowohl für den Ölkonzern wie
auch für die Werkstätte. Selten wurde bei den Besuchen des
Außendienstes übers Öl gesprochen. Schließlich gab es ja einen
langfristigen Vertrag mit einer fixiertenÖlmenge.
Wie aus der Wirtschaftslehre bekannt,ändert sich ein Markt, wenn aus
dem Unterangebot ein Überangebot wird. Dann wird am Preis gedreht und
an der Marge. Für die Ölkonzerne begann dann das Spiel mit der
Kostenreduktion. Wenig überraschend, dass der Außendienst in so einem
Vertriebssystem ein ziemlich großer Posten ist. Mobil, alsmächtigster Anbieter, hat begonnen, den Vertrieb auszulagern und auf
den eigenen Außendienst zu verzichten. Heute ist der Vertrieb an drei
Schmierstoffhändler delegiert (siehe Kasten). Der Marktanteil ist
dadurch deutlich zurückgegangen, ob es sich insgesamt mit Kosten und
Nutzen insgesamt ausgezahlt hat, weiß wohl nur der Konzern selbst.
Der nächste große Player war Shell, hier hat man den Vertrieb
exklusiv an die Firma Haberkorn ausgelagert, einen der größten
technischen Händler mit Schwerpunkt Industrie und Bauunternehmen.
Erfolgreiche Direktvertriebler
OMV hat die Schmierstoff-Abteilung gleich verkauft. Der neue
Eigentümer Lukoil investiert in Wien ganz massiv und hat den Standort
zur europäischen Vertriebs-und Produktionszentrale ausgebaut. In
Österreich wird übrigens direkt vertrieben. Das gilt auch noch für
Eni und für Total, die beide nach der Umstrukturierung von Castrol
momentan wohl am meisten Marktgewinnen. Dabei hat Castrol mit den
Vertriebspartnern Obereder (Markenwerkstatt), Stahlgruber (freie
Werkstatt) und Adamol (Zubehörhandel, Frächter) nach einem gewissen
Vakuum wieder ein effizientes Vertriebsnetz aufgebaut, wo teilweise
die familiäre Betreuung wieder zurückkommt. Fuchs Schmierstoffe ist
ebenfalls selbst in Österreich präsent und vermarktet direkt sowie
über kleine, regionale Teilehändler mit wachsendem Erfolg.
Liqui Moly nutzt zahlreiche Vertriebskanäle, leistet sich aber auch
einen eigenen Außendienst zur Betreuung. Petronas beschreitet
teilweise den direkten Weg, mittlerweile ist man auch unter das
dichte Filial-und Außendienst-Netz von Birner geschlüpft, wo aktuell
Liqui Moly die wichtigste Marke ist. Motul gibt es weitgehend nur bei
WMTrost. Motorex arbeitet exklusiv mit Derendinger zusammen. Eurolub
ist mittlerweile die stärkste Ölmarke bei Autoteile Klein.
Erfolgreiche Vertriebspartnerschaften
Die Nutzung bzw. die Auslagerung an Vertriebspartner soll freilich
nicht heißen, dass die Betreuung nicht ebenso oder sogar besser
funktionieren kann.
In den meisten europäischen Ländern ist ohnehin der Vertrieb über
spezialisierte Mineralölhändler der Standard. Auch in Österreich
werden selbige von den zahlreichen Ölmarken intensiv gesucht. Die
Zeiten von großen Incentives und persönlicher Überbetreuung sind in
jedem Fall vorbei. Das Paket muss stimmen, und da ist der Preis
mittlerweile einer der wichtigsten Parameter.
Die Frage, die sich stellt: Was braucht die Werkstätte von heute oder
morgen? Lieferanten wie Birner, Derendinger, WM Trost oder Autoteile
Klein haben große Vorteile in der Logistik. Speziell bei freien
Werkstätten werden die Schmierstoffe immer öfter just-in-time
geliefert. Kein Betrieb weiß, welches Getriebeöl er morgen braucht,
da bestelltman lieber auf Bedarf. Schließlich muss man einen großen
Teil des Fahrzeugmarktes abdecken, Zuordnung und Vielfalt werden
immer komplexer.
Bei Markenbetrieben ist die Situation noch etwas anders. InÖsterreich ist der Öltank noch sehr stark verbreitet, hier will man
möglichst mit zwei Spezifikationen den größten Teil des Bedarfes
abdecken. Aber auch bei den ganz jungen Fahrzeugen wird es immer
spezifischer. Seit die Autoindustrie das Motoröl als Möglichkeit zur
CO2-Einsparung entdeckt hat, kommen laufend neue, auf bestimmte
Motoren entwickelte Schmierstoffe heraus.
Die Beratung wird wichtiger
Gleichzeitig werden damit die Beratung und die schnelle Hilfestellung
durch dieÖlspezialisten immer entscheidender. Hier sind die
Ölkonzerne im Direktvertrieb ebenso im Vorteil wie die
spezialisierten Händler. "Auch die Teilehändler haben Experten",
werden selbige entgegnen. Stimmt. Optimale Betreuung ist mit allen
Vertriebssystemen möglich. Direktvertrieb, Schmierstoffhändler oder
Teilehandel: Wer tatsächlich die beste Lösung für die jeweilige
Werkstätte bietet, muss jeder Kunde für sich und seine Anforderungen
selbst entscheiden.