Global ausbalancierte Produktions-und Umsatzverteilung lauten die neuen strategischen Kommunikationsbegriffe in der Vermarktungswelt des globalen Reifen(system)herstellers Continental. Der Konzern entschwebt in die "VisionZeroWorld" mit dem Anspruch, durch keine Verkehrsunfälle keine Verletzten und keine Toten mehr zu "produzieren".

Eine Vision eben! Vorstandsmitglied Nikolai Setzer, Leiter der Division Reifen, will deshalb seine Premium-Reifenmarke Continental (übrigens ist das der einzige Hinweis in der Winter-Roadshow) mit dem neuen Pkw-Nachrüstreifen "WinterContact TS 860", aufgrund seiner technischen Eigenschaften noch stärker am langfristigen Ziel "Vision Zero" festmachen: "Gerade hier kann das Technologieunternehmen Continental von seiner breitenAufstellung an Sicherheitstechnologien profitieren."

Strategische Kommunikation statt Fakten

Wie passt diese Vision zum realen lokalen Marktszenario eines im globalen Markt führenden Reifenherstellers? Droht dem Auto, so wie wir es kennen, das Aus und Continental denkt längst in anderen Sphären? Möglich! Leicht befällt einen dabei das Gefühl, dass die Industrie vorbei an den lokalen Bedürfnissen längst einen neuen Weg eingeschlagen hat. Mobility Solutions, um imneudeutschen Sprech zu bleiben, Carsharing und Ride-Hailing stehen jetzt im Fokus.

Continental kümmert sich um weniger Verkehrstote, Verletzte durch Autounfälle, vor allem in Schwellenländern. Strategische Kommunikation via "Vision-ZeroNews" mit Statements von Degenhart, Jourdan, Setzer begleiten das Marketing. Kein Ton mehr zur Marktschaffung, individuelle Mobilität braucht es nicht mehr,Otto Normalverbraucher wird zum Auslaufmodell. Die Vielzahl von Händler-und Servicepunkten verschwindet. Schmerzlich ist der Prozess, doch er kann gemanagt werden - von den Konzernen.

Das klingt irgendwie nach Scientology-Slang, der sich ja auch mit dem Wissenüber das Wissen beschäftigt. Continental berichtet ab sofort unter www. VisionZeroWorld.com ab laufend mit Videos, Bildern, Grafiken und Meldungen über Themen wie Unfallvermeidungstechnologien, gesetzliche Regelungen für mehr Verkehrssicherheit etc., in die auch die Öffentlichkeit einbezogen wird. Ob der Conti-Vorstand auch klare Themenschwerpunkte setzt, also auch die Mortalitätsrate bei den Jobs thematisieren wird, was wiederum mit der Kaufkraft zu tun hat, bleibt abzuwarten.

Reifencheftechniker Dipl.-Ing. Volker Lange, ansonsten ein sicherer Tipp für hochtechnische Reifenleistungsdefinition, reduzierte sich bei der TS-860-Vorstellung auf den "sichersten europäischen Winterreifen" und auf die Optimierung aller sicherheitsrelevanten Eigenschaften bei gleichzeitig minimiertem Rollwiderstand.

"Cool Chili" ergänzt Silica-Philosophie

Kehren wir zurück zur Reifenmarke Continental, wie wir sie lokal wahrnehmen. Mit dem MS 14 bis 1952 zurückreichender Winterreifen-Tradition, die 65 Jahre später im TS 860 Ausdruck findet, geht Lange dann doch noch aus sich heraus. Neben einem aufwändig argumentierten neu entwickelten Profil-Design bringt die"Cool Chili" genannte Mischung mit einem hohen Silica-Anteil einen weiteren Leistungszuwachs mit noch kürzeren Bremswegen. Dazu verhilft die in fachchinesisch formulierte "LiquidLayer-Drainage", was besonders beim Bremsen auf Eis den Autofahrer "abchillt", also sicher fühlen lässt. Und dann die im laufrichtungsgebundenen V-förmigen Profil verarbeitete "SnowCurve+"-Technologie mit ihrer griffigen "3D-Rillenwand-Struktur". Super!

Die für 14-bis 17-Zoll-Felgen dimensionierten Reifen brauchen jetzt nur noch genügend Abnehmer, denn noch so kluge Visionen müssen vor ihrer Umsetzung ganz profan verdient werden. (LUS)