Die 10 Gebote umfassen 279 Wörter, die amerikanische Unabhängigkeitserklärung kommt mit 300 Wörtern aus. Ein Opel-Händlervertrag samt Anhang kommt auf 46.328 Wörter mit 345.269 Zeichen. Einige dieser Klauseln benützte Opel, um in Deutschland 7 Händler kurzfristig loszuwerden. 2 davon bekämpften ihren fristlosen Rauswurf bei Gericht. Das Oberlandesgericht Frankfurt kam nun zur Entscheidung, dass diese Kündigung nicht rechtens war. Mit der Begründung, dass es den Opel-Klauseln an der erforderlichen Transparenz fehle. Eine Entscheidung, die aufgrund der extremen Ähnlichkeit aller europäischen Opel-Händlerverträge auch für Österreich von Relevanz ist.
Abmahnung schon zu Jahresbeginn
Dem deutschen Fachmagazin "kfz-betrieb" begründete Unternehmenssprecher Michael Blumenstein die fristlose Kündigung damit, dass bereits zu Jahresbeginn 24 Vertriebspartner abgemahnt worden seien. Ihre Verkaufszahlen seien zu mehr als 25 Prozent unter dem Netz-Durchschnitt gelegen. Allen wurde eine Frist von sechs Monaten eingeräumt, sich in die oberen Ränge vorzukämpfen. 10 Betriebe haben dieses Ziel geschafft, 7 wurde eine Nachfrist eingeräumt, die restlichen 7 erhielten den blauen Brief.
Rechtsanwalt nahm Verträge unter die Lupe
5 Betriebe ließen den Kopf hängen, resignierten und wandten sich neuen Ufern zu. Sie hörten vom Opel-Händlerverband, dass sie gegen diese Kündigung nichts machen könnten. Die Begründung des Verbandes: Opel habe im neuen Händlervertrag eine derartige Kündigungsmöglichkeit fixiert.
Die restlichen 2 Opel- Händler sahen dies anders und wandten sich an Rechtsanwalt Thomas Baiz. Der Kfz-Experte von der Kanzlei Friedrich Graf von Westphalen und Partner, im Netzwerk der European Distribution Lawyers (www. eudistributionlawyers.eu) verankert, nahm die entsprechenden Vertragsklauseln näher unter die Lupe.
In Artikel 13 hat sich Opel ausdrücklich das Recht der Händlerbewertung eingeräumt. Allein diese Regelung umfasst 1.041 Wörter. Diese Bewertung bietet Opel die Grundlage, Händler fristlos zu kündigen. Dies ist in Artikel 18 geregelt. Für alle die dort verankerten Möglichkeiten einer fristlosen Kündigung benötigt Opel 1.368 Wörter - im Verhältnis zur Länge der 10 Gebote ein beachtlicher Aufwand. Aber doch zu wenig, um ausreichende Klarheit zu schaffen.
Oberlandesgericht Frankfurt musste entscheiden
Es wurde daher beim Landesgericht Frankfurt beantragt, die fristlose Kündigung für unwirksam zu erklären. Man blitzte damit ab. Es sei zwar durchaus möglich, dass diese Opel-Maßnahme die Existenz der Betriebe gefährde. Aber da sie den Kündigungsgrund selbst durch ihre Zielverfehlung verursacht hätten, würde dem Antrag die erforderliche Dringlichkeit fehlen.
Eine Rechtsansicht, die vom 5. Zivilsenat des OLG Frankfurt nicht geteilt wurde. Der entschied, dass die Händler bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Kündigungsanfechtung weiter zu beliefern sind. Für den Fall des Zuwiderhandelns könne über Opel ein Bußgeld bis zu 250.000 Euro verhängt werden.
Ersatzweise gebe es dafür eine Ordnungshaft, die an den Vorständen Ulrich Schumacher oder William Bertagni zu vollstrecken sei.
Verkaufsleistung lag unter dem Durchschnitt
Opel stützte die fristlose Vertragskündigung auf Punkt 18.3.2. des Händlervertrages. Einer der zahlreichen dort aufgelisteten Gründe ist der Vorwurf, der Händler bemühe sich nicht nachhaltig um den Absatz der Vertragsware. "Davon wird in der Regel auszugehen sein, wenn seine Verkaufsleistung nicht einmal 75 Prozent des nationalen oder gegebenenfalls des durchschnittlichen regionalen Leistungsniveaus entsprechend der Leistungsbewertung nach Artikel 13.2.3 oder der vereinbarten bzw. festgesetzten Leistung nachhaltig erreicht."
Die Richter kamen zum Ergebnis, dass die simple Anknüpfung an einen zu erzielenden Mindestumsatz eine unangemessene Benachteiligung des Händlers darstellen könne. Vor allem, wenn sich der Händler nach besten Kräften bemüht hat, das Ziel zu erreichen -und es letztlich schuldlos verfehlt hat. Die Klausel stellt jedoch die Vermutung auf, dass sichder Händler bei einer Zielverfehlung im Abmahnverfahren nicht nachhaltig bemüht habe.
Diese Vermutung führe zu einer unzulässigen Umkehr der Beweislast zulasten des Händlers. Daher sei die fristlose Kündigung rechtswidrig und Opel die Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist durchaus zumutbar.
Klare Situation inÖsterreich
Auch dieösterreichische Judikatur (1 Ob 578/86) verlangt bei einer Zielverfehlung, dass diese vom Handelsvertreter verschuldet wurde. 1997 urteilte der OGH (1 Ob 342/97v),"dass diese Grundsätze auch für das Vertragsverhältnis zwischen Importeur und Fahrzeughändler gelten. Sie haben dort zur Folge, dasseine längerfristige Nichterreichung der im Kfz-Händlervertrag vereinbarten Verkaufsleistung einen wichtigen Grund für eine Vertragsauflösung darstellen kann. Die konkrete Behauptung und den Beweis des Vorliegens eines solchen wichtigen Grundes hat der Unternehmer zu vertreten".
Still und leise außergerichtlich geeinigt
In Deutschland gibt es dazu noch keine höchstgerichtliche Judikatur. Dies ist möglicherweise auch der Grund, warum der Händlerverband von einer Klage abgeraten hat. Durchaus denkbar also, dass sich Opel mit den beiden Händlern nach der OLG-Entscheidung außergerichtlich einigt.
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