Im VW-Dieselskandal sucht ein deutscher Verein inÖsterreich nach
betroffenen Kunden, die ihre Daten bekannt geben und sich einer
möglichen Sammelklage gegen den VW-Konzern anschließen.
Das Palmenhaus im Wiener Burggarten hat im Verlauf der Jahrzehnte
schon so manche Veranstaltung gesehen. Doch dass ein Berliner Anwalt
den Journalisten seine Ziele erklärt, während an den Nebentischen
Gäste ihr Frühstück genießen, war noch nie da. Dr. Jan-Eike Andresen
wirkte an diesem kühlen Tag im Oktober so, als würde er sein Leben
lang nichts anderes machen als Pressekonferenzen abhalten - und das
zu einem doch eher spröden Thema, nämlich dem VW-Dieselskandal, der
die Branche seit gut einem Jahr beschäftigt.
Auch in Deutschland, Frankreich, Italien, Großbritannien
In Deutschland läuft die Suche nach betroffenen Kunden bereits seit
dem Frühsommer, dort hat sich laut Angaben von Andresen bereits eine
fünfstellige Anzahl von Kunden auf der Homepage gemeldet. Im
Anschluss an Österreich sind heuer auch noch Italien, Frankreich und
Großbritannien dran. Andresen beziffert denWertverlust, der durch
die Dieselproblematik entstanden ist, auf maximal 5.000 Euro pro Auto
-aber natürlich nur, wenn es sich um ein teures Fahrzeug handelt, das
erst kurz vor Bekanntwerden des Skandals zugelassen wurde.
Er sieht sich als Treuhänder, der nach Auswertung der Daten mit der
Unterstützung von Gutachtern rechtliche Schritte gegen den VW-Konzern
einleiten will. Dies könnte ab Frühjahr 2017 erfolgen. Andresen
beziffert die Höhe der Ansprüche der österreichischen Kunden auf
insgesamt 300 bis 500 Millionen Euro. Dies errechne sich aus der Zahl
von 360.000 Betroffenen und einem durchschnittlichen Wertverlust von
1.000 bis 1.500 Euro pro Fahrzeug. "Der VW-Konzern darf sich nicht
hinter einer Politik des Schweigens verstecken. Das ist ein in seiner
Größenordnung völlig einmaliger Vorgang in der
Wirtschaftsgeschichte."
Keine Klagen gegen Händler geplant
Andresen sieht bessere Chancen, Geld von VW zu erhalten, als der
Verein für Konsumenteninformation (VKI), der seit Monaten Daten von
Kunden sammelt und über eine niederländische Stiftung Geld für
VW-Kunden bekommen will. "Eine Stiftung kann nicht klagen, also sind
unsere Chancen viel höher, weil wir echte Profis beschäftigen." Von
dem Geld, das eventuell erstrittenwird, behält sich Andresen 35
Prozent, um die Kosten für das Verfahren zu decken. Für Kunden gebe
es keinerlei Risiko.
Die VW-Händler will Andresen ganz bewusst nicht klagen: "Diese haben
doch gar nicht gewusst, was in Wolfsburg passiert. Sie können nichts
dafür, wenn Ingenieure etwas Falsches gemacht haben."