Wie entwickelt sich heuer das Kfz-Versicherungsgeschäft? Welche
Bedeutung hat die Versicherungsvermittlung im Autohaus -und spielen
die Diskussionen um Wrackbörse und Co. im Alltag tatsächlich kaum
eine Rolle? Wir haben die für das Kfz-Geschäft verantwortlichen
Vorstände der größten österreichischen Versicherungsgesellschaften um
ihre Antworten gebeten.
A&W: Wie schätzen Sie heuer die Prämienentwicklung am gesamten
Kfz-Versicherungsmarkt ein?
Walter Kupec, Generali: Wir erwarten ein Gesamtwachstum von rund 1,5
Prozent -im Detail circa 0,2 Prozent in der Haftpflichtversicherung
und circa 3 Prozent in der Kaskoversicherung.
Mag. Andreas Kößl, Uniqa: Wir gehen davon aus, dass die Prämien im
Vergleich zum Vorjahr in der Haftpflicht um 1,5 Prozent sowie in der
Kaskoversicherung um 5 Prozent steigen werden.
Dr. Johann Oswald, Allianz: Wir erwarten sowohl in der
Kfz-Haftpflicht als auch in der Kfz-Kasko eine moderat steigende
Prämienentwicklung.
Mag. Hermann Fried, Wiener Städtische: Sinkende Schadenhäufigkeiten
bei gleichzeitig steigenden Durchschnittsschäden, niedrige
Anpassungsindizes und intensiver Wettbewerb lassen trotz größerer
Anzahl versicherter Fahrzeuge die Prämien nur moderat steigen, wobei
die Kfz-Kasko sich etwas besser entwickelt. Wir sehen derzeitwenig
Anzeichen, dass sich diese Entwicklung in nächster Zeit entscheidend
ändern sollte. Daher erwarten wir ein Wachstum von "1,x Prozent".
Wie soll sich der Kfz-Marktanteil Ihres Unternehmens im Vergleich zu
2015 entwickeln?
Kupec: Die Generali geht von einer stabilen Marktanteilsentwicklung
aus.
Kößl: Durch die Verschmelzung unserer bisher 4
Versicherungsgesellschaften liegt unser Marktanteil bei knapp 17
Prozent. Wir erwarten für 2016 ein leichtes Wachstum und sehen uns in
unserer Annahme zum aktuellen Zeitpunkt bestätigt.
Oswald: Durch unsere diversifizierende Vertriebsstrategie können wir
allen Kunden über jeglichen Vertriebskanal unsere Dienstleitungen
anbieten. Das führt dazu, dass wir -im Zusammenspiel mit unseren sehr
gut angenommen Serviceleistungen -gute Chancen haben, unseren
Marktanteil zu steigern.
Fried: Unser Ziel ist es, langfristigüber dem Markt zu wachsen.
Darin waren wir die letzten Jahre sehr erfolgreich. Auch für 2016
erwarten wir ein Wachstum.
Welche Bedeutung hat der Versicherungsvertriebüber Autohäuser für
Ihren Konzern?
Kupec: Für die Generali-Gruppe Österreich hat der Vertrieb über das
Autohaus durchaus Bedeutung. Dieser wird jedoch atypischerweise zum
Großteil durch unseren angestellten Außendienst direkt im Autohaus
abgewickelt.
Kößl: Zukünftig wird es "State of the Art" sein, bereits beim
Autokauf ein Rundumpaket zu erwerben. In diesem All-inclusive-Service
ist natürlich auch die Autoversicherung standardmäßig dabei. Unser
Motto ist, überall für unseren Kunden da zu sein -also auch im
Autohaus.
Oswald: Die Erfahrung zeigt einen deutlichen Anstieg der Abschlüsse
gleich direkt im Autohaus. Dies ist einerseits auf die
Kundenbindungsprogramme der Autohäuser und -konzerne zurückzuführen,
zeigt aber auch einen Wechsel im Nutzerverhalten. Kauf, Finanzierung
und Versicherung aus einer Hand liegen klar im Trend. Unsere
bestehenden Kooperationen haben sichin der Vergangenheit bewährt und
werden unter den aktuellen Marktveränderungen immer wichtiger -und
auch für unsere Partner immer wertvoller.
Fried: Die Wiener Städtische hat sich schon früh zum
Multi-Kanal-Vertrieb bekannt, wie die Gründung unserer
spezialisierten Vertriebseinheit carplus im Jahr 2006 bewiesen hat.
Mit der Bindung der Kunden an das Autohaus durch maßgeschneiderte
Produkte sowie mit herausragender Servicequalität durch das breite
Vertriebs-und Servicenetz der Wiener Städtischen wollen wir auch
weiterhin zweistellige Wachstumsraten erzielen. Wachstumspotenzial
ist unseres Erachtens jedenfalls weiterhin vorhanden und liegt vor
allem im Cross-Selling-Bereich, im Gebrauchtwagensegment und bei
weiteren Kooperationspartnern in der Kfz-Branche.
Wie gehen Sie mit "heißen Eisen" wie der Wrackbörse um? Bei wie viel
Prozent des Zeitwerts setzen Sie die Kasko-Totalschadengrenze an?
Kupec: Die bei Gebrauchtfahrzeuggeboten eingeschalteten Händler
müssen bei der Generali über die erforderlichen gewerberechtlichen
Befugnisse sowie einen Geschäftssitz in Österreich verfügen.
Bedingungsgemäß besteht keine konkrete Prozentsatzgrenze für
Totalschäden, es wird dabei durchgängig auf die Umstände des
Einzelfalls abgestellt. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass unser
Versicherungsnehmer in Summe in jedem Fall 100 Prozent des Zeitwertes
des versicherten Fahrzeugs - abzüglich des vereinbarten Selbstbehalts
-ersetzt bekommt und darüber hinaus die Organisation einer
ordnungsgemäßen und umweltgerechten Entsorgung angeboten wird.
Kößl: Übliche Praxis in Österreich ist, dass Versicherungen bei einem
Totalschaden auf Kundenwunsch die Reparatur nur dann übernehmen, wenn
sie 70 Prozent des Wiederbeschaffungswerts nicht übersteigt. Anders
ist es bei Uniqa Österreich. Wir übernehmen auf Kundenwunsch die
Rechnung für Reparaturen bis zu 80 Prozent des
Wiederbeschaffungswerts. Das gibt unseren Kunden einen größeren
Spielraum.
Oswald: Der Restwert musste auch früher bestimmt werden - seit rund
zehn Jahren sorgt das elektronische Verfahren für schnellere
Abwicklung sowie mehr Transparenz und Wettbewerb, auch im Sinne der
Kunden. Dass die Versicherung die aufwändige Suche nach dem
Höchstgebot für das Wrack übernimmt, ist ein weiterer Nutzen für die
Kunden.
Anm.: Angaben zur Totalschadengrenze wollte die Allianz als einzige
Versicherung, auch auf Nachfrage, nicht machen.
Fried: Wir haben keine fixe Totalschadengrenze! Das Thema wird aber
auchüberbewertet: Totalschäden sind unter 1 Prozent der Kaskoschäden
der Wiener Städtischen und ich kenne keinen Fall, den wir nicht
zufriedenstellend gelöst haben. (HAY)
Der Markt im Detail
Die Kfz-Sparte zählt seit Jahren zu den am heißesten umkämpften
Teilmärkten der Versicherungsbranche. Dem gegenüber steht ein
moderates Marktwachstum: 2015 stiegen die verrechneten Prämien laut
Versicherungsverband um 2,2 Prozent auf 3,126 Milliarden Euro. In der
Haftpflicht gab es ein Plus von 1 Prozent auf1,737 Milliarden Euro,
in der Kasko einen Anstieg um 3,7 Prozent auf 1,334 Milliarden Euro.
Österreichischer Marktführer in der Kfz-Versicherung ist traditionell
die Generali, die 2015 auf 17,83 Prozent Marktanteil kam. Dahinter
lag (noch vor der Fusionierung mit mehreren kleineren
Konzerngesellschaften) die Uniqa mit 13,82 Prozent. Die Allianz kam
auf 13,02 und die Wiener Städtische auf 11,41 Prozent.