Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt. Auch unsere Bundespräsidentenwahl hat das Dilemma der Demokratie gezeigt: Eine einzige Stimme kann das Wahlergebnis in die eine oder andere Richtung kippen,obwohl die Gründe zur Abgabe dieser einzigen Stimme höchst unterschiedlich sein können. Möglicherweise war es bloß eine diffuse Emotion (Ärger über die Regierung, Furcht vor Überfremdung oder einfach eine persönliche Abneigung gegenüber dem einen oder anderen Kandidaten), mit der sich deroder die Wähler/in mit dem Stimmzettel Luft verschaffen wollte.

Kurz vor seinem Tod machte mich mein Freund Dipl.-Ing. Helmut Rockenbauer, Herausgeber des Branchenmagazins Elektro&Wirtschaft, auf einen elementaren Fehler vieler Abstimmungen aufmerksam: Es wird die Legitimation des einzelnen Wählers kaum hinterfragt. Etwa, wenn Menschen über etwas abstimmen können, von dem sie nicht -oder nicht mehr -betroffen sein werden. Oft geht es nur darum, jemandem in die Suppe spucken zu können. Das ist so, als würde ein Mitarbeiter für die Schließung der Werksküche stimmen, obwohl er bereits zum Ultimo das Unternehmen verlässt.

Der große Vorteil demokratischer Mehrheitsentscheide ist gleichzeitig der größte Nachteil: Sie vereinfachen. Weil das scharf Umrissene die Ausnahme ist, Unschärfe die Regel. Ein weiteres Übel ist, dass Mehrheitsentscheide die Entscheider ganz klar in Gewinner und Verlierer trennen. Freudentänze nacheiner Wahl auf der Gewinnerseite zeigen das deutlich. Das wiegt umso schwerer, je größer die Minderheit der Verlierer ist.

Letztlich führt die "Demokratie" mit ihren Wahlkämpfen zur Spaltung der Gesellschaft. Es gibt Bestrebungen, diese Demokratisierung auch auf wirtschaftliche Prozesse auszuweiten. Hat dies in Unternehmen für den Einzelnen doch den enormen Vorteil, bei einem Versagen nicht der allein Schuldige zu sein und beieinem Erfolg am Glanz des Tüchtigen partizipieren zu können. Allerdings besteht die Gefahr, dass mit dieser "Demokratisierung" auch der Bazillus der Spaltung in ein Unternehmen eingeschleppt wird.

Zu dessen Bekämpfung wurde von den beiden österreichischen IT-Technikern Erich Visotschnig und Siegfried Schrotta, die sich bei IBM kennenlernten, das "SK-Prinzip" entwickelt. Es geht dabei um den "Systemischen Konsens". Statt der bei einer Wahl üblichen Schwarz-Weiß-Entscheidung - oder den sonst üblichen schalen Kompromissen -setzen die beiden auf Konsens. Es geht darum, Einwände ernst zu nehmen. Es wird generell nicht FÜR einen Vorschlag abgestimmt. Es hat vielmehr jeder Betroffene seinen WIDERSTAND GEGEN die zur Wahl stehenden Vorschläge zu quantifizieren. Und zwar von 0 (kein Widerstand) bis 10(sehr großer Widerstand). Das ist ein bedeutender Unterschied, zumal viele Menschen Schwierigkeiten haben, dem Lösungsvorschlag eines Andersdenkenden zuzustimmen. Die aber durchaus geneigt sind, einer Lösung einen niedrigeren Widerstandswert zu geben, auch wenn sie von der "Opposition" kommt.

Dieses System lässt sich nicht nur auf die Willensbildung innerhalb eines einzelnen Unternehmens, sondern auch auf die Zusammenarbeit von Händlern, Händlerverbänden und Herstellern/Importeuren übertragen. Schrottas Urteil: "Statt uns für jenen Lösungsvorschlag zu entscheiden, der die meisten Befürworter hat, können wir jenen wählen, der die wenigsten Gegner hat. Da Menschen immer dem Erfolg nachjagen, orientieren sie ihr Verhalten auch in diesem Fall am neuen Erfolgsprinzip und trachten daher, die Zahl der Gegner und ihre Ablehnung zu verringern, um den ganzen Vorschlag durchzubringen. Dazu müssensie die Anders-Denkenden verstehen und deren Interessen -so gut es geht - in ihrem Vorschlag berücksichtigen".

Die Praxis zeigt, dass dies zu einer deutlich besseren Gruppendynamik führt, von der alle Seiten profitieren. Es setzt allerdings voraus, dass das hierarchische Denken, die Machtspiele und das Dominieren der einen über die anderen in den Hintergrund treten (www.sk-prinzip.eu).

Selbstverständlich ist das SK-Prinzip nicht für alle Entscheidungen anwendbar. Weshalb auch bei der nächsten BP-Stichwahl weiterhin die Stimme des Dümmsten wahlentscheidend sein kann.