Zwei KFG-Änderungen im Abstand von nicht einmal 2 Monaten, wobei
erstere (32. Novelle) als normale bezeichnet werden kann und die
folgende sich dem in der Presse heiß diskutierten Thema der
selbstfahrenden Kfz annähert.
Eigentlich handelt es sich dabei nur um
eine Verordnungsermächtigung, aber einige wichtige Schlussfolgerungen
können daraus doch abgeleitet werden.
Die erste: Die Euphorie um die selbstfahrenden Kfz dürfte sich nach
eher schwerwiegenden Unfallereignissen etwas gelegt haben, womit sich
Chancen für eine sachliche Diskussion ergeben. Indem man die Thematik
aber den Pflichten des Lenkers (§ 102) zugewiesen hat, ist wenigstens
klar, dass es einen Lenker und somit einen Verantwortlichen geben
muss.Die Visionen von ausschließlich durch künstliche Intelligenz
gesteuerten Kfz, frei schwirrenden Drohnen zur Paketzustellung oder
elektronisch gekoppelten Lkw-Zugverbänden sind damit in eine spätere
Zukunft verlagert. Der Lenker wird seine Tätigkeiten am Lenkrad
reduzieren und auch normal telefonieren dürfen, aber eben nur in
einem durch Verordnung festgelegten Rahmen.
Die zulässigen Verkehrssituationen, die möglichen
Geschwindigkeitsbereiche, auf welchen Straßen und mit welchen
Fahrzeugen sowie die Art der Assistenzsysteme oder der
automatisiert/vernetzten Fahrsysteme werden durch Verordnung
festzulegen sein. Auf diese Verordnung kann man jedenfalls gespannt
sein, dazu wird es einiger Doktorarbeiten bedürfen. Noch
interessanter wird es bei der Rekonstruktion, ob sich der Lenker in
konkreten Verkehrssituationen auch jeweils daran gehalten hat. Für
Beschäftigung weiterer Juristen- und Sachverständigen- Generationen
ist also gesorgt. Meiner Meinung nach bedürfte es dringend einer
Protokollierung nach Art der Flugschreiber, da die Komplexität der
elektronischen Systeme sehr ähnlich ist.
Wenn man die vielfältigen Störmöglichkeiten durch äußere Einflüsse
bedenkt, ist die Aufgabe bei Flugzeugen sogar einfacher.
Glücklicherweise sind die Schadensereignisse im Straßenverkehr meist
weniger folgenschwer, dafür aber um Größenordnungen häufiger. Ob die
Latte für einen Bundesminister für Verkehreines Minilandes wie
Österreich hier nicht etwas zu hoch liegt? Denn wie im Flugverkehr
bedürfte es internationaler Abstimmung. Man stelle sich vor,
Ausländer dürfen in ihrem Heimatland Systeme anders einsetzen als in
Österreich! Wie es sich seit Jahrzehnten zeigt, kommen wir ja nicht
einmal mit der Verfolgung von Geschwindigkeitsübertretungen durch
Ausländer zurande.
Bleiben wir am Boden der Realität: Die normale Novelle beinhaltet
einige erfreuliche Ansätze und kleine Fragezeichen. Bundesweit tätige
Pannenhilfeorganisationen dürfen zur Pannenhilfe mit Zustimmung des
Lenkers oder Halters Abfragen in den fahrzeugspezifischen Daten der
Zulassungsevidenz vornehmen. Ein Jahrhundertprojekt dürfte sein, dass
österreichischen Behörden bei Verwaltungsverfahren in der EU sowie im
EWR-Raum der Zugriff auf Zulassungsevidenzen ermöglicht wird.
Datenzugriff soll es nach langem Bemühen aber endlich auch für §57a
ermächtigte Stellen geben, wobei eine Schnittstelle zur Datenevidenz
der Versicherer zur Abfrage fahrzeugspezifischer Daten geschaffen
werden soll.
Die Abfrage sollüber Kennzeichen oder Fahrgestellnummer erfolgen.
Doch leider fehlt hier die FIN (Fahrzeugidentifikationsnummer) zur
Abfrage bei nicht zugelassenen Fahrzeugen, da Fahrgestellnummern nur
in den alten Zulassungsscheinen enthalten waren. Neu eingeführt wird
die Bestrafung der Nichtbeachtung der gemäß EU-Verordnung
vorgesehenen Kennzeichnungspflicht von Reifen (Kraftstoffeffizienz
etc.), welche vom Hersteller bis zum Händler gilt.
Mysteriös wird es bei einer neuen Bestimmung zu den Pflichten des
Lenkers, wonach Lenker mehrspuriger Kfz eine der ÖNORM EN 471
entsprechende Warnkleidung mitzuführen hätten. Muss man als normaler
Pkw-Lenker von Kopf bis Fuß normgemäß ausgerüstet sein? Von nur
Warnweste ist nicht die Rede, also befragt man die Website der ÖNORM,
warum es sich da handeln könnte. Das Erstaunen wird umso größer, als
sämtliche Normen der Reihe 471 seit 2013 zurückgezogen, also nicht
mehr gültig sind. Was würde wohl der ehemalige Held einer
US-Fernsehserie dazu sagen?"Entzückend."