Das seit 13. Mai 2016 im Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung befindliche Grazer Familienunternehmen Reifen Ruhdorfer GmbH hantelt sich von einer Sanierungsplan-Tagsatzung zur nächsten. Bei der jüngsten Tagsatzung des unter 26 S 64/16f geführten Insolvenzverfahrens Ende August wurde zwar eine Kopf-,jedoch keine Kapitalmehrheit erreicht. Die finale Entscheidung über Sein oder Nichtsein der rund 65 Mitarbeiter beschäftigenden Firma fiel also nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe. Dennoch ist eine Analyse zulässig.

Das bislang mit 6 Filialen und einem Zentrallager operierende Groß-und Einzelhandelshaus hat nicht zuletzt durch ausgeprägte Onlinedynamik viel an finanzieller Kraft eingebüßt.

Strukturproblemeübersehen

Die Ruhdorfers wollten "Reifendampf in allen Gassen sein" und den Großhandel ohne strategischen Partner meistern. Den werden sie im Überlebensfall jetzt dringend brauchen, denn die Kreditwürdigkeit leidet und die Lieferanten sind auch diejenigen, die sich trotz nachgebesserter Gesamtquote zieren, den Ruhdorfers wieder auf die Räder zu helfen. Der angekündigte Investor hält sich bedeckt, so es einen gibt. Oder er wartet ab, was der Sanierungsplan hergibt. Brancheninsider vermuten, dass sich die Reifen-und Räderlieferanten nicht aus ihrer Deckung nehmen, denn 22 Prozent Quote würden Mitbewerber glatt für sich als "Einkaufskondition" auch beanspruchen wollen. Derweil bemüht sich die Familie Ruhdorfer mit den Großgläubigern um eine außergerichtliche Zustimmung des Sanierungsplans und könnte sogar noch nachbessern wollen. Derzeit würden bei Akzeptanz die Insolvenzgläubiger 22 Prozent ihrer Forderungen, und zwar 5 Prozent in bar sofort, sowie in5-Prozent-Tranchen im April bzw. Dezember 2017 und 7 Prozent im August 2018 erhalten. Ohne Einigung würde das Unternehmen zerschlagen werden.

Rachitisgefahr auch für Industrie

Vermutlich warten von den Lieferanten orientierte ausländische Großhändler darauf, vorhandene Strukturen zu nutzen, um sich in den österreichischen Markt einbringen zu können. Die Hersteller haben -noch -jene Medizin, die Ruhdorfer für seine Genesung dringend braucht: Geld und Partnerkonzepte. Sie nehmen sich, was der Markt verträgt oder die eigene Konzernphilosophie verlangt. Volumengetriebenes Wachstum lautet die Devise der Hersteller, was wiederum die Chance für Ruhdorfer ist, am Leben erhalten zu werden. Man denke an Meyer Lissendorf, der von Michelin gekauft wurde und von Hankook dennoch beliefert wird. In Österreich ist das nicht anders. Ergo wird die Rachitis auch die Giganten bedrohen, wenn die Wirtschaft sich nicht bald wieder entglobalisiert und den Regionen wieder organisches Wachstum gegeben wird, das Vitamin für gesunde Entwicklung.