Der Markt ist schwierig und die Branche sucht nach Antworten auf die
aktuellen Herausforderungen. Die fallen unterschiedlich aus - je nach
Standpunkt und Betrachtungsweise.
Die Zeit der guten Margen und robusten Renditen mit dem Elixier
Motoröl neigt sich dem Ende zu. Warum ist das so? Wenn es auch nicht
gern ausgesprochen wird, sich die unterschiedlichen Akteure gerne
gegenseitig beschuldigen, so brauchen sich alle gegenseitig als
starke Partner, wenn sie nicht untergehen wollen: die
Fachwerkstätten, die freien Werkstätten, die Großhändler, die
Zwischenhändler, der Autozubehörhandel. Oder ist es schon zu spät und
es gibt nichts mehr zu verteilen?
Ambivalentes Miteinander - oder Partnerschaften auf Zeit?
In Zeiten der Globalisierung und der seit Jahren anhaltenden
Zentralisierungswellen sind die Big Player auf einen beispiellosen
Kahlschlag wegen zu hoher Fixkosten in Europa unterwegs, wachsen aber
nicht in dem gewollten und prognostizierten Ausmaß in den sogenannten
"Growing Markets" wie Indien, China, Russland. Dazu kommt das Auf und
Ab in den USA.
Man ist in Asien zu Beginn vielleicht zu schnell gewachsen und hat
den Russischen Bären unterschätzt, die Marktteilnehmer haben auch
schneller als in "Good Old Europe" gelernt, die Gier mit
Einkaufsstärke zu kombinieren, was zur schnelleren Margenerosion
führt als alle hochdotierten Analysten vorher gesagt haben.
Zusätzlich steigt der Druck durch die Industrie und
Automobilhersteller auf die Öl-Lobby, um den Gewinnkuchen anders zu
verteilen.
Öl-Spezifikationen als Kundenbindung
Was machten VW, BMW, Mercedes, Toyota&Co in den vergangenen 15
Jahren? Man hat eigene Normen unter dem Deckmantel der Technik
kreiert, um mehr Abhängigkeit beim Autofahrer zur Marke zu erzeugen.
Zu guter Letzt wurden die Ölhersteller via First Fill in die
Margenfalle gelockt, um den vermeintlich interessanten Aftermarket
bevorzugt über die Fachwerkstätten beglücken zu dürfen. Diese
Rechnung geht aber immer weniger auf, da die Autokonzerne -so wie bei
Reifen, Lack -schlauerweise ihren Obolus dafür möchten. Womit die
Kostenschere schärfer wird und Kombinationstaktiken mit
Treibstoff-und Werkstatt-Kartensystemen forciert werden, die den
Autofahrer in die richtige Bahn zum Wohle der Großkonzerne lenken
soll.
Wenn nicht ohnehin bereits die eigene Retailschiene aktiv ist, werden
die Markenwerkstätten dann über die moderne Form der Daumenschrauben
namens Ersatzteilbonifizierung in Reih und Glied gebracht. Denn wenn
bisher die Fachwerkstätten ihre lukrativsten und einfachsten Gewinne
einfuhren, so weckt genau diese Tatsache das Begehr der
Fahrzeughersteller. Vordenker dieses Szenarios wardie
Baumaschinenbranche, gefolgt von Toyota und Mercedes. Jüngst folgte
2015 BMW, und auch der VW-Konzern schärft seine herstellereigenen
Registrierkassen in diese Richtung in einem 3-Jahresplan.
Teilegeschäft als Ertragsquelle für Autohersteller
In den vergangenen 10 bis 15 Jahren ist das Ersatzteilgeschäft zu
einer wesentlichen Ertragsquelle für die OEMs geworden. Nahezu alle
Fahrzeughersteller haben dieses Segment im Laufe der Zeit optimiert
und ausgebaut. Stellhebel waren unter anderem die Systematisierung
des Pricings, Bundling, Relabeling und die Logistik. Hinzu kamen die
aktivere Vermarktung von Ersatzteilen sowie verbesserte
organisatorische Rahmenbedingungen und Steuerungssysteme. Eben dieser
Trend wird mit den schleichend eingeführten Originalölen, den
"Genuine Oils", seit einiger Zeit auf Schiene gebracht. Von Beginn an
ist dieses Konzept aber bereits löchrig wie ein SchweizerKäse. Als
Beispiele sind hier Portale wie motoröldirekt, oelshop24 oder
oeldepot24 zu nennen. Denn sowohl die Ölhersteller als auch der
Ersatzteilhandel der Fahrzeughersteller lassen sich nicht gerne die
Butter vom Brot nehmen und überlauern sich nahezu täglich aufs Neue
-und dem großen Bruderin Brüssel ist das auch so recht.
Neue Absatzmärkte für Ölfirmen
Darüber hinaus sind Fahrzeughersteller gefordert, sich im
Ersatzteilgeschäft den sich wandelnden Marktund
Wettbewerbsbedingungen zu stellen. So wird in einem zunehmend
globaleren Markt das Wettbewerbsumfeld wie auch die
Zahlungsbereitschaft der Kunden vielschichtiger. Auch haben die
meisten Kunden erkannt, dass das Ersatzteilgeschäft ein äußerst
gewinnbringendes Segment ist und sie entwickeln gezielt
Gegenstrategien. Denn gut strukturierte und entwickelte Hersteller
können durch diesen Hebel relativ kurzfristig signifikante Effekte
erzielen.
Nachdem dieÖlhersteller nach den mittlerweile sehr unangenehmen
Ausschreibungsverfahren der First-Fill-Mengen mehr und mehr mit dem
Genuine Oil verquickt werden, suchen diese ihrerseits wieder nach
neuen Absatzmärkten im zwielichtigen Großhandel und vereinzelt sogar
über eBay und Amazon als Geisterfahrer ohne Langzeitorientierung, um
nicht als Ersatzteillieferant mit Logistikarbeit für die
Automobilindustrie zu enden.
Die Verlierer in diesem sich abzeichnenden Modell sind die
Fachwerkstätten. Denn der Hersteller greift wie schon beim Lack und
den Reifen in deren Kasse und will hier kräftig mitschneiden. Mit
eben den vorhin genannten Stellschrauben die da lauten:
Ersatzteilbonus, Gewährleistung und Kulanz, Loyalitätsbonus. (RED)