Die Aktivitäten von Google, Apple und Baidu in der Automobilbranche
beschäftigen sogar die Techniker beim Wiener Motorensymposium. Denn
die Zukunft des Automobils liegt in der Elektrifizierung und in der
Vernetzung.
Die Verbindung des Autos mit dem Smartphone wird eine der wichtigsten
Veränderungen in der Entwicklung sein. Das Google-Auto, die
Beschäftigung von Automobilexperten bei Apple oder das Roboter-Auto
von Baidu in China sehen die Automobilkonzerne mit gespielter
Lockerheit, also in Wahrheit mit großer Skepsis. "Wir haben keine
Berührungsängste, wir werden einen Wandelaus eigener Kraft
gestalten: als Motor nicht als Bremser", stellt Dr. Heinz-Jakob
Neußer, Entwicklungsvorstand bei Volkswagen, klar.
Der große Wandel
"Das Auto ist das komplexeste IT-Produkt", erklärt Dr. Thomas Weber,
Mitglied des Vorstandes der Daimler AG. Man habe deshalb keine Angst
vor Konzernen, die bislang Smartphones hergestellt haben. Auch bei
BMW ist man überzeugt, dass man die besten Voraussetzungen für die
Zukunft des Automobils hat: "Der Elektro-Antrieb ist die
Kernkompetenz der Automobilhersteller", so Entwicklungsvorstand Klaus
Fröhlich.
Dennoch ist der Branche bewusst, dass es große Veränderungen geben
wird und noch große Anstrengungen brauchen wird: "Die Erfolgskonzepte
von heute sind nicht zwingend die Lösungen von morgen", so Neußer.
Als Negativbeispiele nennt er Nokia und Kodak, die als Marktführer
den Anschluss in ihrem Kernsegment verloren haben.
Elektrifizierung des Verbrennungsmotors
Im Zentrum des Motorensymposium, das nun zum 36. Mal in der Wiener
Hofburg als Treffpunkt von 1.000 internationalen Experten
durchgeführt wurde, steht freilich der Antrieb. "Ohne
Elektrifizierung geht gar nichts mehr", erklärt Univ.-Prof. Dr. Hans
Peter Lenz, Vorstand des Österreichischen Vereins für
Kraftfahrzeugtechnik (ÖVK) und Leiter des Motorensymposiums bei
seiner Eröffnungsansprache. Damit meinen die Experten nicht das reine
Elektroauto, sondern den umfassenden Einzug der Elektrizität in die
Antriebstechnik des Fahrzeuges.
Der Hybridantrieb ist nicht mehr die Brückentechnologie zum reinen
Elektroantrieb, sondern wird zur Lösung für die meisten Autofahrer.
Die von der EU vorgegebene Reduktion auf 95 g CO 2/km ist durch
Verbesserung des Verbrennungsmotors lediglich bei kleineren
Fahrzeugen zu schaffen. Bei größeren Autos braucht es die
Unterstützung durch die Elektrifizierung.
48-Volt-Technologie als Brücke zum Vollhybrid
Als Brückentechnologie wird vielmehr die 48-Volt-Technologie am Weg
zum Vollhybrid ihren Einsatz finden. Diese Lösungen sind ohne große
Adaptionen und mit geringen Kosten in aktuellen Fahrzeugen
einzusetzen. Die Vorteile der Elektrifizierung sind auch hier zu
nutzen. Dazu zählen die Rekuperation, alsodie Energierückgewinnung
beim Bremsen. Damit wird Energie genutzt, die beim herkömmlichen
Antrieb verloren gehen würden. Ebenso spart das sogenannte Segeln,
also elektrische Dahingleiten Emissionen und Treibstoff. Lediglich
das rein elektrische Fahren ist beim 48-V-System auf das Einparken
oderden Stau reduziert.
Fahrspaß als Voraussetzung für den Erfolg
Ein wesentlicher Vorteil und gleichzeitig eine Voraussetzung für die
erfolgreiche Umsetzung der Elektrifizierung ist der Fahrspaß. Sowohl
beim Anfahren wie auch beim Beschleunigen und Überholen setzt der
elektrische Boost ein und vermittelt damit ein dynamischeres
Fahrgefühl. Denn ohne spürbare Verbesserung wird der Kunde den
Mehrpreis nicht bezahlen. Klaus Fröhlich von BMW ist überzeugt: "Wir
müssen unsere Kunden auch in Zukunft begeistern."
Elektronik und Vernetzung
Weitere Vorteile der Elektrifizierung ergeben sich aus der Vernetzung
der Fahrzeuge mit GPS, Navigationssystemen, Verkehrsinformationen und
in weiterer Folge auch mit anderen Fahrzeugen. Schon heute bietet
Mercedes-Benz für seine Hybridfahrzeuge eine streckenbasierte
Betriebsstrategie an. Das Fahrzeug weiß den Streckenverlauf, Anstieg
oder Gefälle, die Geschwindigkeitsbegrenzungen und die Verkehrsdichte
und kann das Fahren mit Verbrennungsmotor, das Rekuperieren oder
Nutzen der Batterie so intelligent planen, dass immer mit minimalem
Verbrauch und maximaler Energienutzung gefahren wird. Beim Vollhybrid
bedeutet das zum Beispiel ausreichend Batteriekapazität für die
letzten Kilometer emissionsfreies Fahren beim Eintreffen in der
Großstadt. Von einer erfolgreichen Zukunft des Verbrennungsmotors
sind die Techniker beim Wiener Motorensymposiums in jedem Fall
überzeugt: Dr. Rolf Bulander von Bosch prognostiziert: "Mit der
Elektrifizierung hat der Verbrennungsmotor seine beste Zeit noch vor
sich." (GEW)