Firmenchef Peter Schweighofer war schon vor 40 Jahren klar, dass er neben dem Autohandel ein zweites Unternehmensstandbein braucht. Als er am Stadtrand von Deutschlandsberg ein neues Autohaus auf die grüne Wiese stellte, eröffnete er im alten Stammhaus ein Modellbaugeschäft, das sich im Laufe der Jahre mit 60.000 Kunden und einem großen Betrieb am anderen Stadtrand zum größten Online-Versender der Branche mauserte. Mit Erträgen, die ihn vom Autohandel wirtschaftlich unabhängig machten. Ihmblieb jedoch die Frage, was er mit seinen zwei Autohandelsbetrieben anfangen soll. Vor allem, da sein Sohn Paul schon vor Jahren eine externe Karriere- zuletzt als Geschäftsführer der Robinson KG -den Mühen eines eigenen Autohauses vorgezogen hatte. Ein ortsansässiger Mehrmarkenhändler sah imFrühjahr 2014 eine günstige Möglichkeit, mit Schweighofers Kia-Betrieb und Kundenstock weiter zu expandieren. Angesichts dieser Planung prangte am vis-à-vis vom Kia-Autohaus zuletzt leerstehenden zweiten Betrieb das Schild "zu verkaufen".
Nur beide Betriebe gemeinsamübernehmen
"Ich bin da zufällig vorbeigekommen und habe angerufen", sagt Christoph Mussger. Der Kapfenberger Unternehmer war vor rund 1½ Jahren als Opfer der Chevrolet-Schließung auf der Suche nach neuen Möglichkeiten. "Allerdings hat mich nur die Übernahme beider Betriebe interessiert."
Doch Schweighofer machte ihm klar, dass er mit dem Verkauf des Kia-Betriebes schon anderweitig im Wort war. Schließlich war Schweighofers Werkstätte für diesen potenziellen Käufer schon seit Jahren als Spengler und Lackierer tätig.
Ende 2014 kam esüberraschend dann doch ganz anders. Die vom Käufer geplante Expansion wurde aus gesundheitlichen Erwägungen abgeblasen. Schweighofer war gezwungen, sich um neue Interessenten umsehen. "Da musst du erst einen finden, der als Unternehmer einsteigt und als Manager denkt", sagt der Deutschlandsberger. Denn er war von Haus aus nur an einem Verkauf und an keiner Verpachtung interessiert, was den Kreis der Interessenten reduzierte.
Großbanken lehnten ab, Regionalbank sprang ein
Als Mussger Anfang 2015 neuerlich anklopfte, lagen alle Daten bereits auf dem Tisch. Aufgrund von Betriebsfläche, Gebäude-und Ertragswert kamen drei Gutachter für das "Stammhaus" auf 1,9 Millionen Euro, für den geschlossenen Betrieb auf 0,5 Millionen Euro. In der für einen Kauf nötigen Summe war bereits -wie in vielen Familienbetrieben -die stattliche Wohnung der Firmengründer inkludiert, was einenBetriebsverkauf nicht gerade einfacher macht.
Wobei Kaufinteressenten bei Finanzierungsverhandlungen mit den Banken allerdings den Vorteil hatten, dass durch Schweighofers Vorarbeiten bereits Zusagen für den Vertrieb von vier Marken (Mazda, Kia, Renault und Dacia) vorlagen. "Ich habe einen guten Business-Plan und ein klares Rentabilitätskonzept gehabt", erinnert sich Mussger an seinen Finanzierungs-Leidensweg. "Die Großbanken haben alle von Haus aus abgelehnt." Die von den Sachverständigen ermittelten Liegenschaftswerte wurden von den Banken auf die Hälfte reduziert. Von dieser Hälfte war man bereit, beim Kauf die Hälfte zu finanzieren.
"Da entscheiden Riskmanager in der Zentrale, die vom Autogeschäft keine Ahnung haben", ärgert sich Mussger. Bei einer derartigen Einschätzung der Autobranche wären letztlich zum Kauf eines Autohauses 75 Prozent Eigenmittel erforderlich. Nur eine ortsansässige Regionalbank war dank persönlicher Interventionen aller Beteiligten bereit, sich mit den konkreten Zahlen auseinander zu setzen.
Lebenslanges kostenloses Wohnrecht
Das Ergebnis war die Gründung der Mussger-Schweighofer&Partner Automobil GmbH und eine "Kaufpacht": Parallel zum Kauf des einen Betriebes wurde für den Rest eine Pacht vereinbart. Diese wiederum gekoppelt mit einer fünfjährigen Kaufoption, wobei 50 Prozent der Pacht auf den Kaufpreis angerechnet werden. Überdies wurde die Wohnung vorweg aus dem Betriebskauf ausgeklammert, was den beim Start erforderlichen Kaufpreis ebenfalls minderte. ImGegenzug wurde den Verkäufern ein lebenslanges kostenloses Wohnrecht garantiert.
"Ohne Eigenmittel braucht keiner erst anzufangen", erklärt Mussger, der dafür seine in 15 Jahren gesparten Reserven einsetzte. "Das Startkapital muss ganz ordentlich sein", ergänzt Schweighofer. Er rät allen Verkaufswilligen , sich sonst auf eine derartige Betriebsübergabe nicht einzulassen. Neben dem Kaufpreis geht es ja auch um die Finanzierung des laufenden Geschäfts. Angeschlossen an Vogl&Co, wo Prokurist Mag. Gerald Auer tatkräftig half, und an das Autohaus Robinson stehen Mussger alle Neuwagen als Kommissionsware zur Verfügung. "Ohne diese Unterstützung hätte das nicht funktioniert", sind sich beide Seiten einig. Der leerstehende Betrieb wurde für Mazda auf Hochglanz gebracht.
Aus Schweighofers Sicht hat das Modell den Vorteil, dass sich das Risiko einer derartigen Betriebsübergabe für alle Beteiligten in Grenzen hält. Und dass ein Jungunternehmer -selbst in der schwierigen Kfz-Branche -die Chance hat, sich mit einem eigenen Betrieb auch Grund und Boden zu erwirtschaften -und nicht immer nur als Pächter in der Luft zu hängen.
Sonderbetriebsvermögen
Viele Unternehmer haben sich entschlossen, das operative Kfz-Geschäft vom Immobilienbesitz zu trennen. In der GesmbH&Co KG gehören dann der Betriebs-GesmbH meist das Umlaufvermögen und die Betriebsausstattung; Liegenschaft und Gebäude stehen im Eigentum der KG. Die GmbH zahlt dafür Miete. Gelegentlich ist es aus steuerlichen Gründen auch vorgekommen, dass nicht die KG im Grundbuch ist, sondern der Kommanditist der KGdie Liegenschaft zur Verfügung stellt. Stellt nun ein Unternehmen endgültig den Betrieb ein -sei es durch Verkauf oder Verpachtung -sind die stillen Reserven aufzulösen und zu versteuern. Wenn der Kommanditist Grundeigentümer ist, ist dieses Vermögen aus der KG als Sonderbetriebsvermögen herauszulösen und beim Kommanditisten zu versteuern. Basis ist die Differenz des ursprünglichen Kaufpreises zum Verkehrswert zum Zeitpunkt des Liegenschaftsverkaufes. Dafür beträgt die Immobilienertragssteuer derzeit 25 Prozent. Die ist vom Kommanditisten gleich zu bezahlen -auch wenn der Kaufpreis erst später fließt. Beim Verkauf ist daher dafür sorgen, dass der Verkäufer für das Finanzamt ausreichend liquid ist. Da ab 2016 dieser Satz auf 30 Prozent angehoben wird, rät Schweighofer seinen Kollegen, derartige Verträge noch 2015 unter Dach und Fach zu bringen.
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