Dass ein Mangel vorliegt, ist in vielen Gewährleistungsprozessen
unstrittig. Strittig ist meist die Frage, ob der Mangel schon zum
Zeitpunkt der Übergabe vorhanden war und der Käufer damit berechtigt
Ansprüche geltend machen kann. Mit dieser Frage hat sich kürzlich der
Europäische Gerichtshof beschäftigt.
Der Anlassfall (Aktenzahl (C-497/13) stammt aus Holland: Froukje
Faber kaufte am 27. Mai 2008 einen Gebrauchtwagen bei einem Autohaus.
Am 26. September 2008 fing das Auto während einer Fahrt Feuer und
brannte völlig aus. Es wurde von einem Abschleppdienst zum Verkäufer
und dann auf dessen Bitte zu einem Verschrotter zur Einlagerung
gebracht. Im Mai 2009 machte Frau Faber das Autohaus für den Schaden
haftbar. Der Verkäufer stellte seine Haftung in Abrede. Eine
technische Untersuchung konnte nicht durchgeführt werden, da das
Fahrzeug schon verschrottet worden war. Frau Faber erhob Klage.
Schließlich wurde damit der EuGH befasst, der zentrale Punkte zur
Verteilung der Beweislast im Gewährleistungsrecht klärte.
Beweislastumkehr zulasten des Verkäufers
Konkret ging es um die Auslegung einer Richtlinie zu
Verbrauchsgüterkauf und Garantien für Verbrauchsgüter. Artikel 5
Absatz 3 dieser Richtlinie (in Österreich umgesetzt in §924 ABGB)
lautet: "Bis zum Beweis des Gegenteils wird vermutet, dass
Vertragswidrigkeiten, die binnen sechs Monaten nach der Lieferung des
Gutes offenbar werden, bereits zum Zeitpunkt der Lieferung bestanden,
es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art des Gutes oder der Art
der Vertragswidrigkeit unvereinbar."
Damit diese Beweislastumkehr (zulasten des Verkäufers) greift, muss
der Verbraucher das Vorliegen zweier Tatsachen nachweisen: Erstens
muss er behaupten und beweisen, dass der Kaufgegenstand nicht
vertragsgemäß ist -also dass er zum Beispiel nicht die vereinbarten
Eigenschaften aufweist oder sich nicht für den gewöhnlich erwarteten
Gebraucheignet.
Der Verbraucher muss nur den Mangel an sich belegen: Den Grund dafür
oder den Umstand, dass der Mangel dem Verkäufer zuzurechnen ist,
braucht er nicht zu beweisen. Zweitens muss der Konsument beweisen,
dass der Mangel binnen sechs Monaten nach Lieferung offenbar geworden
ist, also sich sein Vorliegen tatsächlich herausgestellt hat. Ist
dies der Fall, muss der Verbraucher nicht mehr beweisen, dass der
Mangel bereits zum Zeitpunkt der Übergabe bestanden hat. Das
Auftreten des Mangels innerhalb von sechs Monaten erlaubt die
Vermutung, dass er zum Zeitpunkt der Lieferung "zumindest im Ansatz"
vorlag. Es ist danach Sache des Verkäufers, den Beweis zu erbringen,
dass der Mangel zum Zeitpunkt der Lieferung des Gutes noch nicht
vorlag.
Zu schnell gehandelt
Der EuGH hat die konkrete Sache noch nicht entschieden. Damit sind
nun die Gerichte in den Niederlanden befasst. Der Händler dürfte
dabei allerdings einen schlechten Stand haben, den er sich zu einem
Gutteil selbst zuzuschreiben hat: Hätte er das Kfz vor der
Verschrottung auf den Zeitpunkt des Entstehens des Mangels geprüft,
hätte er allenfalls den Beweis erbringen könnten, dass der Mangel
erst nach Übergabeentstanden ist. Er wäre damit haftungsfrei. Die
rasche Verschrottung macht es ihm nunmehr unmöglich, sich
freizubeweisen.
Gewährleistung
Die gesetzliche Gewährleistung sieht vor, dass der Verkäufer dem
Käufer dafür haftet, dass die verkaufte Sache zum Zeitpunkt der
Übergabe dem Vertrag entspricht und die vereinbarten oder gewöhnlich
vorausgesetzten Eigenschaften aufweist. Rechte aus Gewährleistung
sind bei beweglichen Sachen binnen einer Frist von zwei Jahren
gerichtlich geltend zu machen. Die Verkürzung auf ein Jahr ist beim
Gebrauchtwagenverkauf zulässig, wenn dies vertraglich vereinbart
wurde und das Kfz älter als ein Jahr ist. Immer wieder mit der
Gewährleistung verwechselt wird die Garantie: Bei ihr handelt es sich
um keine gesetzlich vorgeschriebene Mängelhaftung, sondern eine
freiwillige (und an bestimmte Bedingungen koppelbare) Leistung des
Produzenten beziehungsweise Verkäufers.