Genau 251.870,64 Euro netto betrug die Ausgleichsforderung, die Rechtsanwalt Dr. Norbert Gugerbauer 2003 für den Tiroler Jaguar-Händler Markus Meisinger errechnet hatte. Nachdem der Anwalt einen essenziellen Termin zur Wahrung dieses Anspruches versäumt hatte, entschied der Oberste Gerichtshof bereits im Juli 2012, dass Gugerbauer für die Folgen dieser Säumnis haften muss. Im Normalfall ist so etwas kein Problem. Jede Kanzlei hat eine Haftpflichtversicherung, die den Klienten den Schaden aus solchen Kunstfehlern ersetzt. Deshalb ist es allen Beteiligten rätselhaft, weshalb Gugerbauer mit allen Tricks diese Zahlungspflicht zu vereiteln versucht.
"Verjährungsfrist selbst wahrnehmen"
"Gugerbauer hatte von mir den Auftrag, realistisch vorzugehen", erinnert sich Meisinger an die Wurzeln des derzeitigen Prozesses. "Es wäre wohl zu erwarten gewesen, dass er sich für sein Versäumnis entschuldigt und dieses seiner Versicherung meldet." Doch Gugerbauer argumentierte, dass sein Mandant rechtskundig genug gewesen sei, um die Verjährungsfrist selbst wahrzunehmen. So ließ er es auf einen Prozess mit seinem Mandantenankommen - den er prompt verlor.
Gericht bestellte Sachverständigen
Markus Meisingers Erwartung, dass Gugerbauer zumindest nach dem OGH-Urteil einsichtig die Versicherungsabwicklung einleiten wird, erfüllte sich jedenfalls nicht. "Er versucht, unseren Anspruch möglichst auf null herunter zu prozessieren", erläutert Meisinger die Strategie seines Ex-Anwaltes. Und betont, dass "Dr. Gugerbauer niemals den geringsten Zweifel oder gar eine Warnung geäußert hat, dass die Höhe des Ausgleichsanspruches infrage gestellt werden könnte".
Der vom Gericht bestellte Sachverständige Dr. Michael Nocker bestätigte dementsprechend auch Gugerbauers ursprüngliche Berechnung und zog sich damit dessen Feindschaft zu. Die darin gipfelte, dass er den Gerichtssachverständigen beschuldigte, bewusst ein falsches Gutachten erstellt zu haben. Die Aufforderung des Gerichtes, Gugerbauer möge für die von ihm begehrte Gutachtensergänzung einen Kostenvorschuss von 20.000 Euro erlegen, blieb bisher unerledigt. Immerhin gelang es ihm damit, durch Ablehnungsanträge und Unterbrechungsanträge seine Zahlungspflicht um weitere drei Jahre zu verschleppen.
Es geht in die nächste Runde
Möglicherweise will Gugerbauer den Sachverständigen derart provozieren, dass dieser selbst das Handtuch wirft. "Ich lasse mich bestimmt nicht aus dem Verfahren schießen", sagt Nocker als Reaktion auf all diese Untergriffe. Selbst als ihm unterstellt wurde, lediglich aus Konkurrenzgründen (auch Nocker ist Rechtsanwalt) Gugerbauers neueste Ausgleichsberechnungen -die zu einem Nullanspruch des Händlers führt -zu verwerfen. Für Meisingers Anwalt Dr. Peter Lechner ist der gesamte Rechtsstreit auch deshalb unverständlich, da Gugerbauer seinem Mandanten ursprünglich geraten hat, von Jaguar nicht 250.000 Euro, sondern gleich eine Abschlagszahlung von 500.000 Euro einzufordern -und Jaguar damals zu einer Zahlung von 300.000 Euro bereit war. Ein Vergleichsanbot, das Meisinger aufgrund Gugerbauers Beratung letztlich abgelehnt hat.
Zuletzt versuchte am 2. Juli eine leicht entnervte Richterin des Handelsgerichts, Gugerbauer an seine nunmehr 12 Jahre zurückliegende Berechnung zu erinnern. Vergebens, denn Gugerbauer ist heute überzeugt, dass seine frühere Berechnung völlig falsch war. Allerdings wurden alle damals Gugerbauer vorgelegten und von ihm als unbedenklich eingestuften Urkunden abgespeichert, womit Nocker eine genaue Rekonstruktion derGugerbauerschen Berechnung möglich war. So kann Meisinger doch noch in absehbarer Zeit auf eine Zahlung hoffen -zumindest von Gugerbauers Versicherung.
Wenn er das Geld direkt von Gugerbauer zu bekommen hat, muss er sich derzeit hinter der Pesendorfer Bau GmbH anstellen, die wegen vollstreckbarer 130.173,35 Euro die Versteigerung von Gugerbauers hoch belasteten Immobilien beantragt hat.
Vorerst wurde der Prozess jedoch zur Einvernahme weiterer Zeugen auf September vertagt. (KNÖ)
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