Die Jubelmeldung, die Volkswagen am 10. Juli dieses Jahres verschickte, müsste man heute wohl anders formulieren: Ein Golf TDI Clean Diesel habe, so hieß es, auf einer 8.233 Kilometer langen Tour durch 48 Staaten der USA nur 2,9 Liter je 100 Kilometer verbraucht. 3 Monate später ist der Golf in den USA -wenn überhaupt -nur noch schwer verkäuflich. Der TDI-Motor hatin den vergangenen Wochen weltweit negative Schlagzeilen gemacht hat.
Wenn ein Vorstandsvorsitzender eine Pressemeldung an einem Sonntagnachmittag verschicken lässt, merkt man, dass die Lage wirklich ernst ist: An jenem 20. September sprach Dr. Martin Winterkorn, bis dahin strahlender Chef über ein Dutzend Marken, zum ersten Mal über die Manipulationen, die die US-Umweltbehörden an VW-Dieselmotoren festgestellt hatten.
Massive Auswirkungen auf Kunden und Händler
In aller Kürze: Nach Ungereimtheiten des Internationalen Rats für ein sauberes Verkehrswesen (ICCT) bei einigen Dieselmodellen von VW und BMW übernahm im Mai 2014 die US-Umweltbehörde EPA die Untersuchungen: Als nach einem Software-Update bei 500.000 VW in den USA neuerliche Untersuchungen in Kalifornienkeine Verbesserung ergaben, war Feuer am Dach. VW musste am 18. September zugeben, dass man ein spezielles Gerät eingebaut habe. So wusste die Software im Auto, ob gerade ein Test lief. Die Abgasbegrenzung war beim normalen Fahren (also quasi immer) abgeschaltet. Das verbesserte die Motorleistung -wenn auch auf Kosten der Umwelt.
Dann ging es Schlag auf Schlag: Zuerst die sonntägige Presseaussendung, in der "vollumfängliche Aufklärung" versprochen wurde. Zwei Tage später die Meldung, dass weltweit 11 Millionen Fahrzeuge (VW, Audi, Seat, Skoda) mit Motoren vom Typ EA 189 (1.6-und 2.0-Liter-TDI )unterwegs sind, wobei die fragliche Software nur in einem Teil davon aktiviert sein soll. Rückstellungen von 6,5 Milliarden Euro wurden angeordnet, die VW-Aktie stürzte ab.
Am Tag danach reichte Vorstandsvorsitzender Winterkorn den Rücktritt ein, wieder 2 Tage später war mit dem bisherigen Porsche-Chef Matthias Müller ein Nachfolger gefunden. Dies löste weitere Rochaden aus. Und sicher ist: Es werden noch weitere Köpfe rollen. Leidtragende von "Dieselgate" sind aber vor allem die Händler und Kunden. Nach 10 Tagen Recherche war klar, dass in Österreich 363.400 Fahrzeuge "eine Servicemaßnahme erhalten werden", wie es intern heißt: 180.500 VW Pkws, 24.400 VW Nutzfahrzeuge, 72.500 Audi, 31.700 Seat und 54.300 Skoda. Händler berichteten von einem deutlich spürbaren Rückgang in der Schauraumfrequenz. Und manch Kundeweigerte sich sogar, ein zur Auslieferung stehendes Auto zu übernehmen, solange er keine schriftliche Garantie komme, dass das Modell nicht manipuliert sei.
Dass in den vergangenen Wochen nicht alles ideal abgelaufen ist, konstatiert Krisenmanager Alfred Autischer, der sich im Vorjahr bei der Kündigung von Mercedes-Händler Teissl in Kärnten einen Namen in der Branche gemacht hat. "VW hätte schon vor der Veröffentlichung durch die US-Behörden alles auf den Tisch legen müssen", sagt der Salzburger. Er prophezeit, dass die Angelegenheit für VW über Jahre nicht ausgestanden sein wird: "Es geht um Schadenersatzklagen von Kunden und Aktionären, die nicht informiert wurden." Autischer ist verwundert, dass die Wolfsburger anfangs so unvorbereitet schienen: "Vielleicht hat man gehofft, dass man es unter dem Tisch halten kann." Allerdings habe man nach dieser Schrecksekunde professionell und schnell agiert, sagt Autischer: "Ich zweifle nicht, dass sie es auch bei der Zusammenarbeit mit den Behörden in den einzelnen Ländern rasch auf die Reihe bringen."
"Betrug an Kunden und an Mitarbeitern"
Klar, dass die Branche verunsichert ist: Mag. Johann Jobst, Obmann des VerbandsÖsterreichischer Kfz-Betriebe (VÖK), spricht von Auswirkungen auf die gesamte Autobranche: "Das ist ein Betrug an den Kunden und an den Mitarbeitern. So etwas Unvernünftiges habe ich in 40 Jahren in der Autobranche noch nie erlebt."
Fix ist, dass die Kunden ab Oktober informiert werden, wie das Abgasverhalten ihrer Fahrzeuge nachgebessert werden kann. Dazu werden nationale Internetseiten geschaltet.
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