Für die Porsche-Gruppe ist die Sache gut gelaufen. Ihr hat der von lauter Standorten von Porsche Inter Auto (PIA) umzingelte "private" VW-und Audi-Markenbetrieb Silha schon lange nicht mehr ins Konzept gepasst. Schon vor der Jahrtausendwende hatten die Porsche-Planer der Familie Weilguni ihre zwei Betriebe im 19. Bezirk und in Klosterneuburg abgekauft. Anschließend machten sie dem verkaufswilligen Ehepaar Gerstinger klar, dass deren alteingesessene Betriebe in Wien-Leopoldau und in der Prager Straße nicht extern, sondern nur an Porsche verkauft werden können. Ein "Rat", den die Gerstingersdann auch befolgten. Für die Porsche-eigenen Betriebe im Norden Wiens war Silha als Partner der im Süden Wiens operierenden (unabhängigen) Liewers-Gruppe mit seiner Kundendatei von rund 3.500 Adressen somit ein ungeliebter Fremdkörper. Man wollte die Kunden zur Auslastung der eigenen Betriebe gern an Land ziehen.

Kundenzufriedenheit war ausschlaggebend

"Direkt hat das keiner ausgesprochen. Sie haben immer nur gefragt, wann ich in Pension gehe", schildert Silha die Ouvertüre seines Kündigungsdramas. Eng wurde es für ihn, als er sich auch mit 65 noch nicht in die Pension verabschieden wollte. "Da braucht man ja noch kein alter Hund zu sein", sagt er: Denn er plante, das Unternehmen einem Mitarbeiter zu verkaufen. Mit 15 Hebebühnen, Bremsenprüfstand und Diagnosegeräten, einem Reifendepot für 400 Garnituren und einer eingespielten Mannschaft von 19 Mitarbeitern wäre das bei der vornehmlich kaufkräftigen Klientel zu schaffen gewesen. Was aber nicht im Interesse von Porsche Wien-Nord lag.

"Dass die mich dort weghaben wollten, war mir klar", sagt Silha. Er verließ sich bei der ihm vorschwebenden Betriebsübergabe -einschließlich der Markenverträge -auf den in der Kfz-Branche geltenden Kündigungsschutz für Vertragswerkstätten. "Die Standards haben wir erfüllt; da können sie uns nicht kündigen", interpretiert er aus seiner Sicht die damals geltende EU-Rechtslage.

Die Konzernjuristen sahen das anders. Für sie war die sogenannte "Kundenzufriedenheit" ein geeigneter Hebel, um Silha loszuwerden. Sie warfen ihm vor, am unteren Ende der von ihnen erstellten Skala zu sein. Mangelnde Kundenzufriedenheit sei als Vertragsverletzung zu werten. Am 13. Juli 2010 flatterte ihm deshalb eine Kündigung per 31.Juli 2012 ins Haus. Worauf die Liewers-Leute kalte Füße bekamen und ihm die Partnerschaft aufkündigten.

Wer hat sich eigentlich beschwert?

Doch Silha wollte sich nicht geschlagen geben. Statt Liewers war Dr. Josef Lamberg -einer der wenigen in Wien unabhängig gebliebenen VW-Händler -bereit, seinen Markenkollegen zu unterstützen. Silha stellte beim Landesgericht Salzburg den Antrag, dass der Importeur den Servicevertrag auch nach 2012 einhalten muss. Die Nichterfüllung von Standards sei kein Kündigungsgrund, wenn diese Standards unbillig und zum überwiegenden Nutzen des Herstellers gestaltet wurden. Der Kartellrechtsexperte Dr. Norbert Gugerbauer argumentierte, dass die Kündigung durch die marktbeherrschende Porsche GmbH&Co OG daher unsachlich und missbräuchlich erfolgt sei.

"Ich konnte nie die Kunden eruieren, die sich angeblich beschwert haben", sagt Silha, der auch bei Gericht dazu keine Auskunft bekam. "Erst 2012 wurde das umgestellt. Ab dann wurden den Händlern die Beschwerdeführer bekannt gegeben." Plötzlich sah sich Silha dank dieser Transparenz im Mittelfeld der Zufriedenheitsskala.

Bei der Justiz half ihm dies nichts. Das Oberlandesgericht Linz fand, der Kündigungsgrund der "mangelnden Kundenzufriedenheit" sei objektiv nachvollziehbar und die Kündigung damit wirksam; nachfolgende Anstrengungen des Klägers seien unbeachtlich, weil wegen der Vertragsfreiheit des Lieferanten keine Verpflichtung bestehe, die Kündigung zurückzunehmen. Mit der Folge,dass Silha 2012 die VW-und Audi-Zeichen abmontieren musste. "Danach ist es immer weniger geworden." Denn seine Kunden mussten in Wien nur um die Ecke zu fahren, um beim nächsten PIA-Betrieb zu landen. "Als freie Werkstatt hast du in unserer Größe keine Chance. Der Fremde kennt uns nicht, die anderen kommen dann nicht mehr." Silha nutzte auch seine Spezialisierung auf die vier Konzernmarken nichts. Letztlich blieben auch die kartellrechtlichen Einwände gegen die Kündigung -die PIA-Betriebe haben bei den VW-Audi-Skoda-Seat-Geschäften im Großraum Wien einen Marktanteil von 70 Prozent -erfolglos. Der OGH entschied, dass auf den vorliegenden Sachverhalt nicht mehr die Kfz-GVO 1400/2002, sondern die Kfz-GVO 461/2010 anzuwenden sei.

In dieser ist die Schutzvorschrift der ausführlichen Begründung der Kündigung nicht mehr enthalten. Das einen ähnlichen Schutz bescherende "Kraftfahrzeugsektor Schutzgesetz" komme nicht zum Tragen, da es erst nach der Kündigung wirksam wurde. Die von Gugerbauer begehrte Anfrage an den Europäischen Gerichtshof sei "auf Grund offenkundigrichtiger Anwendung des Gemeinschaftsrechts entbehrlich".

Außer Schulden blieb nichts übrig

"Früher hat"s halt immer geheißen: Wennst deine Arbeit gut machst, bleibst dabei", sagt Silha. Seine Versuche, nach der Kündigung Nachfolger zu finden, sind gescheitert. Von seinen Investitionen für die vom Importeur vorgeschriebenen Standards sind ihm nur noch Schulden verblieben, für die er alsEinzelunternehmer persönlich haftet. Die resignierende Bilanz von Silha nach 30 Jahren Markentreue: "Früher wollte ich reisen und hatte dafür keine Zeit. Jetzt hab" ich Zeit, aber kein Geld." (KNÖ)