In den vergangenen Jahren haben beinahe alle Automarken neue Verträge
ausgegeben. Nicht nur Vertriebspartner, sondern auch
Vertragswerkstätten wurden im Zuge dessen noch enger an die Kette
gelegt. Am aktuellen Beispiel der Hyundai-Serviceverträge analysiert
"AUTO&Wirtschaft" diesen branchenweiten Trend.
Als Wolfgang Denzel den gleichnamigen Autohandelskonzern gründete,
waren für Händlerund Werkstättenverträge noch 4 Seiten ausreichend.
Heute haben bei der Vertragsgestaltung nicht mehr lokale Importeure,
sondern die globalen Automobilkonzerne das Sagen. Das gilt auch für
Denzel mit seinen beiden Importmarken Hyundai und Mitsubishi.
Konkrete Anlässe
Das Positive vorweg: Im soeben zur Unterschrift ausgesandten neuen
Hyundai-Werkstättenvertrag wurden die Bestimmungen des
Kraftfahrzeugsektor-Schutzgesetzes (KraSchG) korrekt berücksichtigt.
Dieses Gesetzeswerk enthält bekanntlich einige jener Rechte, die auf
europäischer Ebene durch das Auslaufen der Kfz-GVO verloren gingen.
Das hätte sich zwar mit einer einfachen Ergänzung des alten Vertrages
bewerkstelligen lassen. Für Importchef Mag. Roland Punzengruber war
jedoch ausschlaggebend, dass die Marke nun auch leichte Nutzfahrzeuge
im Programm hat. Die gab es auch schon im alten Vertrag -allerdings
nur am Papier. "Deshalb haben wir die Standards nicht exekutiert", soPunzengruber. Nun werde aber im Rahmen der "qualitativen Selektion"
genau geschaut, wer tatsächlich über die für das Transportergeschäft
erforderlichen Hebebühnen, Prüfstände und so weiter verfügt.
Neue Rahmenbedingungen für Vermittler
Ersatzlos gestrichen wurde die bisherige Berechtigung der
Werkstätten, Neufahrzeuge "auszustellen und zu bewerben, um Kunden
zum Kauf von Hyundai-Fahrzeugen bei einem Hyundai-Vertragshändler zu
motivieren" (Punkt C8 des alten Vertrages). Durch die Möglichkeit,
mit Neuwagenvermittlungen zusätzlich Geld zu verdienen, ähnelten die
Werkstätten den "Agenten", wie sie auch bei anderen Marken üblich
sind. Mit diesem zweistufigen System könnte nun Schluss sein, denn
ein Neuwagenverkauf ohne Ausstellungsfahrzeuge ist schwer
vorstellbar.
"In puncto Vertriebssystem hat sich mit dem neuen Vertrag nichts
geändert", bestreitet Punzengruber diese Schlussfolgerung. Es wurde
den Werkstätten zwar vertraglich die ausdrückliche Berechtigung zur
Ausstellung von Neufahrzeugen entzogen. Es wurde ihnen eine derartige
Ausstellung von Neufahrzeugen aber auch nicht untersagt. Damit steht
es Händlern weiterhin frei, sich zur Verkaufsankurbelung Werkstätten
als Vermittler anzulachen.
Kein Ausgleichsanspruch für Werkstätten
Ein Grund für diese Änderung könnte darin liegen, dass bei Beendigung
eines Händlervertrages für den Verlust des Kundenstocks ein
Ausgleichsanspruch fällig wird -vor allem deshalb, da der Importeur
mit diesen Kunden auch künftig Geld verdienen wird. Das gilt
allerdings nur für den Neuwagenverkauf -undnur dann, wenn der
Neuwagenverkäufer seinem "Geschäftsherrn" die Kundendatenbank zur
Verfügung stellen muss. Genau das war aber schon bisher im
Werkstättenvertrag verankert: "Die Werkstätte gewährt dem Importeur
eine unwiderrufliche, kostenlose, frei übertragbare, nicht
ausschließliche Lizenz zur Erfassung dieser Informationen und zur
Nutzung sämtlicher Kundendaten für ihre eigenen Zwecke."
Im Gegensatz zum Händlervertrag gibt es bei der Kündigung eines
Werkstättenvertrages keinen Ausgleichsanspruch. Trotzdem kann der
"Geschäftsherr" mit diesen Kundendaten weiter arbeiten und mit diesen
Kunden weiter Geschäfte machen. Nachdem die ehemals vertraglich
verankerte Neuwagenausstellung gestrichen wurde,wird freilich keine
gekündigte Werkstätte mehr auf die Idee kommen, daraus einen
Ausgleichsanspruch abzuleiten.
Abnahmeverpflichtung für Ersatzteile
Nichtsdestotrotz sind die Servicepartner wie Handelsvertreter in das
Vertriebssystem des Herstellers eingebunden. "Die Werkstätte
verpflichtet sich, möglichst viele Hyundai-Ersatzteile und
Hyundai-Zubehör zu verkaufen, mindestens jedoch die mit dem Importeur
vereinbarte Mindestzahl", heißt es im Vertrag. Wie in den
Händlerverträgen wird fixiert, dass "zumindest 30 Prozent des
gesamten Werts der von der Werkstätte bezogenen Ersatzteile" von
Hyundai stammen und vom Importeur gekauft werden müssen. Wenig
überraschend wird hinzugefügt: "Der Werkstätte steht es jedoch frei,
mehr als 30 Prozent Hyundai-Ersatzteile zu beziehen."
Strenge Standards
Wie bei allen Marken wird auf die Einhaltung der Standards besonderer
Wert gelegt. "Die Führung der Betriebsstandorte erfordert die
uneingeschränkte Erfüllung der anwendbaren Standards. Die
Nichterfüllung berechtigt den Importeur nach seinem alleinigen
Ermessen die Genehmigung für den Betriebsstandort zurückzuziehen oder
zur vorzeitigen Auflösung des Vertrages", heißt es im Vertrag. Wer
trotz Aufforderung nicht innerhalb von 60 Tagen alle Vorgaben des
Importeurs erfüllt, kann ersatzlos aus dem Netz fliegen.
So eng will man beim Importeur den juristischen Text freilich nicht
ausgelegt sehen. "Es sollte nicht für jeden Tür und Tor geöffnet
werden", möchte Punzengruber seine vorhandenen treuen
Werkstättenpartner vor einer unkontrollierten Erweiterung des Netzes
schützen -wobei er jedoch gleichzeitig klar macht, dass bei einer
gefragten Marke wie Hyundai "jeder seine Rechte und Pflichten
einhalten muss".
Verpflichtende Zusatzvereinbarungen
Wie weit diese Pflichten in Zukunft gehen werden, ist aus dem neuen
Servicevertrag freilich nicht absehbar. Jeder Partner muss eine
kryptische Generalklausel akzeptieren: "Die Werkstätte ist
verpflichtet, auf Verlangen des Importeurs Zusatzvereinbarungen zu
diesem Vertrag in der vom Importeur vorgegeben Form abzuschließen."
Eingeschränkt wird diese Generalvollmacht nur dadurch, dass dem
Betrieb dadurch "keine unbilligen Belastungen auferlegt werden".
Dieösterreichischen Kfz-Betriebe scheinen derartig strikte
Bestimmungen freilich gewöhnt zu sein. Alle Hyundai-Werkstätten, die
im Netz bleiben wollten, haben den neuen Vertrag kommentarlos
unterschrieben.