Rund 250.000 Fahrzeuge wurden 2014 inÖsterreich vom Verkehr abgemeldet. Bei den heimischen Shreddern kamen davon jedoch nur 60.000 an: "Damit ist der Verbleib von 190.000 Altfahrzeugen ungeklärt", sagt Branchensprecher Ing. Walter Kletzmayr. Sein naheliegender Verdacht: Der Großteil dieser Fahrzeuge wurde außer Landes gebracht, umdort entweder (unter Umgehung der heimischen Umweltund Sicherheitsstandards) ausgeschlachtet oder wieder notdürftig instandgesetzt zu werden.
Hoffnung für Shredder und Werkstätten
Diese Wrackexporte dürfte es freilich seit Herbst 2013 gar nicht mehr geben. Damals hatte der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) in einem Musterverfahren festgehalten, dass nicht mehr zulassungsfähige Altfahrzeuge als "gefährlicher Abfall" einzustufen sind. Dieser darf jedoch nicht exportiert und auch im Inland nur an Unternehmen mit einschlägiger Berechtigung weitergegeben werden.
Aufgrund dieser Entscheidung ("AUTO&Wirtschaft" hat bereits im Jänner 2014 berichtet) hatten nicht nur die Shredder gehofft, die illegale Konkurrenz der Wrackhändler vom Hals zu bekommen: Auch die Kfz-Betriebe sahen eine Chance, die Totalschadenpraktiken der Versicherungskonzerne einzudämmen. Diese benützen bekanntlich Online-Plattformen im Internet, um Höchstgebote für den Restwert von Unfallfahrzeugen aufzutreiben. Anschließend werden diese Wracks in aller Regel ins Ausland verbracht. Die von Versicherungsseite gerne vorgebrachte Entgegnung, dass nur inländische Bieter an den Wrackbörsen teilnehmen dürfen, ist spätesten seit den Recherchen dieses Magazins (siehe Artikel "Der fast geheime Grenzverkehr" in Ausgabe 3/2015) widerlegt.
Klare Handhabe
Wie mit dem VwGH-Urteil umzugehen ist, hat das Umweltministerium nunmehr in einem Erlass zur Altfahrzeugeverordnung klargestellt. Darin wird unter anderem eine exakte Unterscheidung zwischen reparaturfähigen Fahrzeugen und Abfall vorgenommen: "Übersteigen die durchschnittlichen Wiederherstellungsund Reparaturkosten in Österreich, die für die Herstellung eines zulassungsfähigen Zustandes aufzuwenden sind, den Zeitwert des Fahrzeuges in unverhältnismäßig hohem Ausmaß, liegt Abfall vor." Für diese "abfallrechtliche Kostenberechnung" können die günstigsten Reparaturkosten in inländischen Werkstätten herangezogen werden -also beispielsweise die Stundensätze für Regiearbeiten oder die Preise von Nachbau-und Gebrauchtteilen.
Ausdrücklich wird im Erlass auf die Restwertbörsen Bezug genommen: "Wenn die Abfalleigenschaft eines Fahrzeuges erfüllt ist, darf der Versicherer bei der Ermittlung des Wrackwertes nur zur Sammlung und/oder Behandlung von Altfahrzeugen berechtigte Bieter nach §24a AWG 2002 dem Eigentümer des Altfahrzeuges als potentielle Käufer vorschlagen, weil der Geschädigte nur solche Angebote bei der Restwertermittlung akzeptieren muss, nach deren Inhalt ihn keine weiteren Aufwendungen und Risiken treffen", heißt es wörtlich. Gleichzeitig schreibt der Erlass vor, dass dem Halter oder Eigentümer einesAltfahrzeuges bei dessen Übernahme ein Verwertungsnachweis auszustellen ist, der wiederum bei der Abmeldung an der Zulassungsstelle vorgewiesen werden muss. Dies könnte den in Zusammenhang mit den Wrackbörsen häufig kritisierten "Typenscheinverkauf" minimieren.
Entwarnung für Kfz-Betriebe und Autoliebhaber
In der Autobranche wurde das VwGH-Urteil freilich auch mit einer gewissen Besorgnis aufgenommen. Der Hintergrund: Kfz-Betriebeübernehmen regelmäßig nicht mehr zulassungsfähige Fahrzeuge ihrer Kunden, ohne über die einschlägigen abfallrechtlichen Genehmigungen zu verfügen. Dies ist laut dem neuen Erlass weiterhin möglich: Kfz-Betriebe werden als "erlaubnisfreie Rücknehmer" eingestuft, sofern die Menge der zurückgenommenen Altfahrzeuge "nicht unverhältnismäßig höher" als jene der Neu-und Gebrauchtwagenverkäufe ist. Letzteres muss dokumentiert und auf Verlangen der Behörde nachgewiesen werden.
Die Sammler seltener Fahrzeuge wären bei einer allzu strengen Auslegung des VwGH-Urteils ebenfalls zum Handkuss gekommen.
Doch auch für sie gibt das Umweltministerium Entwarnung: Bei Oldtimern könne die Abfalleigenschaft nur "bei unsachgemäßer Lagerung, Transport oder Behandlung im Einzelfall gegeben sein". Youngtimer werden als "Sonderfall in Bezug auf die Beurteilung der Reparaturwürdigkeit" bezeichnet. Bei ihnen reicht ein Sachverständigengutachten zur Befreiung von den Handels- und Exportbeschränkungen aus.
Zufriedenheit in der Autobranche ...
"Aus Sicht des Fahrzeughandels ist es zu begrüßen, dass nunmehr endlich Rechtssicherheit herrscht", sagt Komm.-Rat Ing. Klaus Edelsbrunner, Obmann des Gebrauchtwagenausschusses im Bundesgremium des Fahrzeughandels. Auf den Handel mit nicht mehr reparaturfähigen Havarien müssten zwar auch die Kfz-Betriebe verzichten, alle anderen Tätigkeiten würden aber nicht eingeschränkt: "Die Ausfuhr von Fahrzeugen mit positivem §-57a-Gutachten ist weiterhin uneingeschränkt möglich." Für die Ausfuhr von nicht verkehrs-und betriebssicheren Fahrzeugen benötige man zum Nachweis, dass es sich um kein Altfahrzeug handelt, entweder ein §-57a-Gutachten, eine Bescheinigung eines Kfz-oder Karosseriebaumeisters oder ein Gutachten eines Kfz-Sachverständigen.
Eine Vergütung der NoVA beim Export ist übrigens nur dann möglich, wenn es sich um ein zulassungsfähiges Fahrzeug handelt: Dies wurde vom Finanzministerium schon 2011 klargestellt.
... und Schweigen bei den Versicherungen
Aus dem Versicherungsverband heißt es, dass man die Mitglieder über die neuen rechtlichen Rahmenbedingungen informiert habe. Marktteilnehmer mit Einblick in die Wrackbörsen berichten freilich davon, dass in den Börsen nach wie vor ohne Einschränkung des Bieterkreises "Abfallfahrzeuge" vermarktet würden: "Wir werden die weitere Entwicklung daher sehr genau beobachten", sagt Komm.-Rat Burkhard Ernst, Bundesgremialobmann des Fahrzeughandels.
Wie viele der bisherüber Wrackbörsen vermarkteten Havarien sind überhaupt als "Abfall" einzustufen?"Wir sprechen hier sicherlich von 20.000 bis 25.000 Fahrzeugen pro Jahr", mein Ernst. Andere Experten mutmaßen, dass es sich bei einem jährlichen Gesamtvolumen von 40.000 Fahrzeugen um einen Anteil von 20 bis 30 Prozent handeln könnte. Von den Versicherungen war diesbezüglich keine Auskunft zu erhalten.
Zwischen Recht und Realität
Nicht nur die Wrackbörsen-Kritiker, auch die Shredder warten gespannt auf die Umsetzung der neuen Bestimmungen. In den vergangenen Wochen sei kein Rückgang, sondern vielmehr ein neues Rekordniveau an Exporten zu beobachten gewesen, berichtet Branchensprecher Kletzmayr: "Bei den Wrackhändlern scheint eine regelrechteTorschlusspanik ausgebrochen zu sein." Offensichtlich gelte es, das Zeitfenster vor den angekündigten strengeren Kontrollen der Exekutive zu nützen.
Für den widerrechtlichen Umgang mit "gefährlichem Abfall" drohen jedenfalls harte Strafen: Dessen Export wird mit einer Verwaltungsstrafe von 850 bis 41.200 Euro bedroht, zudem muss der Auftraggeber die Kosten der Rückführung und der sachgemäßen Verwertung im Inland übernehmen. "Bei illegalemExport von mehr als 3 Altfahrzeugen ist auch eine gerichtliche Strafbarkeit gegeben", weiß Mag. Christoph Wychera vom Bundesgremium des Fahrzeughandels. Doch wie so oft gilt auch beim Umgang mit alten oder verunfallten Fahrzeugen: wo kein Kläger, da kein Richter.
Abfallprüfung leicht gemacht
Ausdrücklich wird im Erlass des Umweltministeriums auf den"Autopreisspiegel" verwiesen: Die beliebte Fahrzeugbewertungssoftware enthält ein Modul, mit dem das (Nicht-)Vorliegen der Abfalleigenschaft bescheinigt werden kann. "Wir haben eine praktikable und gut nachvollziehbare neue Berechnungsformel gefunden, mit der die Werkstätten, die §-57a-Prüfstellen und die kfz-technischen Sachverständigen bei ihrer Entscheidungsfindung gut unterstützt werden", sagt Programmentwickler Dr. Wolfgang Pfeffer.
Robuste und tönbare Schutzlackierung RAPTOR®
Die robuste und tönbare RAPTOR-Schutzlackierung von U-POL ist eine Lackierung aus Urethan mit großer Haltbarkeit. Sie ve...