Wer in Genf Bahnbrechendes zu sehen erwartete, wurde zwangsläufig
enttäuscht: Hier diente das Staunen des Messebesuchers dem Kaufreiz,
nicht der Aufklärung. Die im Dutzend angekündigten Premieren waren
Ausstattungsvarianten, keine Erfindungen.
Praktisch niemand ist bereit, ein halbes Jahresgehalt oder mehr für
etwas Neues auszugeben, das über ein Upgrade hinausginge. Selbst der
Ersatz des antiquierten Verbrennungs-durch den Elektromotor fällt
darunter; die Ablösung der Dampflok durch die stromgetriebene
Zugmaschine hat das Bahnfahren ja auch nicht wahrhaft revolutioniert.
Die Perfidie der Dinge liegt darin, dass die große Umwälzung der
nächsten zehn Jahre kaum wahrnehmbar vonstatten geht, das Wesen des
Autofahrens aber unumkehrbar pervertieren wird. Es geht um nichts
weniger als das Beziehungspaar Freiheit und Sicherheit. Ausübung von
Freiheit ist bedingt durch Verantwortung, die ich für meine
Handlungen übernehme.
Der Autobau geht nun aber dahin, mir diese Freiheit unter dem Aspekt
der Sicherheit nach und nach zu nehmen. Was verharmlosend als
Assistenzsystem angepriesen wird, wird uns in Kürze nicht mehr
unterstützen (assistieren), sondern beherrschen, weil es uns unfähig
macht, die Verantwortung für das Autofahren wahrzunehmen. Der
Automobilist ist daran, sich durch fortschreitende Reduktion seines
Autonomiegrades selbst abzuschaffen. Der gesetzesgeberischen
Eingriffe bedarf esdabei nicht einmal: Die Bedienung menschlicher
Bequemlichkeit ist viel effizienter. Versicherungsgesellschaften
werden die Prämienbeiträge in direkten Bezug zur Anwendung von
Fahrhilfen setzen. Und Google besorgt dann den Rest.