Geht" s der Wirtschaft gut, geht" s uns allen gut. Vor allem unserer
Wirtschaftskammer, da deren Kammerumlagen an die Umsätze der
Mitglieder gekoppelt sind.
Geht"s den Betrieben schlecht, weil sie
trotz hoher Umsätze nichts verdienen, geht"s der Kammer -durch diese
Umsatzregelung -trotzdem gut.
Gut haben es da nur die Kleinstbetriebe mit einem Jahresumsatz unter
150.000 Euro -denn sie sind von der KU1 befreit. Schlecht haben es
vor allem die Autohändler - denn sie verzeichnen sehr hohe Umsätze
mit ganz niedrigen Erträgen. Wie viel die Autohändler so in den
Kammertopf einzahlen, weiß niemand. Da kann ich nur eine
Milchmädchenrechnung probieren: Für rund die Hälfte aller Neuwagen,
welche die Importeure selbst an Endkunden verkaufen, kassiert die
Kammer diese sogenannte KU1 nur einmal. Das sind im Jahr 150.000
Stück. Bei der 2. Hälfte, die über Vertragshändler läuft, schlägt sie
ein zweites Mal zu. Und wenn diese ein derartiges Auto an einen
B-Händler liefern, wird bei diesem ein drittes Mal die KU1 fällig.
Das gilt auch für die Ersatzteile, deren Volumen (ohne Reifen und
Räder) auf 1,5 Milliarden Euro geschätzt wird. 60 Prozent davon
machen die Autoimporteure. Wobei für diese Umsätze ebenfalls
kaskadenartig ein-bis dreimal die KU1 zu bezahlen ist.
Dazu kommen noch die Gebrauchtwagenumsätze. 2013 gab es rund 823.000
Besitzumschreibungen. Davon sind rund 75.000 Kurzzulassungen
abzuziehen, deren Umsätze bereits in den Neuwagenstückzahlen
berücksichtigt wurden. Von den verbleibenden 750.000 Stück echte
Gebrauchtwagen gehen etwa 50 Prozent über den Handel -und für diese
fälltnatürlich ebenfalls diese KU1 an.
Fragt man einen normalen Autohändler, was er an Kammerumlage zahlt,
fällt ihm immer nur die Grundumlage ein. Für die bekommt er von
seinem Gremium und von seiner Innung einen Zahlschein - das bleibt
ihm im Kopf hängen. Fragt man einen unserer Kammerfunktionäre, haben
die auch nur diese Grundumlage im Kopf. Verständlich, denn das sind
auch die Beträge, über die sie als Innung oder Gremium für
Branchenaktivitäten verfügen können. Das ist aber nur ein minimaler
Bruchteil von dem, was die Kfz-Betriebe der Kammer abliefern müssen.
Bei umsatzstarken Betrieben sind das lediglich 5 Prozent der gesamten
Kammerumlage. 25 Prozent entfallen auf die an die Lohnsumme
gekoppelte KU2, 70 Prozent auf diese KU1.
Wäre das Verhältnis umgekehrt, hätten unsere Funktionäre jenen
finanziellen Spielraum, den sie für ihre branchenspezifischen
Aktivitäten brauchen. So stehen die Kfz-Unternehmer vor hohen
Beträgen, die sie als KU1 und KU2 dem Finanzamt abzuliefern haben.
Und die Funktionäre können nur hoffen,dass es den Mitgliedern nicht
auffällt, dass diese mit ihren Überweisungen ans Finanzamt mit hohen
Beträgen "ihre" Standesvertretung finanzieren.
Unsere Funktionäre in den Gremien und Innungen werden daran auch
nichts ändern können. Denn sie sind nur kleine Rädchen in der großen
Kammermaschinerie. So gab es 2010 bei der Kammerwahl 546.724
Stimmberechtigungen -wovon natürlich nur ein Bruchteil auf die
Kfz-Branche entfiel. 70,9 Prozent der Stimmen kassierte dabei der
Wirtschaftsbund. Wer in der Branche etwas bewegen will, muss daher
vom Wirtschaftsbund nominiert werden.
Im Wirtschaftsbund gibt es kein Interesse, die Kammereinnahmen zu
schmälern. Daher ist die Umlagenregelung mit ihrer Koppelung an die
Umsatzsteuer ein Tabu, obwohl die Opposition dagegen Sturm läuft. Mit
Ausnahme der Sozialdemokraten, die fürchten, dass eine derartige
Gesinnung auch die Umlagen der Arbeiterkammer zu Fall bringen könnte.
Ein Funktionär, der auf die Idee kommt, die Umlagenhöhe an die
Erträge der Mitglieder zu koppeln (wie dies in Deutschland der Fall
ist), wird daher nicht mehr lange Funktionär sein. Auch deshalb, da
der Wirtschaftsbund am finanziellen Tropf der Kammer hängt. Man kann
ihnen daher auch nicht verdenken, dassbisher keiner den Versuch
unternommen hat, innerhalb der Kammer -und damit innerhalb des
Wirtschaftsbundes -auf eine Entlastung der Autohändler zu drängen.
Vielleicht lässt sich aber der eine oder andere vor der Wahl zum
Versprechen verleiten, sich in den nächsten fünf Jahren doch noch
dieser Problematik anzunehmen. Sonst bleibt es dabei: Der Autofahrer
ist die Melkkuh der Nation -und die Autohändler sind die Melkkühe der
Kammer.