Lieber Gerhard Lustig! Nachdem ich letzte Woche wieder einmal nach
einer Dienstreise vom Ausland nach Wien geflogen bin und das neue
"News"(Rabatte im Autohandel) und die neue "AUTO&Wirtschaft" in die
Hände bekommen habe, fühlte ich mich wie in einer Zeitmaschine.
Déjà-vu ist wohl das richtige Wort!<br /><br />Ich habe vor ca.
zwei Jahren meinen beruflichen Schwerpunkt verändert
und bin nun sehr viel in Europa unterwegs. Zugegeben ist das Segment
meiner Tätigkeit nicht das wirtschaftlich wichtigste Segment der
Automobilwirtschaft, aber sicher einer der imageträchtigsten
Bereiche, in welchem viele erfolgreiche Persönlichkeiten aus
Wirtschaft, Industrie und Sport zu den Kunden gehören. Eines haben
diese Persönlichkeiten gemeinsam, und das ist der unbedingte Wille,
gesteckte Ziele auch zu erreichen!
Das angesprochene "Déjà-vu" kommt unweigerlich, wenn man die
heimische Politik verfolgt, die schon seit Jahren von Stillstand
geprägt ist. Leider setzt sich dieser Eindruck fort, wenn man die
internen Diskussionen und Themen in der Automobilbranche betrachtet.
Die Idee, gemeinsam mit Industrie, Importeursverband, Handel und
Autofahrerclubs die Themenführerschaft zum Automobil in Österreich zu
übernehmen, ist sicherlich der richtige Weg, aber nicht neu und wurde
bereits vor mehr als zwei Jahren diskutiert. Nur durch ein
gemeinsames Auftreten aller oben genannten Protagonisten kann genug
Druck auf die heimische Politik und die Medien aufgebaut werden, um
der Bedeutung des Autos als wichtiger Beitrag zu unserer heute
bestehenden Gesellschaftsstruktur und als Wirtschaftsfaktor in der
Öffentlichkeit gerecht zu werden.
Wenn man allerdings die jüngsten Kommentare der Branchenvertreter
liest, drängt sich der Vergleich zur heimischen Parteipolitik
förmlich auf. Zwei Parteien streiten sich um Positionen und Personen
und dabei kommen die dringend notwendigen Reformen, die nur gemeinsam
erzielt werden können, zu kurz. All das zur Freude derOpposition;
Stillstand ist die Folge.
Im Fall der Automobilwirtschaft sind es keine politischen Parteien,
sondern die Gremialvertretungen der Industrie und des Handels bzw.
auch die Autofahrerclubs, die hier seit Jahren keine gemeinsame Linie
finden und so das Spielfeld der Themenführerschaft den Medien und
Organisationen wie dem VCÖ überlassen und es der Regierung leicht
machen, neue Belastungspakete für Autofahrer zu schnüren. Der jüngste
Streit um die Person eines Medienberaters zeigt das leider
überdeutlich...
Mich erinnert diese Diskussion ein wenig an die Metapher von den
beiden Joggern im Wald, die einem Bären begegnen und versuchen,
jeweils schneller zu sein als der andere Läufer, damit dieser zuerst
gefressen wird. Ich habe mich allerdings schon immer gefragt, was den
Bären eigentlich davon abhalten soll, auch den zweiten Jogger zu
fressen, wenn er mit dem ersten fertig ist? Wenn Schicksale in einem
kleinen Land wie Österreich so eng miteinander verbunden sind wie
jene der Automobilwirtschaft, stellt sich wohl oder übel die Frage,
ob man nicht gemeinsam dem Bären eher entkommt als auf eigene Faust?
Verständlich ist, dass die angesprochenen Protagonisten Kommentare
von "Zaungästen"(so wie ich einer bin) nicht besonders schätzen
werden. Aber ich denke, auch der Bär steht im Moment ebenfalls als
"Zaungast" bereit und sieht den Läufern zu, während er noch überlegt,
welchen er zuerst ins Visier nimmt...
Mit freundlichen Grüßen,
Michael Röck, Regional Operations Manager, McLaren Automotive
Limited, Woking (Großbritannien)
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