Rund 1,2 Milliarden Menschen leben in Indien: Etwa 50 Prozent sind unter 25 und durch den wachsenden Wohlstand, wenn man dies so nennen darf, steigt auch der Wunsch nach individueller Mobilität. Da ein eigenes Auto aber für die breite Masse nicht leistbar ist, kaufen viele ein Motorrad, das zwischen 500 und 1.000 Euro kostet -und mit dem dann oft die gesamte Familie transportiert wird.

Das Problem dabei: Die Motorräder sind in der Regel noch mit einem Vergaser-System ausgerüstet. Das sorgt einerseits für mehr Abgase, andererseits auch für hohen Kraftstoffverbrauch. Daher hat das Bosch-Zweiradkompetenzzentrum in Schwieberdingen (bei Stuttgart) eine neue Technik entwickelt, um diese Probleme in den Griff zubekommen.

Neue Technik vorerst nur in teureren

Modellen Nun, ganz neu ist die Technik natürlich nicht: Autos werden schon seit vielen Jahren mit Einspritzsystemen ausgestattet (die in der Regel von Bosch kommen): Um diese Technik auch für Zweiräder zu adaptieren und vor allem leistbar zu machen, mussten gleich mehrere Hürden genommen werden. Schwierig war vor allem die Größe: Dochden Technikern, die lokale Hilfe aus dem Entwicklungszentrum in Bangalore (Indien) bekamen, ist es gelungen, die Injektoren um 30 Prozent zu verkleinern. Und die Steuergeräte haben jetzt etwa die Größe und dreifache Dicke einer Kreditkarte; das ist fünf Mal weniger als bei den großen Motorrädern, die in Europa oder den USA verkauft werden.

Bleibt das Problem mit dem Preis: Da das Durchschnittseinkommen nur bei jährlich 1.500 Dollar liegt, ist jeder Euro wichtig. Mit 60 bis 70 Euro beziffern Experten den Anteil von Bosch am Bau von künftigen Motorrädern, wenn sich die Technik durchsetzt. Ende 2015, so der Plan, soll das erste Motorrad mit der neuen Steuerungseinheit auf den Markt kommen, ein Jahr spätersind die Injektoren marktreif. Durch die elektronische Steuerung der Einspritzung können bis zu 15 Prozent Treibstoff eingespart werden: "Das ist sehr viel wert, wenn man bedenkt, dass bei uns ein Liter Benzin rund einen Euro kostet", sagt Sandeep N., Chef des Bereichs Benzineinspritzung bei Boschin Indien.

28 Millionen neue Motorräder -pro Jahr

Insider rechnen damit, dass Bosch nicht nur einen einzigen Motorradhersteller mit der neuen Technik beliefern wird -so wie dies ja auch bei Autos der Fall ist. Bei Bosch glaubt man, dass diese Technik "von oben herab" in den Motorradbereich einziehen wird,ähnlich wie dies seinerzeit beispielsweise bei Airbags und Navigationsgeräten bei Autos.

Doch langfristig rechnet man mit einem Massenmarkt: Schließlich soll sich die Motorradproduktion allein in Indien bis 2020 auf 28 Millionen Stück pro Jahr verdoppeln. Auch in anderen großen asiatischen Zweirad-Märkten -etwa in Vietnam (siehe Foto)-soll die neue Technik angeboten werden. Die Produktion soll jeweils vor Ort erfolgen. (MUE)