Nicht nur Jungunternehmer fordern zur Ankurbelung der Wirtschaft
einfachere Startbedingungen. Dazu gehören die Senkung des
erforderlichen Mindestkapitals sowie die Abschaffung des
Notariatszwanges und der teuren, seit Langem veralteten
Pflichtveröffentlichung in der Wiener Zeitung.
Das deckt sich mit den laufenden Bestrebungen der Europäischen
Kommission zur Einführung einer "Europäischen Privatgesellschaft".
Nach dem Muster amerikanischer Firmengründungen soll es dabei
möglichst wenige administrative Barrieren geben. Das
Justizministerium verspricht legistische Unterstützung. Den
administrativen Zwangsvorschriften in der Gründungsphase wird sie
jedoch aufgrund des erfolgreichen Lobbyings der Notare kaum den
Garaus machen können. Dafür wird das Mindestkapital angesichts der
geplanten neuen europäischen Gesellschaftsform mit lediglich 1 Euro
Grundkapital in Österreich von 35.000 auf vermutlich 10.000 Euro
abgesenkt.
Gleichzeitig soll das "Ableben" eines Unternehmens zugunsten eines
"Überlebens" forciert werden. Aus naheliegenden Gründen: Die
bisherigen Reformen des Konkursrechtes haben bei den erwünschten und
erforderlichen Unternehmenssanierungen keine nennenswerten Erfolge
gebracht. Das Entlohnungssystem der Masseverwalter sorgt nach wie vor
dafür, dass Unternehmen möglichst schnell geschlossen und die Aktiva
verwertet (oder vernichtet) werden.
Nun soll nach angloamerikanischem Vorbild ("Chapter 11") der
Fortbetrieb des Unternehmens im Vordergrund stehen. Statt der
abschreckenden "Konkurseröffnung" soll es künftig das freundlich
klingende "Sanierungsverfahren" geben. Wie weit sich das bei den
Gläubigerbanken und Gläubigerschützern durchsetzen lässt, bleibt
abzuwarten.
Angesichts der erst kurzen Amtszeit musste die Frau Minister bei der
Präsentation der laufenden Aktivitäten auf die Initiativen ihrer
Vorgänger zurückgreifen. Nun könnten rechtliche Maßnahmen zur
Unterstützung der Klein- und Mittelbetriebe einen eigenständigen
Schwerpunkt unter der Stabführung der neuen Ministerin bilden: Etwa
durch Umsetzung des "Small Business Acts" (SBA), der unter der
französischen Ratspräsidentschaft massiv gefördert wurde. Die
institutionelle Umsetzung scheiterte bisher vor allem an der
Opposition Deutschlands. Was jedoch kein Hindernis sein sollte, dass
Österreich diese lobenswerte EU-Initiative auf nationaler Ebene
aufgreiftund in die Tat umsetzt.
Die Grundidee des SBA ist es, bei jeder geplanten gesetzgebenden
Maßnahme vorweg ihre Auswirkungen auf die KMUs zu überprüfen. Darüber
hat ein eigener KMU-Kommissar zu wachen - eine Funktion, die in
Brüssel "nebenberuflich" von Kommissionsvizepräsident Günter
Verheugen wahrgenommen wird. Auch in Österreich muss ein derartiger
KMU-Verantwortlicher mit entsprechender Kompetenz ausgestattet sein,
damit das ganze nicht nur eine politische Feigenblattfunktion
erfüllt. Diese Stelle sollte auch die Macht haben, eigene
Gesetzesinitiativen -etwa das von der Kfz-Wirtschaft geforderte
Mittelstandsgesetz -zu starten.
Dazu zählt die Adaptierung des Handelsvertretergesetzes, das zum
Schutz der wirtschaftlich Schwächeren und Abhängigen geschaffen
wurde. In abgewandelter Form sollte es für alle Vertragshändler und
Franchisenehmer zwingend anwendbar sein - nicht nur durch Judikatur
und "Richterrecht" in Einzelfällen.Dazu würden Kündigungs- und
Investitionsschutz, Schiedsklauseln und all jene Bestimmungen, die
derzeit auf EU-Ebene in der Kfz-GVO verankert sind, gehören. Laut den
Vorstellungen des Kommissionspräsidenten José Barroso sollen künftig
entsprechende nationale Gesetze für den Schutz der KMUs sorgen.
Dazu gehört auch, die Spielregeln zwischen mächtigen Großen und
ohnmächtigen Kleinen durch eine verstärkte Anwendbarkeit des
Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuchs, das derzeit zwischen Kaufleuten
leicht ausschaltbar ist, in geordnete Bahnen zu lenken. Maßnahmen,
die eigentlich bei allen politischen Parteien auf offene Ohren stoßen
müssten. Die bevorstehenden Kammerwahlen wären da ein geeigneter
Zeitpunkt, dass die Wirtschaft der Ministerin bei derartigen
Aktivitäten hilfreich und konstruktiv zur Seite steht.