Dipl.-Ing. Walter Busek, Geschäftsführer der TÜV Automotiv GmbH, bringt die Sache auf den Punkt: "Sowohl Produktzertifizierungen als auch Systemzertifizierungen sind mit hohen Kosten verbunden, um die niemand in der Branche herumkommt. Andererseits bringen Normen Autobauern und Endkunden erhebliche Sicherheiten."

Importeure machen Druck

Mit der Erfüllung einer Norm, beispielsweise ISO 9001, ist es längst nicht mehr getan. Eine Vielzahl unterschiedlicher Zertifikate muss vorgelegt werden, um überhaupt ins Geschäft kommen zu können. Importeure machen da entsprechenden Druck: Wird nicht jährlich ein gültiger Bericht über ein Überwachungsaudit vorgelegt, dann drohen der Verlust des Händlervertrags oder Änderungen im Bonussystem zum Nachteil des Händlers. Die Kosten für anerkannte Zertifizierungen sind nicht unerheblich und bleiben dem Endkunden meist verborgen. Busek gibt ein Beispiel: Wird eine Zertifizierung nach ISO angestrebt, so hat ein kleiner Händler mit beispielsweise sechs Mitarbeitern mit Kosten von mindestens 1.100,-Euro für das reine Zertifikat zu rechnen. Doch bis er das in Händen hält, fallen Kosten etwa in der Höhe des Zehnfachen an -Beratungshonorare und Systemumstellungskosten. Keine geringen Belastungen, bei den bekannten Margen, die der Verkauf eines Neuwagens bringt. Lässt der Autohändler all das über sich ergehen, so ist die Angelegenheit noch lang nicht abgeschlossen. Jährlich müssen Überwachungsaudits absolviert werden, alle drei Jahre ist eine Rezertifizierung nötig. Schwindeln ist nicht möglich, jederzeit ist nachvollziehbar, wann welche Audits erledigt wurden.

Zulieferer im Fadenkreuz

Zulieferbetriebe -egal welche Teile sie liefern, ob es ein simpler Drehknopf für ein Autoradio ist oder ein hochkomplexer Drehmomentwandler -müssen sich an den Normsystemen der Autobauer orientieren. Der Verband der Deutschen Automobilindustrie erarbeitete die derzeit gängige Norm VDA 6.01. Gleichermaßen wesentlich: ISO TS 16949. In den USA gilt QS 9000 der Automotiv Industry Action Group aus Detroit. Japanische und asiatische Hersteller haben wiederum eigene Normsysteme, italienische Produzenten nutzen die US-amerikanischen. Ein Verhandeln mit Herstellern über diese Normenvorgabe ist zwecklos. Bevor ein Einkäufer eines Autobauers überhaupt ein Angebot eines Zulieferbetriebes näher betrachtet, checkt er, ob die Zertifizierungssituation des Anbieters O.K. ist. In Österreich bietet die TÜV-Gruppe mit Partnern Zertifizierungsprozesse für die Automobilbranche an. Auch hier gilt: Die Auditoren müssen genauso zertifiziert sein und sich Folgeaudits unterwerfen wie die zu prüfenden Produkte oder Organisationen wie Autohäuser. Im TÜV Austria hat man die Erfahrung gemacht, dass nahezu alle einmal zertifizierten Betriebe bemüht sind, ihre Zertifikate aufrecht zu erhalten -eine Alternative wäre ohnehin nicht vorhanden. Gehen Controller auf die Jagd nachEinsparungspotenzialen, so scheint es auf den ersten Blick verlockend, bei den Zertifizierungskosten fündig zu werden. Fehlanzeige. Zertifizierungen auszusetzen ist den Bauern vergleichbar, die das Saatgut verfüttern und spätestens bei der nächsten fälligen Aussaat mit leeren Händen am Feld stehen.

Dellendrücker

Es muss nicht das Zertifikat für einen neu entwickelten Hybridmotor sein: Für Karosseriebetriebe, die auch als Dellendrücker arbeiten, gibt es vom TÜV-Austria ein Dellendrückerzertifikat. Das Prüfzeugnis gilt als Qualitätsbeweis für Kunden und Versicherungen.