Im ersten Halbjahr sind die Insolvenzen in der Autobranche deutlich
zurückgegangen. Wird der Pleitegeier zur bedrohten Tierart?
Für Hannes Krisper wird es ein schwacher Trost sein: Mit seinem erst
im Oktober 2007 übernommenen Fiat-Autohaus in Klagenfurt war er für
die größte Autohauspleite des ersten Halbjahrs verantwortlich. Doch
insgesamt, sind sich die Kreditschützer einig, hat sich die Situation
der Branche gegenüber den vorangegangenen Jahren deutlich verbessert.
"Mittlere Bonität"
Laut dem Gläubigerschutzverband Creditreform haben zwischen Jänner
und Mitte Juni insgesamt 87 Kfz-Betriebe einen Insolvenzantrag
gestellt. Vor einem Jahr waren es noch 95, im ersten Halbjahr 2009
sogar 109.43 Verfahren wurden heuer eröffnet, die verbleibenden 44
mangels Masse abgewiesen. Mit einem Anstiegvon 16 auf 18 Insolvenzen
gab es in Niederösterreich die meisten Kfz-Pleiten, gefolgt von der
Steiermark (17) und Oberösterreich (13). In Wien, 2010 mit 29 Fällen
der klare Spitzenreiter, wurden dagegen nur 11 Insolvenzen
verzeichnet.
Die Kapitalausstattung der gescheiterten Betriebe war verheerend,
berichtet Mag. Gerhard Weinhofer, Geschäftsführer von Creditreform:
"Die durchschnittliche Eigenkapitalquote der Insolvenzen lag bei
minus 40 Prozent." Dennoch sei der Bonitätsindex der Branche nicht so
schlecht wie vielerorts kolportiert, verweist Weinhofer auf den Wert
von 283: "Das ist eine mittlere Bonität."
Nur eine Momentaufnahme?
Beim Kreditschutzverband von 1870 bestätigt man die positive
Entwicklung der Insolvenzzahlen. In der relevanten Branchengruppe
habe es bis Ende Juni 45 eröffnete Insolvenzen mit 25,2 Millionen
Euro an Passiva gegeben. "Im Vergleichszeitraum 2010 waren es dagegen
56 Verfahren und 32,1 Millionen Euro", sagt Dr. Hans-Georg Kantner,
Leiter der Insolvenzabteilung.
Branchenübergreifend registrierte der KSV einen Rückgang um rund 3
Prozent auf 1.672 eröffnete Verfahren, die Verbindlichkeiten gingen
gar um mehr als 30 Prozent auf 1,1 Milliarden Euro zurück. "Sobald
jedoch die Zinsen steigen, und das werden sie möglicherweise bereits
im laufenden Jahr, wird sich derderzeit eher ruhig anmutende
Insolvenzverlauf wieder verschärfen", mahnt Kantner. Noch etwas trübt
den positiven Zwischenbefund: Die Zahl der eröffneten Privatkonkurse
ist im ersten Halbjahr um mehr als 8 Prozent auf 4.970 gestiegen.
Keine Entwarnung
Entsprechend zurückhaltend fällt die Lagebeurteilung in der Branche
selbst aus. Zwar hätten sich die Durchschnittsrenditen in den
vergangenen Monaten "eindeutig verbessert", doch sei dies angesichts
der jahrelang verzeichneten Verluste auch dringend nötig gewesen,
meint Denzel-Vorstand Komm.-Rat Ing. Alfred Stadler.
"Derzeit ist die Ertragsentwicklung vor allem deshalb positiv, weil
die Nachfrage größer ist als das Angebot", sagt Dr. Alexander
Martinowsky, Vorstandsdirektor von Wiesenthal. Die
Gebrauchtwagenbestände seien ausgedünnt, die Lieferzeiten bei
Neufahrzeugen "nach wie vor relativ lang". Ein dauerhafter Trend sei
daraus aber nicht abzuleiten. Hinzu komme die gesamtwirtschaftlicheUnsicherheit, verweist Martinowsky auf die strauchelnden
Volkswirtschaften in Südeuropa: "Es ist nicht auszuschließen, dass
wir in ein paar Monaten wieder dort stehen werden, wo wir 2009
gewesen sind."