Das in Kürze im Parlament zur Abstimmung stehende "Bundesgesetz zum Schutz gebundener Kfz-Unternehmer" bestätigt nicht nur die Bemühungen der handelnden Personen: Es zeigt auch eindrucksvoll, dass es sich bei dem 2008 in Brüssel beschlossenen "Small Business Act" zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeitvon Klein-und Mittelbetrieben nicht nur um ein Lippenbekenntnis handelt.

Sozialpartnerschaftliche Lösung

Bis 31. Mai 2013 können sich die Kfz-Betriebe bei ihrer Zusammenarbeit mit ihren Kfz-Importeuren auf die Kfz-Gruppenfreistellungsverordnung (GVO) 1400/2002 verlassen. Danach klafft rechtlich ein riesiges schwarzes Loch. Das ersatzlose Ende dieser EU-Vorschrift hätte für Vertragshändler und Vertragswerkstätten eine Rechtsunsicherheit geschaffen, der man nun sozialpartnerschaftlich zu Leibe gerückt ist. Keine leichte Aufgabe, da vorweg innerhalb der Wirtschaftskammer der vorgeschriebene Interessenausgleich zwischen Händlern und Importeuren herzustellen war. Dies scheint gelungen zu sein -ein Beweis des guten Willens, der am Beginn der Diskussionen alles andere als gewiss war.

Keine juristischenÜberraschungen

In der Folge war das Justizministeriums am Zug. Dort entschlossen sich die Legisten unter der Federführung von Sektionschef Dr. Georg Kathrein, die derzeit im EU-Wettbewerbsrecht verankerten Schutzbestimmungen auf nationaler Ebene ins Zivilrecht zu transferieren. Eine Vorgangsweise, die bereits 2009 von den Brüsseler Wettbewerbshütern anlässlich des geplanten Endes der Kfz-GVO vorgeschlagen worden war: Sie hatte zur Umsetzung dieser Idee allerdings auf die Kompetenz der nationalen Parlamente verwiesen.

Dieösterreichischen Ministerialjuristen mussten somit kein rechtliches Neuland schaffen, sondern konnten an das derzeit noch gültige EU-Recht anknüpfen. Der vom Ministerium vorgelegte Gesetzesentwurf birgt daher weder für Hersteller noch für die von ihnen vertraglich gebundenen Kfz-Händler irgendwelche Überraschungen. Im Folgenden die Details:

Das neue Gesetz erfasst all jene Kfz-Verträge, für die schon bisher die Kfz-GVO 1400/2002 galt.

Vertragsklauseln, die zum Nachteil des "Gebundenen" dagegen verstoßen, sind unwirksam.

Unbefristete Verträge können mit Zweijahresfrist sowie bei "Strukturkündigungen" einjährig gekündigt werden.

Bei Vertragsende kann der Händler Lagerware an den bindenden Lieferanten zurückverkaufen, was auch der bisherigen Judikatur des OGH entspricht.

Für Gewährleistungs-und Garantiearbeiten ist vom Importeur ein "notwendiger und nützlicher Aufwand" zu ersetzen.

Vertriebsverträge können innerhalb des Markennetzes an Markenkollegen übertragen werden, soweit dem nicht wichtige Gründe entgegenstehen.

Streitigkeiten aus der Vertriebsbindung sind vorweg zwingend einer Schlichtungsstelle oder einem Mediator zu unterbreiten. Erst danach ist eine Klage zulässig.

Internationale Vorreiterrolle

Wenn alles klappt, wird das neue Gesetz mit 1. Juli 2012 in Kraft treten. Es bleibt den einzelnen Marken somit genügend Zeit, davon abweichende Verträge an die neue österreichische Rechtslage anzupassen. In gewisser Weise darf sich Österreich damit tatsächlich als "Insel der Seligen bezeichnen: Schließlich sind wir das erstes Land Europas, in dem der von der EU vorgeschlagene "Code of Conduct" tatsächlich rechtsverbindlich wird.

Komm.-Rat Burkhard Ernst

Bundesgremialobmann des Fahrzeughandels

"Im Prinzip haben wir mit dieser Mittelstandsinitiative einiges bewegen können", freut sich Ernst über den gelungenen Wurf: "Wenn sich einzelne Herstellervertreter damit nicht identifizieren können, ändert das am Ergebnis nichts." Es liege nun an den Händlerverbänden, auf Basis dieses Gesetzes die Details mit ihren Importeuren auszuhandeln. "Für die Kammer ist dieses Thema abgeschlossen", verweist Ernst bei der Lösung allenfalls strittiger Vertragsklauseln auf die nunmehr zwingend vorgeschriebene "außergerichtliche Streitbeilegung".

Mag. Ingo Natmessnig

Vorsitzender des Arbeitskreises der Automobilimporteure

Für den scheidenden Importeurssprecher war es wichtig, zusammen mit dem Lenkungsausschuss das Endlos-Thema "Gewährleistungsregress" endlich einer gemeinsamen Lösung zuzuführen. "Dafür haben wir auf der anderen Seite Zugeständnisse gemacht", so Natmessnig. Diese hätten sich jedoch auf Punkte beschränkt, die schon bisher in den Verträgen verankert gewesen seien. "Alles andere hätte nur Unruhe gebracht", sieht Natmessnig in der weiten Formulierung des neuen Gesetzes Möglichkeiten, auch unterschiedliche Usancen einzelner Importeure zu berücksichtigen.

Mag. Ing. Johann Jobst

Obmann des VÖK

"Was partnerschaftlich eine Selbstverständlichkeit ist, wurde nun in ein Gesetz gegossen", ist für Jobst das neue Gesetz die Kodifizierung der schon derzeit geltenden Vertragspraxis. "Das ist für alle Beteiligten eine Win-win-Situation", verweist der Obmann des Dachverbands aller Markenvereine darauf, dass "schließlich auch die Importeure bei ihren Herstellern gelegentlich unter Druck kommen". Künftig können sich alle auf eine einheitliche, für jeden Österreich-Importeur gleichermaßen geltende Vorschriften berufen.

Komm.-Rat Ing. Josef Schirak

Einzelhandelssprecher im Bundesgremium des Fahrzeughandels

Nach sechsjährigen Verhandlungen, die schon von seiner Vorgängerin Komm.-Rat Leopoldine Schwandl gestartet wurden, war es für Schirak höchste Zeit für einen Abschluss. "Die gegenseitige Beteuerung der Zusammenarbeit wurde nun in die Tat umgesetzt", verweist er auf Vorarbeiten, die bereits der ehemalige Importeurssprecher Peter Leißing im Zusammenhang mit einer angemessenen Entlohnung der Garantie-und Gewährleistungsarbeiten erbracht hat. "Eigentlich sollte dafür gar kein Gesetz erforderlich sein", lag es aus Sicht von Schirak im Interesse aller Beteiligten, noch vor dem Auslaufen der Kfz-GVO klare rechtliche Rahmenbedingungen zu schaffen.

Mag. Othmar Karas

EU-Abgeordneter

Karas kämpfte schon 2009 in Brüssel dafür, dass die Kfz-GVO um 10 Jahre verlängert wird. Dies sei "im Sinne von Rechtssicherheit und Planungssicherheit" dringend erforderlich, wandte er sich damals direkt an Kommissionspräsident José Baroso. "Ein Infragestellen des bestehenden Rechtsrahmens ist füralle Wirtschaftsbeteiligten ein unkalkulierbares Risiko", warnte der ÖVP-Mandatar eindringlich. Der von der Kommission angepeilte "Wohlverhaltenskodex" sei dafür kein adäquater Ersatz. Darüber hinaus sei es bei Garantie-und Gewährleistungsarbeiten unbedingt erforderlich, "die Möglichkeit des Letztverkäufers, den Hersteller in Regress zu nehmen", gesetzlich klar zu verankern.

Komm.-Rat Mag. Dr. Gustav Oberwallner

stellvertretender Bundesgremialobmann des Fahrzeughandels

Für den Chefverhandler auf Händlerseite ist das neue Gesetz nach dem bereits verankerten Investitionsschutz ein weiterer wichtiger Schritt zur Absicherung von Kleinund Mittelbetrieben. Offen bleibt jedoch das Problem des Mehrmarkenvertriebes. "Da hat die Geschlossenheit der Händler gefehlt", siehter in diesem Punkt 2013 noch einige Probleme auf die Branche zukommen.