Der spektakuläre "Pickerl-Prozess" in Eisenstadt endete doch noch mit
einem Freispruch. Dennoch sollten Werkstätten bei der
§-57a-Überprüfung auf der Hut sein.
Über zwei Jahre lang musste Martin Arnold zittern: Wie in der letzten
AUTO&Wirtschaft berichtet, wurde dem burgenländischen
Kfz-Technikermeister Amtsmissbrauch vorgeworfen, nachdem eine Kundin
von privat einen 13 Jahre alten Ford Escort Kombi erworben hatte. Für
das 1.300-Euro-Auto, vor dessen Rostschäden sie gewarnt worden war,
gab es in der Folge aufgrund korrodierter Längsträger kein "Pickerl"
mehr. Dies hätte Martin schon bei der letzten §-57a-Überprüfung, ein
Jahr und 15.000 Kilometer davor, erkennen müssen, so die Aussage
eines branchenfremden Sachverständigen.
Das gerade einmal elfzeilige Gutachten reichte für eine Verurteilung
in erster Instanz aus. Das Oberlandesgericht Eisenstadt gab der
Berufung jedoch recht, am 25. April fiel die endgültige Entscheidung:
Martin wurde mangels Vorsatz und Wissentlichkeit freigesprochen.
Sieg der Gerechtigkeit
"Das ist das einzige gerechte Urteil", freute sich Friedrich Nagl,
Bundesinnungsmeister der Kfz-Techniker, nach der Verhandlung.
Gemeinsam mit seinem Funktionärskollegen Josef Puntinger hatte er den
Prozess genau verfolgt. Schließlich handelte es sich um ein
Musterverfahren. "Wäre das Urteil anders ausgefallen, hätte das einen
Rattenschwanz an Verfahren nach sich gezogen. Kein §-57a-Prüfer hätte
mehr ruhig schlafen können", so Nagl.
Dokumentation per Foto
Gebannt ist die Gefahr freilich noch nicht. Das zähe Eisenstädter
Verfahren zeigte, wie realitätsfern die Justiz zuweilen agiert: Die
beinahe zwei Jahre nach dem gegenständlichen "Pickerl" getroffene
Ferndiagnose eines einundsiebzigjährigen Sachverständigen, der zwar
studierter Verkehrstechniker ist, doch keinerlei Erfahrung in
Kfz-Werkstätten hat, hätte beinahe für eine Verurteilung ausgereicht.
Der Rat, den Nagl seinen Mitgliedsbetrieben gibt, ist daher klar:
"Wir müssen bei §-57a-Überprüfungen so umsichtig wie nur möglich
vorgehen." Am besten sei es, schon bei "nur entferntest verdächtigen
Fällen" den Fahrzeugzustand fotografisch festzuhalten. Ein paar
Bilder auf der Festplatte können schlussendlich entscheidend sein,
wenn wieder einmal Kfz-Technikervor den Kadi gezerrt werden.