In keinem Land klagen so viele Autohändler über unfaire
Handelspraktiken wie in Österreich. Hört die EU-Kommission den
Hilferuf?
Am 31. Mai 2013 wird die Kfz-GVO bekanntlich auslaufen. Ab dann
gelten für den Fahrzeughandel die gleichen Rahmenbedingungen wie für
den Verkauf von Waschmaschinen, Tretrollern oder Speiseeis: Vorbei
ist es mit Händlerschutzbestimmungen wie der zweijährigen
Kündigungsfrist, der Pflicht zur Kündigungsbegründung oder dem Recht
zum Abschluss zusätzlicher Markenverträge.
Nationale Bemühungen wie die österreichische
"Kfz-Mittelstandsinitiative" könnten teilweise Abhilfe schaffen. Doch
in Brüssel, wo die Europäische Kommission die tatsächlichen
Rahmenbedingungen festlegt, hatte man lange Zeit kein Ohr für die
Klagen des wirtschaftlich benachteiligten Einzelhandels - bis zumSommer 2011, als im Internet eine Umfrage über "unfaire
Handelspraktiken zwischen Unternehmen" gestartet wurde. 746
Unternehmen haben sich daran beteiligt, mit 34 Prozent aller
Antworten war der Autohandel doppelt so stark vertreten wie die
zweitstärkste Branche.
Massiver Unmut
Unter den 250 antwortenden Kfz-Betrieben hatte ein Land ganz klar die
Nase vorn: 36 Prozent aller Umfrageteilnehmer kamen ausÖsterreich,
die viel größeren Märkte Deutschland und Polen waren dagegen nur für
14 bzw. 15 Prozent verantwortlich. Die Detailantworten der Firmen
lassen es unterdessen an Deutlichkeit nicht missen: 87 Prozent aller
europäischen Autohändler erklärten, in den vergangenen zwei Jahren
Opfer unfairer Praktiken ihrer Importeure geworden zu sein.
Mehr als acht von zehn Autohändlern wurden laut eigenem Bekunden vor
dem eigentlichen Vertragsabschluss übervorteilt: 47 Prozent fühlten
sich beispielsweise nicht ausreichend über die künftigen
Vertragsbedingungen informiert. Weitere 77 Prozent klagten über eine
unfaire Behandlung während der Vertragslaufzeit, ganze 86Prozent
machten auf nachteilige Bestimmungen bei einer Vertragsauflösung
aufmerksam.
Autobranche als Sonderfall
Mit dieser gehäuften Kritik hebt sich die Autobranche deutlich von
anderen Wirtschaftszweigen, in denen freilich auch nicht Milch und
Honig fließen, ab. Das wurde auch der EU-Kommission bei der
Auswertung der Daten bewusst: Sie analysierte in ihrer rund 50 Seiten
starken Auswertung den Kfz-Sektor separat von anderen Branchen.
Das freut die Interessenvertreter: "Wir haben schon immer darauf
hingewiesen, dass der Autohandel aufgrund seiner Besonderheiten
eigene Rahmenbedingungen benötigt", sagt Bernard Lycke,
Generalsekretär der europäischen Kfz-Gewerbevereinigung CECRA. Auch
für deren österreichisches Vorstandsmitglied Mag. Dr. Gustav
Oberwallner sind "sektorspezifische Rahmenbedingungen unabdingbar".
Naive Vorstellungen
Wird die Umfrage ausreichen, um in die EU-Kommission noch vor dem Mai
2013 ein Umdenken auszulösen? Wohl kaum, doch mit dem starken Votum
der Branche wurde ein wichtiger Schritt in Richtung mittelfristiger
Änderungen gesetzt. Dass der Automobilvertrieb sich von allein zum
Wohle der Konsumenten reguliert, wie die Verantwortlichen für den
GVO-Wegfall naiver Weise annahmen, wurde durch das starke Votum der
Händler - und hier besonders der österreichischen Unternehmen -
jedenfalls eindrücklich widerlegt.