Als Wang Fengying, Präsidentin des chinesischen Autoherstellers Great Wall, im Mai 2009 zusammen mit dem bulgarischen Premierminister Sergej Stanischew und dem Unternehmer Grischa Gantschew auf einem Feld beim Dorf Bachowiza nahe Lowetsch den Grundstein für ein Autowerk legte, waren viele Beobachter skeptisch. Doch inzwischen sind die Hallen fertig. Litex Motors, so der Name der neuen Autofirma, hat bis Mitte Dezember mehr als zehn Pilotexemplare des Fließheckmodells Great Wall Voleex C10 und des Pick-ups Steed zusammengebaut. In Zukunft will man auch das SUV-Modell Hover H5 bauen.

Im ersten Quartal 2012 soll das Werk feierlich eröffnet werden. Heute werden in der Fabrik die ersten 120 Mitarbeiter beschäftigt, die vorerst einige tausend Autos montieren werden. Irgendwann sollen an die 2.000 Personen bis zu 50.000 Autos pro Jahr bauen. Litex Motors hat bereits in Bulgarien ein Netz mit 13 Händlern etabliert. Zu den erstenExportmärkten dürften Rumänien und die Türkei zählen.

Vom Fußball zu Autos

Die Firma Litex Motors, an der Great Wall beteiligt ist, ist ein Teil des Imperiums Litex Commerce von Grischa Gantschew. Das Unternehmen ist auf verschiedenen Gebieten tätig. Gantschew ist auch Eigentümer des Fußballklubs PFC Litex Lowetsch, der in den letzten zwei Jahren die Liga gewonnen hat.

Das Werk ist der neueste bulgarische Versuch zur Etablierung einer eigenen Autoproduktion. In kommunistischen Zeiten wurden im nahen Lowetsch russische Moskwitsch und zeitweise gar westliche Fiat- und Renault-Modelle montiert. Anfang der 90er-Jahre hat man in Warna britische Rover Maestro montiert, doch das Projekt war nach kurzer Zeit gescheitert.

Europäische Präsenz

Litex Motors zählt zu den ersten Werken im EU-Raum, die chinesische Autos bauen. In Italien montiert die Firma DR einige Chery-Modelle unter eigener Marke für den lokalen Markt. In Großbritannien wird der MG6 in Longbridge endmontiert. Im polnischen Lublin hat der Landmaschinenhersteller Pol-Mot Warfama 2010 mit der Montage des Pick-ups Zhongxing Grand Tiger begonnen, doch die Stückzahlen sind vernachlässigbar.

Länger und intensiver ist die Präsenz der Chinesen in Russland und der Ukraine, doch auch dort sind die absoluten Zahlen bescheiden. So wurden in Russland in den ersten elf Monaten 2011 nur rund 50.000 chinesische Autos verkauft, was etwa zwei Prozent des Gesamtmarktes entspricht. Dabei wird der größere Teil dieser Autos in Russland montiert und zum Teil sogar unter lokalen Markennamen verkauft.

Schwierige Chinesen

Russen, die sich seit mehreren Jahren mit dem Import oder der Montage von chinesischen Autos beschäftigen, beklagen immer wieder mangelnde Unterstützung der chinesischen Partner. Das Autowerk Derways in Tscherkessk montiert beispielsweise Lifan-, Geely- und Haima-Modelle. Bei Lifan und Haima ist Derways auch für den Vertrieb zuständig. Die Russen kaufen in China Montagesätze und verkaufen in Russland die kompletten Autos.

Dank Derways ist Lifan heuer mit rund 16.000 bis Ende November verkauften Autos die erfolgreichste chinesische Marke in Russland.

Doch Derways-Vizepräsident Alexander Romanow würde sich eine Unterstützung seitens der Chinesen wünschen: "Der Verkauf des Haima3 läuft nicht optimal, wir haben bei der Preisbildung einen Fehler gemacht", klagt er Nun werde mit den Chinesen über eine Preisreduktion verhandelt. "Vielleicht müssen wir die Montagedes Haima3 einstellen", so Romanow. Das zeigt, dass der Erfolg chinesischer Importware selbst auf vergleichsweise leicht zugänglichen Märkten wie Russland nicht vorprogrammiert ist.