Sind Lehrlinge wirklich so schlecht wie der Ruf, der ihnen bei so
manchem Werkstattinhaber vorauseilt? Wie viele Bewerber benötigt man,
um einen geeigneten Kandidaten zu finden? Und wo rekrutiert man den
Nachwuchs? Diese Fragen stellten wir diesmal -und erhielten
überraschende Antworten.
"Wir können uns die Besten aussuchen"
10 Lehrlinge hat die Wolfgang Denzel Auto AG in Salzburg beschäftigt,
jährlich kommen laut Wolfgang Dumböck, Leiter des Kundencenters, 2
bis 3 neue. "Wir haben derzeit genug Bewerbungen", sagt Dumböck: "Die
Sache mit den Lehrlingen läuft sehr gut." Die Kandidaten kämen laut
den Worten des Autohaus-Chefs aus der Stadt Salzburg und aus den
Umlandgemeinden:"Die Qualität ist nicht wirklich schlechter
geworden. Und wir können uns die Besten aussuchen."
"Nach Weihnachten zu suchen beginnen"
23 Lehrlinge werden an den fünf Standorten von Toyota Ellensohn in
Vorarlberg und Tirol ausgebildet. Wirkliche Nachwuchssorgen hat Mag.
Ernst Ellensohn zwar nicht. "Gute Leute zu finden ist aber nicht mehr
so einfach wie früher", resümiert Ellensohn: "Grundvoraussetzung ist,
rechtzeitig zu suchen -wenn möglich gleich nachWeihnachten."
Ellensohn sucht den Nachwuchs entweder direkt in den Schulen oder in
regionalen Zeitungen. "Aber es gibt auch einige Eigenbewerbungen."
"Die Auswahl erfolgt durch die Zentrale"
Keine Krise am "Nachwuchsmarkt" erkennt Martin Puecher,
Geschäftsführer von Porsche Kufstein. "Wir sind in den vergangenen
Jahren zu sehr guten Lehrlingen gekommen", sagt er: Zu verdanken sei
dies zwei Dingen: einerseits den vielen guten Bewerbern aus Kufstein
und Umgebung, andererseits auch dem Auswahlverfahren durch die
Zentrale von Porsche Inter Auto inSalzburg. "Dieses System hat sich
sehr gut bewährt." Dadurch gebe es auch sehr wenige Ausfälle während
der Lehrzeit: "Das letzte Mal hat vor acht Jahren ein Lehrling die
Lehre vorzeitig beendet."
"Heuer erstmals zu wenig Leute"
Dipl.-Ing. Gustav Esthofer, Chef eines Mehrmarkenbetriebes mit sechs
Standorten in Oberösterreich, ist etwas verunsichert. "Heuer hatten
wir das erste Mal zu wenig qualifizierte Bewerber, um alle
Ausbildungsplätze zu besetzen", sagt er. 10 bis 15 Lehrlinge in den
Bereichen Kfz-Techniker bzw. Karosserie nimmt sein Unternehmen
jährlich auf. "Offenbar bekommen wir jetzt die Alterspyramide zu
spüren", sagt Esthofer : "Wir müssen nun wohl beginnen, intensiv an
den Hauptschulen um Lehrlinge zu werben. Das haben wir bisher nicht
notwendig gehabt."
"Die Masse ist vorhanden"
Walter Aichwalder, Inhaber eines DAF-Betriebes in Klagenfurt und
Innungsmeister der Kärntner Kfz-Techniker, hat seine eigenen
Vorlieben bei der Suche nach neuen Lehrlingen entwickelt. "Mir sind
HTL-Abbrecher am liebsten", sagt Aichwalder: "Die haben was im Kopf."
Denn viele andere Jugendliche würden in den Volks-und Hauptschulen
und teilweise auch in den Gymnasien gar nicht mehr richtig lesen und
schreiben lernen. "Dabei wird es in unserem
Beruf immer schwieriger, mit Computern und Testgeräten zu arbeiten.
Die Masse an Kandidaten wäre ja vorhanden. So viele können wir gar
nicht ausbilden."
"In jedem Jahr 10 bis 20 Bewerber"
In der Oststeiermark scheint die Lehrlingswelt noch in Ordnung zu
sein: "Wir führen eine Marke, die die Jugendlichen sehr gut anspricht
und haben daher auch stets 10 bis 20 Bewerber für unsere
Lehrstellen", sagt Christian Harb, Chef des gleichnamigen
Seat-Autohauses in Weiz. "Viele davon kommen schon im Frühjahr, um zu
schnuppern." Harb nimmt 1 bis 2 Lehrlinge pro Jahr auf: "Mittlerweile
sind in unserer Werkstatt bis auf 2 Mechaniker nur selbst
ausgebildete Leute."
"Muss die Probezeit aktiv nutzen"
"Wenn man sich um die Menschen kümmert und Zeit und Energie
investiert, dann wird man immer gute Leute finden", kommentiert Ing.
Gernot Keusch, Inhaber von Auto Stahl, die Situation: 2 bis 5
Lehrlinge benötigt er für seine beiden Standorte in Wien 20 und Wien
23 pro Jahr: "Der Auswahlprozess ist sicher nicht einfach. Man muss
auch die Probezeit aktiv nutzen, damit man nicht später Probleme
hat." Ihm falle auf, dass das Bildungsniveau gesunken sei: "Doch da
ist auch das System schuld, wo die Kinder nicht mehr durchfallen
können. Die Lehrer haben ja keine Macht mehr."
"Wir müssen immer öfter Papa spielen"
Für die außergewöhnlichen Leistungen in der Lehrlingsausbildung wurde
das Autohaus Narowetz in Brunn am Gebirge Anfang November von
Wirtschaftsminister Dr. Reinhold Mitterlehner ausgezeichnet: "Wir
haben derzeit 13 Lehrlinge", sagt Ing. Andreas Neumann, einer der
beiden Geschäftsführer. "Die Qualität der Lehrlinge ist nicht
schlechter geworden als früher." Er könne aufgrund der vielen
Bewerbungen von interessierten Lehrlingen Gott sei Dank aus dem
Vollen schöpfen, meint Neumann: "Doch wir müssen immer öfter Papa
spielen, denn die Qualität im Elternhaus lässt nach."
"Die Lehrer in der Grundschule sind schlechter geworden"
Man dürfe die Schuld nicht auf die Lehrlinge schieben, sagt Ing.
Josef Wiener, Innungsmeister der burgenländischen Kfz-Techniker und
Inhaber eines Autohauses in Eltendorf. "Es ist ja leider so, dass die
Qualität der Lehrer an den Volks-und Hauptschulen schlechter geworden
ist als früher. Gefördert werden ja nur noch jene Schüler, die weiter
zur Schule gehen und später studieren sollen", klagt Wiener. In
Anbetracht dessen müsse man mit der "Qualität des Materials an
Lehrlingen", wie sich Wiener ausdrückt, zufrieden sein.