Vor fast 2 Jahren haben deutsche Journalisten den
VW-Vertriebsvorstand Christian Klingler gefragt, ob er sich mit der
Integration der Porsche Holding den direkten Zugriff auf weite Teile
des Einzelhandels sichern wolle. Der gebürtige Innsbrucker, selbst
bei Porsche groß geworden und von 2004 bis 2008 Mitglied der
Salzburger Geschäftsführung, hat ausweichend geantwortet: "Richtig
ist, dass die Porsche Holding einer der professionellsten und extrem
erfolgreichsten Einzel-und Großhändler in Europa und der Welt ist.
"
Markantes Datum
Mittlerweile zeigt sich, was hinter der Diplomatie steckt: Zum
Jahreswechsel wird die Porsche Holding den Import der Marke VW in
Kolumbienübernehmen. Für die Salzburger ist dies das erste
außereuropäische Engagement im unmittelbaren Konzernauftrag (in China
ist man Einzelhändler für Porsche-Sportwagen und BMW). Gleichzeitig
wird eine der letzten Lücken in Zentraleuropa geschlossen, wenn
Porsche ebenfalls per 1. Jänner zum Importeur von VW, Audi und Seat
in Tschechien avanciert.
In noch einer Hinsicht ist der Jahreswechsel markant: Ab diesem Datum
wird Alain Favey, zuletzt europäischer Vertriebschef für die Marke
VW, an der Spitze der Porsche Holding stehen. Der
achtundsechzigjährige Wolf-Dieter Hellmaier, seit 1971 im Unternehmen
tätig und unter anderem für das erfolgreiche Engagement in Osteuropa
verantwortlich, tritt in den Ruhestand. Favey mag zwar mit einer
Österreicherin verheiratet sein, doch der langjährige
Citroën-Konzernmanager ist als erster Chef der Porsche Holding kein
"Eigengewächs".
Neue Märkte, neue Gefahren
InÖsterreich fragt sich daher so mancher Beobachter, ob der
Marktführer seine bisherige Politik beibehalten werde: Diese
zeichnete sich durch Konstanz und Umsicht aus, bei Kurzzulassungen
und Rabattschlachten hielt sich die Porsche in der Regel zurück. Wie
passt das zum unmittelbar stückzahlgetriebenen Denken eines
Herstellers? International stehen die Zeichen auf weiterer Expansion.
Kolumbien dürfte nicht der letzte Importmarkt in Südamerika gewesen
sein, in Osteuropa könnten die aktuellen Veränderungen in Polen auf
ein Porsche-Engagement hinaus laufen. Das westliche Kontinentaleuropa
wird schon beinahe vollständig im Einzelhandel bearbeitet -allerdings
zum Großteil von der "PGA" genannten Division für konzernfremde
Marken. Wie lange werden diese Hersteller ihren schärfsten
Wettbewerber als Vertragshändler tolerieren?
Selbstständigkeit wahren
Bislang hatte Klingler mit seinen lobenden Worten für die Porsche
Holding zweifellos Recht. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor war die
einzigartige Integration aller automotiven Geschäftsprozesse, ein
zweiter eine gewisse Unabhängigkeit von Konzernentscheidungen.
Wolfsburg wäre gut beraten, Salzburg eine Selbstständigkeit zu
belassen, die über dasbranchenübliche Maß hinausreicht: So gut wie
alle anderen Hersteller schreiben mit ihren Einzelhandelstöchtern
nämlich nur Verluste.