Die Pleite von Saab hinterlässt viele Opfer: Saab-Mitarbeiter,
Lieferanten, aber auch Saab-Fahrer und Saab-Händler in Österreich.
Manche -wie etwa Alois Weber vom Autohaus Wien Oberlaa -versuchen zu
helfen, soweit es geht. Andere lassen ihre Kunden eiskalt im Regen
stehen.
Davon kann Walter Zajicek ein Lied singen, der sich vor einem Jahr
bei Stahl in Wien ein Saab Cabrio gekauft hat. Ein sieben Monate
altes Vorführauto mit voller Saab-Garantie und einer bis 16.8.2012
gültigen Saab-Assistance. Als sein Saab bei Urlaubsantritt auf der
Autobahn den Geist aufgab, vertraute er noch voll auf die ihm von
Stahl zugesagte Mobilitätsgarantie. Und bekam bei Stahl die knappe
Antwort, dass diese Zusage nur rund um Wien gelte.
Nur dank desÖAMTC war es ihm möglich, sein Auto zu einer Werkstätte
abgeschleppt zu bekommen. Bei Saab Oberlaa, wo das 25.000 Kilometer
alte Fahrzeug letztlich landete, wurde ein defekter Turbolader
festgestellt. Kostenpunkt: 3.250 Euro. Worauf Zajicek bei Stahl-Chef
Gernot Keusch seinen Garantieanspruch geltend machte. Der ihn nur auf
das Kleingedruckte im Kaufvertrag aufmerksam machte: Dort sei
ausdrücklich verwiesen worden, dass Stahl für die Saab-Garantie
keinerlei Haftung übernehme.
Eines ist klar: Mit der Konkurseröffnung über die Saab Automobile AB
sind die Garantieansprüche gegen den Hersteller uneinbringlich. Bei
den Saab-Partnern können daher -trotz gegenteiliger Zusagen im
Saab-Serviceheft -keine Garantieleistungen eingefordert werden. Dem
Saab-Käufer bleibt somit nur der zweijährige Gewährleistungsanspruch
gegen den Verkäufer. Der nach sechs Monaten jedoch nur dann haftet,
wenn der Mangel schon bei der Auslieferung vorhanden war. Was auf
Grund der Beweislastumkehr der Saab-Kunde zu beweisen hat.
Opfer, Opfer, nichts als Opfer
Eine unerfreuliche Situation -sowohl für die in Österreich ansässigen
16 Saab-Händler als auch für ihre Kunden. Beide bekommen für die
versprochenen Garantieleistungen von Saab kein Geld. Mag. Stefan
Mladek, der bis Februar 2012 direkt von Schweden bezahlte
Saab-Statthalter, ist selbst ein Opfer der Saab-Pleite. Er geht davon
aus,dass beim Konkurs für alle unbesicherten Gläubiger eine
Nullquote herauskommen wird. Rechtsstreitigkeiten zwischen Käufer und
Verkäufer sind damit vorprogrammiert. Schließlich will keine der
beiden Seiten auf den Reparaturkosten sitzen bleiben.
Für Saab-Kunden ist es ein Lichtblick, dass es für die
Ersatzteilbeschaffung und für technische Auskünfte seit Mai in
Schweden wieder einen Ansprechpartner gibt. Die nicht vom Konkurs
betroffene Saab Parts AB hat wieder die Produktion aufgenommen -die
Gesellschaftsanteile wurden zur Besicherung von Überbrückungskrediten
an den schwedischen Staat verpfändet. Angesichts des lukrativen
Ersatzteilmarktes gibt es genügend Interessenten -die auch in Zukunft
dieses Geschäft weiterführen möchten.
Versicherung bei der Car Garantie
"Die Autos sind zum Glück so gut, dass meist nichts passiert", rät
Saab-Urgestein Weber seinen Kunden dennoch zur Vorsicht. Wer sich
nicht auf riskante Gewährleistungsansprüche einlassen will, kann sein
Auto zwischenzeitig bei der Car Garantie versichern. Bei verkauften
Autos geht dies zulasten der Käufer. Bei den nach wie vor vorhandenen
Neuwagen werden die Kosten wohl die Händler im Preis unterbringen
müssen.
Für den oberösterreichischen Gremialvorsteher Dr. Gustav Oberwallner
-selbst ein begeisterter Saab-Fahrer -ist es höchste Zeit, zum Schutz
von Händlern und Konsumenten für derartige Pleitefälle vorbeugende
Maßnahmen zu treffen. So hat der jetzige Einzelhandelssprecher Sepp
Schirak schon beim Untergang von Rover angeregt, zur Absicherung der
damit frustrierten Garantieansprüche einen Ausgleichsfonds zu
schaffen. Für den die Hersteller aufkommen sollen -die für derartige
Pleiten verantwortlich sind.
Warum nicht vorher informiert?
Für Zajicek ist es besonders ärgerlich, dass er über die Saab-Pleite
und die damit verbundenen Konsequenzen überhaupt nicht informiert
wurde. So hätte er schon vor Monaten auf die Möglichkeit einer
Reparaturversicherung aufmerksam gemacht werden können. Eine
Informationspflicht, die Autohändlern durchaus zumutbar ist. Schon im
eigenen Interesse, um sich spätere Auseinandersetzungen bei
Schadensfällen zu ersparen.
Die Pleiten-Chronologie
Schon in den 1980er-Jahren war dem schwedischen Autobauer Saab-Scania
klar, dass seine Pkw-Produktion zum selbständigen Überleben zu klein
ist. 1990 ging er deshalb ein 50:50 Joint Venture mit General Motors
ein. Trotz roter Zahlen übernahm GM zehn Jahre später auch die
restlichen 50 Prozent. Angesichts der eigenen Pleite wurde ab 2008
dringend ein Käufer für das schwedische Werk gesucht. Wobei die SaabAutomobile AB allerdings nicht das Markenrecht an Saab besitzt. Das
liegt nach wie vor beim Rüstungskonzern Saab AB, GM wurde für die
Autoproduktion nur ein Nutzungsrecht eingeräumt. Ende 2009 war die
finanzielle Situation in Trollhättan angespannt , dass das Autowerk
Gläubigerschutz beantragen musste. Für die finanziell trudelnde
Mutter war klar, dass für ihre schwedische Tochter kein weiterer
Dollar mehr locker gemacht wird.
Spyker-Chef scheiterte an der Sanierung
Um die schwedischen Altlasten loszuwerden, wurde Anfang 2010 von GM
ein Mann namens Victor Muller aus dem Hut gezaubert. Der hatte 1999
in Holland die kleine Sportwagenmarke Spyker wiederbelebt und warüberzeugt, Saab sanieren zu können. Um 74 Millionen Dollar und einem
beachtlichen Aktienpaket an der neu gegründeten Saab Spyker
Automobile wechselte der schwedische Autobauer den Besitzer. Wobei
Muller untersagt wurde, sechs Jahre lang seinen russischen Partner
Wladimir Antonow mit ins Saab-Bootzu nehmen.
Einige Jahre zuvor ist BMW dank eines derartigen Deals die teure
englische Rover-Produktion losgeworden. Rover-Händler und
Rover-Kunden wissen davon ein trauriges Lied zu singen. Diesem
Vorbild ist GM gefolgt. Wohl wissend, dass die neue Gesellschaft
unterkapitalisiert war -und dass Muller sie ohne GM-Zustimmung nicht
weiter verkaufen kann. Denn die Lizenzrechte für die Produktion der
Saab-Modelle liegen weiterhin bei GM. Ende 2011 wurde offiziell
verlautbart, dass diese zum Schutz der GM-Aktionäre weiter bei GM
bleiben müssen.
Asiatische Interessenten blitzten bei General Motors ab
GM war keinesfalls bereit, ihrer Tochter Opel in Europa eine
chinesische Laus in den Pelz zu setzen. Asiatische Interessenten, die
-nach dem Vorbild des Volvo-Verkaufes von Ford an den chinesischen
Autobauer Geely -bei Muller um dieÜbernahme des schwedischen Werkes
und des US-Knowhows gebuhlt hatten, blitzten bei GM ab.
Wenn der Masseverwalter für die Saab Automobile AB weiterhin keinen
Käufer findet -wovon angesichts des Vetos von GM auszugehen ist -wird
die Saab-Autoproduktion endgültig aufgelöst. Es verbleibt nur noch
die Saab Parts AB, an der die Volvo-Mutter Geely bereits größtes
Interesse gezeigt hat. Die Saab AB hat bereits angekündigt, ihre
Markenrechte an Saab keinem neuen Autobauer zur Verfügung zu stellen.
Eine Zusage, die möglicherweise GM einiges wert war. Saab-Modelle
werden innerhalb einer treuen Saab-Gemeinde dann nur noch als
Liebhaberstücke gehandelt werden.