Anlass war Anfang November ein Rundschreiben an die "sehr geehrten Citroën Partner", das "Wartungsnachweise bei Garantiearbeiten" zum Thema hatte. Mit diesem wurde in Erinnerung gerufen, vor Beginn von Garantiearbeiten zu überprüfen, dass sämtliche vorhergehenden Wartungsarbeiten im Citroën-Netz durchgeführt wurden. Ohne lückenlosen Nachweis werden Garantiereparaturen nicht vergütet. Daran anschließend die Warnung: "Sie handeln auf Ihr eigenes Risiko!"

Weit verbreitetesÜbel

Mit dieser Vorgangsweise steht Citroën nicht allein da. So findet sich in den Opel-Garantiebedingungen ein Anspruchsausschluss, wenn "das Kraftfahrzeug zuvor durch einen Dritten, der weder Opel-Vertragshändler noch autorisierter Opel-Service-Betrieb ist, gewartet oder instand gesetzt wurde und der Kunde dies erkennen musste". Ein Opel-Partner hat einem derartigen "Fremdgänger", der einen Garantieanspruch einfordern will, die Tür zu weisen - außer er ist bereit, für Fehler des Konzerns aus eigener Tasche aufzukommen.

Ähnliche Erfahrungen mussten auch Mercedesund Ford-Kunden machen, obwohl sich in deren schriftlichen Garantiebedingungen keine derartigen klaren Ausschlussklauseln finden. Allerdings erreichen netzinterne Weisungen den gleichen Zweck. Überdies kann es einer Vertragswerkstätte als probate Ausrededienen, die eine oder andere unterbezahlte Garantiearbeit abzuwimmeln.

Eindeutiger Kommissionswille

Die sonst so ins Detail gehende Kfz-GVO 2002 lässt Gewährleistung und Garantie verblüffenderweise unerwähnt. Dies wurde erst im dazugehörigen "Leitfaden" nachgeholt. Dort wird zum Thema "Kundendienst" die Frage 37 gestellt:

"Kann der Hersteller die Gewährleistung verweigern, wenn ein Verbraucher sein Fahrzeug während des Garantiezeitraums von einer unabhängigen Werkstatt instand setzen oder warten lässt?" Die Antwort: "Eine allgemeine Verpflichtung zur Wartung oder Instandsetzung des Autos innerhalb des zugelassenen Netzes während eines solchen Zeitraums würde jedoch die Verbraucher ihres Rechtes berauben, sich für die Wartung oder Instandsetzung ihres Fahrzeugs in einer unabhängigen Werkstatt zu entscheiden."

Damit hat die freie Werkstattwahl des Kunden oberste Priorität. Dies wurde dem Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) von der EU-Kommission schon am 13. März 2003 auf Anfrage ausdrücklich bestätigt. Eine Vorgabe, die von gesetzestreuen Herstellern seither auch befolgt wurde.

Nicht einklagbare Rechte

Doch was passiert mit jenen, die sich nicht daran halten? Das wurde in Frage 38 berücksichtigt: "Was kann ein Verbraucher tun, wenn er meint, dass er durch wettbewerbsfeindliches Verhalten geschädigt wurde?" Dazu die Antwort: "Er kann eine Beschwerde an die Europäische Kommission oder eine nationale Wettbewerbsbehörde richten. Er kann eventuell auch eine Schadenersatzklage beieinem einzelstaatlichen Gericht einbringen."

Da hat die Kommission allerdings die Rechnung ohne Wirt gemacht. Denn inÖsterreich entschied der Oberste Gerichtshof, dass aus der Kfz-GVO keinerlei zivilrechtlichen Ansprüche ableitbar sind. Bereits im Urteil 4Ob269/98g stellte er klar: "Gruppenfreistellungsverordnungen bestimmen nur, unter welchen Voraussetzungen das EG-Kartellverbot auf bestimmte Gruppen von Vereinbarungen durch einen generellen Akt für nicht anwendbar erklärt werden kann."

Um alle Unklarheiten zu beseitigen, fügte er in 4Ob 348/98z noch hinzu: "Sie stellen keine zwingenden Vorschriften auf, welche die Gültigkeit oder den Inhalt von Vertragsbestimmungen unmittelbar berühren oder die Vertragsparteien zur Anpassung des Vertragsinhaltes verpflichten." Nebenbei merkte er an, dass der "Leitfaden" zur GVO rechtlich keinerlei Bindungswirkung habe. Im Klartext: Die den Autokäufern per GVO suggerierte freie Werkstattwahl bei Fortdauer ihrer Garantieansprüche ist nicht einklagbar.

Zum Rechtsbruch gezwungen?

Die Kommission sieht das weiterhin anders. In ihren neuen "ergänzenden Leitlinien" zur künftigen GVO hält sie in der Randzahl 59 ausdrücklich - wie schon zuvor in Frage 37 - an der freien Werkstattwahl ohne Verlust von Garantieansprüchen fest. Zahlreiche Vertragswerkstätten stehen damit auch künftig vor dem Dilemma, gegen ihren eigenen Willen auf Weisung des Herstellers berechtigte Garantieansprüche abweisen zu müssen. Sonst gehen sie das Risiko ein, nachträglich vom Importeur zur Kasse gebeten zu werden. Gleichzeitig wissend, dass sie damit Kunden verärgern und gegen EU-Recht verstoßen.

Mangelnde Sicherheit

Selbst Bundeskartellanwalt Dr. Alfred Mair hat dafür keine Abhilfe parat: Gewährleistung und Garantie wurden nämlich von der Kommission in wichtigen Punkten nur durch unverbindliche "soft laws" geregelt. Aus der Sicht des Praktikers sei es daher fraglich, ob sich der Europäische Gerichtshof mit diesem Thema überhaupt auseinandersetzen werde. Allerdings hat er bereits vor Jahren -entgegen der Rechtsansicht des OGH - in einer Leitentscheidung (C453/99) klargestellt, dass Verstöße gegen das EU-Kartellverbot sehr wohl zu individuellen Schadenersatzansprüchen berechtigen.

Mairs Empfehlung: eine Beschwerde an die Europäische Kommission. Nach dem Vorstoß von Nagl muss sich diese nun mit der unzureichenden Bindungswirkung der künftigen GVO auseinandersetzen.