Geld drauflegen, um unter dem Strich mehr zu verdienen: Das funktioniert nur für den Staat, der sich im Vorjahr mit den 22,5 Millionen Euro, die er zur Ökoprämie beigetragen hat, rund 99,3 Millionen Euro an zusätzlichen Steuereinnahmen gesichert hat. Doch der "Staatsrabatt" ist längst vorbei, seine verkaufspsychologische Wirkung lässt nach. Steigen die "echten" Rabatteder Importeure und Händlern gewährte Nachlässe heuer in lichte Höhen?

Alarmsignale aus Deutschland

Deutsche Daten verheißen nichts Gutes. Ein Sechstel der Kunden erwartet beim Neuwagenkauf Rabatte von mehr als 20 Prozent, ergab eine jüngst erschienene Studie der Unternehmensberatung Progenium. Die durchschnittliche Rabatterwartung der gut 2.000 Befragten liege bei 16 Prozent, tatsächlich gewährt würden 13 Prozent. Im Gegensatz dazu konzentriert sich der an der Universität Duisburg-Essen lehrende "Autopapst" Dr. Ferdinand Dudenhöffer auf Hersteller-und Importeursaktionen. Allein im Jänner ortete er 268 derartige Kampagnen. Den Vogel schoss Peugeot Deutschland ab: Den Peugeot 308 gab es um satte 44,3 Prozent günstiger, als in der Preisliste angeführt.

Neue Rabattideen

Sind diese enormen Nachlässe ausschließlich auf die Übersättigung des deutschen Marktes zurückzuführen? Wohl nicht: Eine österreichische Studie ergab schon vor zweieinhalb Jahren eine durchschnittliche Rabatterwartung von 11,4 Prozent -und ähnlich hohe Nachlässe, wenn es tatsächlich an das Unterschreiben des Kaufvertrags geht. "Seither sind die Erwartungen der Kunden sicher nicht zurückgegangen", sagt Ing. Johann Jobst, Obmann des Verbands österreichischer Kfz-Betriebe (VÖK). Dieser hatte die Studie in Auftrag gegeben, um bei den Importeuren auf mehr Zurückhaltung in der Preispolitik zu drängen.

Tatsächlich beginnen immer mehr Marken umzudenken: Anstelle einen bloßen Nachlass zu bewerben, werden Flat Rates geschnürt, die von Versicherung und Finanzierung über die Servicekosten bis hin zum prognostizierten Verschleißteileverbrauch reichen. Ein derartiges "Easy Drive Tarif" genanntes Angebotwar für den von Dudenhöffer errechneten Rekordrabatt bei Peugeot verantwortlich. Andere deutsche Marken machen ebenfalls massiv Gebrauch von Flat Rates: Beispielsweise erreichten derartige Aktionen bei Ford schon 2008 eine vorübergehende Penetration von 60 Prozent der Privatkundenverkäufe. KeinWunder, dass auch die österreichischen Kollegen auf den Geschmack kommen: "Wir diskutieren derzeit die Einführung solcher Konzepte", erklärt Stefan Skrabal, Sprecher von Ford Austria.

"Das wäre der Todesstoß"

Bei den Markenbetrieben stoßen diese Ankündigungen auf wenig Gegenliebe. "Wir stimmen nur dann zu, wenn das Werkstattgeschäft nicht unter Druck kommt", sagt Werner Blum, Obmann des Händlerverbands. Genau das ist für den Wiener Landesgremialobmann Burkhard Ernst schlicht unmöglich: "Derartige Angebote richten das Messerauf das zentrale Nervensystem der Branche. Das wäre für viele der Todesstoß."

Tatsächlich birgt die Verknüpfung des Neuwagenverkaufs mit den Werkstattdienstleistungen zahlreiche Risiken. Das beginnt bei der schwierigen Prognose der Service-und Reparaturanfälligkeit neuer Fahrzeugmodelle und reicht bis zu den niemals konkret vorhersehbaren Lohn-und Fixkosten. Wer weiß schon, wie teuer Strom und Heizöl in einigen Jahren sein werden?

Auf Kosten der Betriebe

Die Hoffnung, durch derartige Flat Rates dem Preisdruck des Mitbewerbs zu entgehen, ist ebenfalls trügerisch: Das zeigt der Konkurrenzkampf der Fuhrparkmanager, die sich jahrelang mit immer optimistischeren Restwertprognosen das Wasser abgegraben haben und nun mit enormen Problemen bei auslaufenden Verträgen konfrontiert sind.

Einen Unterschied gibt es allerdings: Während der Fuhrparkmanager (sofern das Restwertrisiko nicht auf den Handel übergewälzt wird) auf Kosten seiner eigenen Zukunft lebt, haben es Importeure und Hersteller einfacher. Sie schnüren die attraktivsten Angebote, indem sie die Arbeitszeit-und Teilevergütungen für ihre Markenbetriebe nach unten schrauben. Nein sagen, wird den ohnehin gegängelten Händlern spätestens dann schwer fallen, wenn ein kritisches Fahrzeugvolumen überschritten worden ist.

Unbequeme unter Druck

Ein Horrorszenario? In Deutschland hätten sich viele Befürchtungen schon bewahrheitet, berichtet Wilhelm Hülsdonk, Vizepräsident der Gewerbevereinigung ZDK. Rund 10 Prozent des Werkstattmarktes würden mittlerweile auf Flat Rates entfallen - Tendenz steigend. "Die Verlierer sind die freien Werkstätten und die unbequemen Markenbetriebe." Die Gewinner: die bislang allzu oft defizitären Niederlassungen der Hersteller. Diese lassen sich trefflich unterstützen, wenn der Eigentümer dank der von den Fahrzeughaltern im Voraus bezahlten Pauschalbeträge gleichzeitig der größte Kunde ist.

Selbst wenn sich die Hersteller nicht dazu verleiten lassen, ihre Marktmacht zu missbrauchen,überwiegen für Hülsdonk die negativen Aspekte der Flat Rates: "Eine Erosion der Preise ist unvermeidbar, sodass zwangsläufig die Renditen angegriffen werden." Das sei umso problematischer, als die deutschen Werkstätten nach wie vor auf durchschnittliche Umsatzrenditen von 6 bis 8 Prozent kämenund damit den defizitären Neuwagenvertrieb am Leben erhielten.

"Übliche Großkundenkonditionen"

Nicht alle Erfahrungen sind negativ. Bei Renault, erklärt Pressesprecherin Dorit Haider, könnten die Händler selbst entscheiden, ob sie im Verkaufsgespräch zu Fixpreisangeboten griffen. "Natürlich verlieren wir dadurch einen Teil der Rendite", sagt Max Sonnleitner, Chef der gleichnamigen Handelsgruppe und Obmann des Händlerverbands. "Andererseitshaben wir die Gewissheit, dass der Kunde regelmäßig in unsere Betriebe kommt."

Auch Rainer Fillitz, Geschäftsführer von Chevrolet Austria, sind keine Probleme mit dem seit Jahr und Tag als Alleinstellungsmerkmal der Marke angebotenen, 36 Monate und bis zu 60.000 Kilometer Laufleistung umfassenden "Chevrolet Free Service" bekannt: "Wir haben mit den Händlern branchenübliche Konditionen vereinbart, wie sie auch einem Großkunden gewährt werden würden."

Kein Aufschrei?

Josef Schirak, Autohändler mit jahrzehntelanger Erfahrung und Urgestein der Interessenvertretung, lässt sich davon nicht beruhigen. Er teilt die weit verbreitete Skepsis gegenüber den Flat Rates, die "totale Auslieferung" an den Hersteller bedeuten würden. Sie seien der nächste Eskalationsschritt im immer weiter aus den Fugen geratenden Verhältnis zwischen Groß- und Einzelhandel. Doch was tun gegen eine Entwicklung, die sich genauso in den Entwürfen zur Zukunft der Kfz-GVO widerspiegelt?

Für Schirak stehen auch die Interessenvertreter unter Zugzwang: Anstelle des "untauglichen Mittels des gegenseitigen Briefeschreibens" brauche es einen "unüberhörbaren Aufschrei", der Medien und Öffentlichkeit wachrüttle. "Was die Ärzte oder andere Gruppierungen zuwege gebracht haben, sollten auch die Kfz-Händler zustande bringen", fordert Schirak. Allein: Davon ist die Branche beinahe ebenso weit entfernt wie von einem Ende der unseligen Rabattschlacht.