Der Musterschüler Toyota ist in die Verlustzone gerutscht. General Motors sucht Identität und Strategie. Volkswagen behauptet zwar seinen Wachstumskurs, doch die immer schnellere Abfolge von Übernahmen und Beteiligungen nährt die Furcht vor imperialer Überdehnung.

"Die spannende Frage ist, wer das Rennen macht", sagt Thompson. Mit seiner Unternehmensberatung SIM in München ansässig, blickt der gebürtige US-Amerikaner auf mehr als 20 Jahre Branchenerfahrung zurück. Vor dem Wechsel in die Selbstständigkeit führte ihn sein Berufsweg von Federal Mogul über Continental und Honeywell in den Vorstand von Webasto.

Zu wenig, zu spät

"Wird die verlöschende Flamme von GM wieder auflodern?", fragt sich Thompson. Er ist skeptisch: Die Entscheidungen seien zu sprunghaft und zu kurzfristig, die Sanierungsbemühungen "zu wenig und zu spät". Tatsächlich wäre professionelles "Change Management" aber ein entscheidendes Erfolgskriterium, heißt esin der von IBM als Handlungsleitfaden für Führungskräfte herausgegebenen Analyse.

Innovation, globale Integration, neue Geschäftsmodelle und Authentizität sind die weiteren Zukunftskriterien, die den Managern von den Studienautoren ans Herz gelegt werden. Doch gerade in Sachen Innovation hinke die Autoindustrie hinten nach, mahnt Thompson: So weise sie in Sachen Internet "eine der niedrigsten Investitionsraten überhaupt" auf. Etwas besser sei die Bilanz bei produktionstechnischen Innovationen, etwa bei der von BMW vorangetrieben Individualisierung des Mini.

Umdenken nötig

In Sachen globaler Integration kann der Prügelknabe GM ausnahmsweise als Vorbild dienen. Immerhin gelang es, durch die beispielsweise beim Opel Insignia verwendete Fahrzeugplattform Epsilon fünf beinahe identische Plattformen zu ersetzen. Auch die GM-Abteilung für Elektroantriebe ist mit ihren vier Standorten (davon zwei in den USA, einer in Deutschland und einer in China) bemerkenswert international aufgestellt.

Neue Geschäfts-,Ertrags-und Industriemodelle werden in der IBM-Studie unter dem Punkt "Geschäftsstörungen" zusammengefasst. Die schiere Größe der Autoindustrie mache grundlegende Änderungen jedoch schwierig, beobachtet Thompson: "Rund ein Viertel aller Unternehmen arbeitet an neuen Ertragsmodellen, aberbislang gibt es noch wenig Erfolge." In Sachen Authentizität kann, so die Studienautoren, Toyota mit seinem glaubwürdigen Umwelt-und Nachhaltigkeitsengagement besonders punkten. Doch reicht das aus, um die Nase vorn zu behalten?

Kampf um die Spitzenposition

"Die bewundernswerte soziale Verantwortung von Toyota ist womöglich nicht der entscheidende Faktor", zeigt sich Thompson skeptisch. Er sieht im Kampf um die Führungsposition den selbsternannten Rivalen aus Wolfsburg, der bis 2018 Toyota als größten Autobauer ablösen will, vorn: "Dank seiner Leidenschaft für Qualität, der exzellenten Position in Schwellenländern und der Kapazität, fortschrittliche Technologien funktionell und schnell auf die Straße zu bringen, hat VW die besten Karten in der Hand."