Die Autobranche steht vor einschneidenden Veränderungen. IBM zeige in
ihrer jüngsten "Global CEO Study" entscheidende Erfolgskriterien auf,
meint der branchenerfahrene Manager und Berater Phillip A. Thompson.
Der Musterschüler Toyota ist in die Verlustzone gerutscht. General
Motors sucht Identität und Strategie. Volkswagen behauptet zwar
seinen Wachstumskurs, doch die immer schnellere Abfolge von
Übernahmen und Beteiligungen nährt die Furcht vor imperialer
Überdehnung.
"Die spannende Frage ist, wer das Rennen macht", sagt Thompson. Mit
seiner Unternehmensberatung SIM in München ansässig, blickt der
gebürtige US-Amerikaner auf mehr als 20 Jahre Branchenerfahrung
zurück. Vor dem Wechsel in die Selbstständigkeit führte ihn sein
Berufsweg von Federal Mogul über Continental und Honeywell in den
Vorstand von Webasto.
Zu wenig, zu spät
"Wird die verlöschende Flamme von GM wieder auflodern?", fragt sich
Thompson. Er ist skeptisch: Die Entscheidungen seien zu sprunghaft
und zu kurzfristig, die Sanierungsbemühungen "zu wenig und zu spät".
Tatsächlich wäre professionelles "Change Management" aber ein
entscheidendes Erfolgskriterium, heißt esin der von IBM als
Handlungsleitfaden für Führungskräfte herausgegebenen Analyse.
Innovation, globale Integration, neue Geschäftsmodelle und
Authentizität sind die weiteren Zukunftskriterien, die den Managern
von den Studienautoren ans Herz gelegt werden. Doch gerade in Sachen
Innovation hinke die Autoindustrie hinten nach, mahnt Thompson: So
weise sie in Sachen Internet "eine der niedrigsten Investitionsraten
überhaupt" auf. Etwas besser sei die Bilanz bei
produktionstechnischen Innovationen, etwa bei der von BMW
vorangetrieben Individualisierung des Mini.
Umdenken nötig
In Sachen globaler Integration kann der Prügelknabe GM ausnahmsweise
als Vorbild dienen. Immerhin gelang es, durch die beispielsweise beim
Opel Insignia verwendete Fahrzeugplattform Epsilon fünf beinahe
identische Plattformen zu ersetzen. Auch die GM-Abteilung für
Elektroantriebe ist mit ihren vier Standorten (davon zwei in den USA,
einer in Deutschland und einer in China) bemerkenswert international
aufgestellt.
Neue Geschäfts-,Ertrags-und Industriemodelle werden in der IBM-Studie
unter dem Punkt "Geschäftsstörungen" zusammengefasst. Die schiere
Größe der Autoindustrie mache grundlegende Änderungen jedoch
schwierig, beobachtet Thompson: "Rund ein Viertel aller Unternehmen
arbeitet an neuen Ertragsmodellen, aberbislang gibt es noch wenig
Erfolge." In Sachen Authentizität kann, so die Studienautoren, Toyota
mit seinem glaubwürdigen Umwelt-und Nachhaltigkeitsengagement
besonders punkten. Doch reicht das aus, um die Nase vorn zu behalten?
Kampf um die Spitzenposition
"Die bewundernswerte soziale Verantwortung von Toyota ist womöglich
nicht der entscheidende Faktor", zeigt sich Thompson skeptisch. Er
sieht im Kampf um die Führungsposition den selbsternannten Rivalen
aus Wolfsburg, der bis 2018 Toyota als größten Autobauer ablösen
will, vorn: "Dank seiner Leidenschaft für Qualität, der exzellenten
Position in Schwellenländern und der Kapazität, fortschrittliche
Technologien funktionell und schnell auf die Straße zu bringen, hat
VW die besten Karten in der Hand."