Die von der EU den europäischen Kfz-Herstellern verordneten CO2-Limits, die Strafen für die Flottenzielverfehlungen und ein für 2035 beschlossenes Verbrenner-Verbot sind die Garanten für eine weiter fortschreitende E-Mobilität. Millionen Autobatterien kommen damit auf die Straße – und die erfordern eine entsprechende Wartung und Reparatur: Die Kfz-Werkstätten werden bei den dafür erforderlichen Arbeiten mit Hochvolt-Technik mit behördlichen Sicherheitsvorgaben konfrontiert, an die die meisten bisher nicht einmal gedacht haben. Das kann die Säumigen teuer zu stehen kommen. Kernpunkt aller erforderlichen betrieblichen Maßnahmen ist der § 82 der Gewerbeordnung. Er ermächtigt den Gesetzgeber, zur Vorbeugung von Gefahren entsprechende Verordnungen zu erlassen. Aber schon jetzt verpflichtet er die Unternehmen, ihre Betriebe einer geänderten Sachlage anzupassen. Er verweist auf den § 74 GewO – und der ist eine Schutzbestimmung im Sinne des § 1311 aBGB. Der besagt: Wer vorgegebene Schutzbestimmungen nicht einhält, haftet für die daraus resultierenden Schäden. Diese Regel umreißt das mit der E-Mobilität auf die Werkstätten zukommende zusätzliche Risiko.
Diese Anpassung der „gewerblichen Betriebsanlagen“ an den „Stand der Technik“ zur Vermeidung von Gefahren für Leben, Gesundheit und Umwelt ist Voraussetzung, dass diese überhaupt betrieben werden dürfen. Daher gibt es keine Ausreden, dass die Betriebsanlagen bei der letzten behördlichen Überprüfung noch genehmigt wurden. Durch den Beginn der Elektromobilität und deren Hochvolttechnik hat sich die Werkstätten-Welt geändert. Diese muss der neuen Gefahrenlage angepasst werden.
Hausaufgaben nicht unterschätzen
Ahmet Bilgili, MBA, Vertriebsleiter der Saubermacher Battery Services GmbH, warnt vor einer Unterschätzung der auf die Werkstätten zukommenden Hausaufgaben. Dieses Joint Venture von Saubermacher, Denzel und Porsche Austria hat sich seit zwei Jahren auf die betriebliche Implementierung der neuen Hochvolt-Technologie spezialisiert. Eine Tätigkeit, die mit neuen Gefahren verbunden ist. So erinnert Bilgili die Betriebe an die grundlegenden Erfordernisse der Batterie-lagerung, Batterieentsorgung, Batterieidentifizierung und deren Einteilung in Batterieklassen.
Unterteilt werden diese in vier Stufen: neu, unbeschädigt, beschädigt und kritisch. Gesetzliche Vorgaben gibt es dazu noch keine, die existieren derzeit erst für den Batterietransport. Denn seit 2009 werden Lithium-Batterien offiziell als Gefahrgut der Klasse 9 und damit als gefährliche Güter eingestuft; sie unterliegen daher den vielfältigen Vorschriften einer Gefahrgut-Beförderung: Dafür offeriert Saubermacher eigene Transportbehälter mit Temperatursensoren, die dieses Gefahrengut thermisch überwachen und welche die Werkstätten auch einfach mieten können.
Statt gesetzlicher Vorschriften gelten für die Batterielagerung entsprechende Herstellervorgaben. Wenn diese im Brandfall nicht beachtet wurden, kann es bei der Auseinandersetzung mit der Betriebshaftpflichtversicherung haarig werden. Findet der Brandsachverständige, dass der Schaden durch deren Einhaltung vermeidbar oder jedenfalls geringer gewesen wäre, bleibt die Werkstätte auf diesen Kosten sitzen.
Wie muss man vorgehen?
Am Beginn jeglicher betrieblichen Hochvolt-Tätigkeit stellt sich bereits die Frage: Wie hat man aus der Sicht der Behörden eigentlich vorzugehen? Ist ein Genehmigungsverfahren erforderlich – wenn ja, nach welchen Kriterien? Von den Herstellern gibt es dazu zwar Richtlinien mit Handlungsempfehlungen, aber noch keine verbindlichen Normen. Da dazu auch keine bundeseinheitliche Verordnung erlassen wurde, hängt die Beantwortung dieser Frage von der jeweiligen Sicht der lokalen Behörden ab. Das bedeutet: In den neun Bundesländern gibt es – entsprechend der Zahl der Bezirksstellen – bis zu 94 verschiedene Sichtweisen.
Welche Ausbildungen vorausgesetzt werden, hängt vom Umfang der ausgeübten Hochvolt-Technik und dem Standard eines Autohauses ab. Dafür gibt es seit 2021 beim Österreichischen Verband für Elektrotechnik (um wohlfeile 84,27 Euro) die OVE-Richtlinie R-19 mit den notwendigen Informationen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer, wie sie elektrische Gefahren ermitteln und Gefährdungen vorbeugen sollen. Mit einer an die jeweilige technische Komplexität angepassten stufenweise Ausbildung. Spätestens, wenn sich ein Betrieb an die Batteriezerlegung heranwagt, ist dafür die höchste Stufe HV3 erforderlich.
Bei einer betrieblichen Bewilligung haben gleich fünf erschiedene behördliche Bereiche ihren Segen zu geben:
• die Arbeitsinspektoren
• die Elektrotechniker und Maschinenbauer
• die Feuerwehr gemeinsam mit
• Beamten der Gewässeraufsicht und Brandschutz und nicht zuletzt
• die Juristen
Dementsprechend haben sich österreichweit erst etwa 50 Betriebe dieser Prozedur unterzogen und sind somit dem „Stand der Technik“ entsprechend ausgerüstet und zertifiziert.
Es beginnt beim Abschleppen
Schon beim Abschleppen eines beschädigten E-Mobils sind entsprechende Vorschriften zu beachten. Der Abschlepper muss zumindest die HV-0 Stufe als niedrigste Ausbildung absolviert haben, um das Transportrisiko beurteilen zu können. „Kritische“ Fahrzeuge haben beim Schlepper drei Tage in Quarantäne zu gehen, wofür beim Abschleppdienst oder in der Werkstätte ein den Sicherheitsstandards entsprechender genehmigter Quarantäneplatz eingerichtet sein muss. Bei dem derzeit noch geringen E-Fahrzeugbestand stellt sich daher die unternehmerische Frage, wie sich der damit verbundene Aufwand rechnen soll. „Für kleinere Betriebe haben wir passende mobile Lösungen“, hat Saubermacher laut Bilgili als einziger Anbieter dafür 10 spezielle Container allein in der Region Ost verfügbar. Weitere stehen in Tirol und Salzburg und decken somit ganz Österreich ab.
„Es ist immer eine Wirtschaftlichkeitsfrage, abhängig vom Fahrzeugbestand der Kunden und dem damit verbundenen Reparaturanfall“, rät Bilgili allen Werkstätten vorweg, die Kosten zu kalkulieren.
• Was kostet ein Mechanikerplatz samt entsprechend qualifizierter Ausstattung – abhängig davon, ob an diesem ganze E-Autos oder nur Batterien repariert werden?
• Wo und worin können Batterien gelagert werden?
• Was kostet der erforderliche Havarieplatz, was ein Quarantäneplatz?
Lösungen aus einer Hand
„Am besten sollte man sich um Lösungen aus einer Hand umsehen“, gehören aus Bilgilis Sicht dazu nicht nur technische Maßnahmen für Arbeitsschutz, Abwasserentsorgung oder Fluchtwege etc. Ebenso erforderlich sind die behördlichen Genehmigungen sowie die Anpassung des Versicherungsschutzes an den neuen Arbeitsumfang.
Jene, die glauben, sie brauchen das alles nicht, sollten bedenken: Es gibt immer mehr Kunden, die mit Vollhybrid, Plug-in-Hybrid oder reinem Elektroantrieb unterwegs sind. Wollen Sie mangels betrieblicher Genehmigungen dieses Geschäft der Konkurrenz überlassen?