Bei seinem Start 1983 habe man sich in den Autohäusern gerade „von der elektrischen Schreibmaschine und der mechanischen Rechenmaschine verabschiedet“, erinnert sich Prof. Hannes Brachat. Gut ein Jahrzehnt später sei dann das Internet gekommen. Doch all jene, die den automobilen Vertriebstod des klassischen Autohauses für spätestens 2004 ankündigten, hätten die Anpassungsfähigkeit der Markenhandels unterschätzt: „Offensichtlich hat es der Handel bis heute verstanden, offline und online ganz gut unter einem Dach zusammenzuführen.“

Doch in diesen 40 Jahren habe sich auch die automobile Landschaft grundlegend verändert: „1984 und in den Jahren danach war die deutsche Automobilindustrie noch national aufgestellt. Heute ist VW weltweit mit 118 Standorten und 640.000 Mitarbeitern international vertreten“, erzählt der langjährige Branchenjournalist: „VW-Chef Prof. Dr. Carl Horst Hahn legte 1984 für Volkswagen die chinesische Grundlage. Das war der Start in die automobile Globalisierung.“
Wichtig sei für ihn gewesen, dass er in all dieser Zeit „frei schreiben“ habe können: „Die rechtlichen Auseinandersetzungen, die sich aufgrund meiner offenen Darstellungen ergaben, kosteten den Verlag in 25 Jahren 2.700 Euro. Und die diversen Abmahnungen konnten wir allesamt nach klärender Aussprache befrieden.“ Heute treffe man hingegen „viel zu viel Gefälligkeitsjournalismus“ an. „Die gemeinsame Grunddiktion für qualitativen Journalismus sollte doch sein, sich für die Zukunftsfähigkeit des Autogewerbes zu engagieren.
Was Brachat zu Österreich einfällt? Spontan nennt er den „Händlerradar“ und findet durchaus harte Worte: „Weshalb hängen da die Marken von Stellantis so markant im Keller? Weil eine Top-Managerin wie Silvia Rieger erst bei Peugeot und ab 2021 für alle Stellantis-Marken ihr Unwesen treiben konnte, bis sie bei fortlaufendem Erfolg zu spät demissioniert wurde.“
Auch ein Interview von Günther Kerle, dem heutigen Sprecher der Importeure, bei seinem Ausscheiden als Mazda-Geschäftsführer im Jahr 2016 ist Brachat in Erinnerung: „Welch eine Geringschätzung, ja Demütigung brachte er darin für den Handel zum Ausdruck. Schlimm! Und was hat sein Nachfolger Heimo Egger daraus gemacht? Siehe ,Händler-radar‘. Welch ein positiver Unterschied! Er macht doch vor, wie man auch mit Anstand und Menschlichkeit Markterfolge und zufriedene Händler schaffen kann.“

Neujahrsempfänge der „Eurotax“ in Wien
Brachat meint, dass eine allzu harte Haltung gegenüber den Händlern für den Chef eines Importeurs nicht unbedingt förderlich sei: „Das ist in 40 Jahren meine weitere Erfahrung: Wer als Manager bei der einen Marke als ,Wüterich‘ agiert, setzt das bei der nächsten Marke fort.“ Vielfach würden ja die „hohen Herren“ alle zwei Jahre die Marke wechseln, aber positiv wie negativ nie zur Verantwortung für ihr „Wirken“ zur Rechenschaft gezogen.
Unter jenen Menschen, die ihn in diesem langen Berufsleben am meisten beeindruckt haben, nennt Brachat gleich zu Beginn Helmuth H. Lederer: „Er war großer Ideengeber, Brückenbauer, hochgeschätzter Ratgeber.“ Außerdem habe Lederer sein Journalisten-Credo gehabt: „Was der Wahrheit entspricht, muss geschrieben werden. Das ist der Qualitätsmaßstab und der Maßstab für eine freie Presse.“ Lederer habe auch das Kapital für Brachats Stiftungsprofessur für die ersten fünf Jahre zur Verfügung gestellt: „Ohne seinen Impuls wäre ich nie von 2002 an Professor an der Hochschule in Geislingen/Nürtingen geworden.“
Brachat wirft auch einen Blick auf die beeindruckenden Händler-Persönlichkeiten in den vergangenen 4 Jahrzehnten: „Im Handel ragt über allen Walter Frey heraus und Albert Still, der die AVAG auch in Österreich weitete.“ Außerdem hebt Brachat den „herausragenden ZDK-Präsidenten und MAHAG-Chef Fritz Haberl“ hervor. „Bei Ihnen in Österreich ragt für mich als Bundesgremialobmann Komm.-Rat Ing. Josef Schirak hervor.“
Brachat erinnert sich auch gerne an die Neujahrsempfänge der „Eurotax“ in Wien: „Welche Inszenierung arrangierte Helmuth H. Lederer Jahr für Jahr mit enormem Händlerzuspruch! Lederer wollte damit die Kraft des Autogewerbes nach außen in der großen Politik sichtbar wie erlebbar machen.“ Diese Diktion wirke bis heute über die Branchenveranstaltungen von „AUTO & Wirtschaft“ in der Wiener Hofburg nach.

Das Spiel auf der Brucknerorgel
Unter den wichtigen Persönlichkeiten aus Österreich nennt Brachat auch Bundesgremialobmann Heinz Havelka: „Es war immer ein Highlight, Tischnachbar von ihm zu sein und seine Lebensfreude live zu erleben.“ Auch zu den Herren Klaus und Alois Edelsbrunner hatte Brachat nicht nur über „steirisches Kernöl“ freundschaftliche Verbundenheit.
Komm.-Rat Renate Okermüller und Erich Pomassl hätten nicht nur auf der „AutoZum“ über viele Jahre die Marke „Eurotax“ verkörpert. „Und zu Gerhard Lustig, dem wachen und tiefbohrenden Branchenallrounder, verbindet mich bis heute ein regelmäßiger intensiver journalistischer wie wertschätzender Austausch.“ Außerdem erinnert Brachat an Georg Auer: „Schurl“ habe mit seinem „Spectator“ in genialem Geist-Humor unvergessliche Zeilen gesetzt. Bei Mag. Dr. Gustav Oberwallner bewunderte Brachat „stets seine Geduld und Sachkenntnis als EU-Beauftragter an der Wirtschaftskammer“.
Grundsätzlich stecke in Österreich im Unterschied zu Deutschland im menschlichen Dialog viel mehr Herz und Seele, analysiert Brachat: So hätten bei einer Veranstaltung der „Autowelt Linz“ in St. Florian die Geschäftsführer Rudolf Lindorfer und Andreas Parlic es ermöglicht, dass er live auf der großen Brucknerorgel spielen durfte. „Das ist gelebtes ,Tu felix Austria‘.“