Mehr als 320 Besucher haben den Weg zum zweiten A&W WERKSTATT-FORUM im Wiener Allianz Stadion gefunden. 
Hochkarätige Vorträge zu den Themen Ertrag, Effizienz, Kundenbindung, Karosseriereparatur, Reifengeschäft und künstliche Intelligenz haben für Informations-Mehrwert für die Gäste gesorgt, 18 Aussteller haben ihre Lösungen präsentiert und auch der Austausch untereinander ist nicht zu kurz gekommen. 

Stuphann: "Gab noch nie so einen massiven Wandel"
Helmut Stuphann, Leitung Mobility Aftermarket Leitung Mobility Aftermarket, Bosch referierte über die Anforderungen für die Werkstatt der Zukunft. „In meiner Erinnerung gab es noch nie so einen massiven Wandel in der Branche wie wir ihn jetzt gerade erleben, all das was uns in der Erstausrüstung beschäftigt, wird uns zukünftig auch in der Werkstatt begleiten“, wie Stuphann sagte. "Die Themen Automatisiertes Fahren und Assistenzsysteme bringen Komplexität für uns, das sind Systeme die funktionieren müssen, hier ergeben sich neue Geschäftsfelder.  Diesbezüglich müssen Werkstätten auch Investitionen in Gerät und Know how tätigen sowie Kunden Kompetenz vermitteln."

E-Fahrzeuge mit Hochvoltbatterien gebe es schon länger: „Wir haben ein Konzept für die Instandsetzung von Hochvoltbatterien  entwickelt“, so Stuphann. „Wir sehen ein Geschäftsmodell für die Zukunft."

Es folgte Stefan Kohl, Key Account Manager bei Hunter Deutschland GmbH. Er ging in seinem Vortrag „Erträge sichern in Zeiten des Mobilitätswandels“ auf Herausforderungen ein, die sich aus aktuellen Trends in der Fahrzeugtechnologie ergeben. Auch der Fachkräftemangel werde als wichtiger Einflussfaktor im Wandel erhalten bleiben.

Die wichtigste Botschaft für Bert C. Lembens von Continental Aftermarket hatte nur drei Buchstaben: T.U.N. „Tun. Einfach tun, und nicht nur reden“, war Lembens Kernaussage zu den Herausforderungen vor allem kleiner und freier Werkstätten für die nächsten Jahre. Wie das geht? „Digitalisieren, was geht, um unproduktive Tätigkeiten zu reduzieren. Dann kann ich Menschen da einsetzen, wo sie auch gebraucht werden.“ Continental Partnerkonzepte können hierbei helfen. „So kann man zum One-Stop-Servicepartner werden, kann sich dann auch in der Organisation gegenseitig helfen.“ Denn Vieles, meint Lembens, muss man nicht mehr neu erfinden.

„Beste Zeit für die Reparaturbranche“
„Ich bin schon lange dabei, und es gab nie eine bessere Zeit in der Reparaturbranche“, so Franz Lettner, Geschäftsführer von Birner, der u.a. Möglichkeiten der Digitalisierung als Chance im Mobilitätswandel skizzierte. Lettner diskutierte bei einer Podiumsdiskussion mit Christian Bley, Director After Sales Stellantis Austria (Eurorepar Car Service SAS), der den bleibenden Stellenwert der Mobilität für die Menschen betonte. „Wir sind am Puls der Zeit, und versuchen unsere Kunden zu unterstützen, die antriebsneutralen Geschäftsmodelle sind genau darauf ausgelegt, erklärte Bernhard Kreici, Divisionsleiter Automotive, Würth. "Wir haben in der Vergangenheit gesehen, dass die E-Mobilität immer mehr im Vormarsch ist. Sie bringt gewisse Themen wie längere Serviceintervalle und weniger Reparaturmöglichkeiten und das führt in den Werkstätten zu einem Rückgang bei den Erträgen. Ein Aspekt unserer antriebsneutralen Geschäftsmodelle ist, dass wir in Zukuft Vertragsverluste ausgleichen und zusätzliche Ertragschancen generieren."

Nach der Pause ging es an die Ehrung der "Werkstatt des Vertrauens". Die Gewinner, Autoiser, BestDrive Austria, Dvorak & Co, Fastbox Autoservice, Johannes Kurz, Josef Auer, KFZ Kammerhuber, KFZ Klaffl, Loitz und Schirak Automobile, wurden von A&W B2B-Verlagsleiter Gerald Weiss und Projektleiterin Heike Bader auf der Bühne geehrt. Danach wurde auch noch ein glücklicher Kunde gezogen, der die Kosten für seinen Werkstatt-Aufenthalt zurückerstattet bekommt.

Qualifikationen bei Reparatur von E-Autos unabdingbar
Mit der Reparatur von Elektroautos und den damit verbundenen Herausforderungen bei neuen (asiatischen) Anbietern befasste sich Helge Kiebach vom Kraftfahrzeugtechnischen Institut (KTI). Dieses folgt dem Leitsatz „instandsetzen statt erneuern“. Zur Vielfalt in den Karosserie- und Lackierbetrieben käme nun die E-Mobilität hinzu, so Kiebach. Um hier als Betrieb erfolgreich zu sein, brauche es vorrangig Qualifikationen (der Mitarbeiter), Informationen über die Reparaturmöglichkeiten und eine entsprechend technische Ausstattung der Werkstätte.

Ausbildung und Selbstbewusstsein wichtig für Werkstätten
In der Podiumsdiskussion „Herausforderung und Weiterbildung“ stellte Helmut Stuphann, Leitung Mobility Aftermarket bei Bosch Österreich, klar, dass Betriebe bereits heute die Weichen für die Zukunft stellen und sich einer dementsprechenden Strategie unterwerfen müssten. Wichtig sei die Erstellung entsprechender Reparaturkonzepte. Daneben brauche es aber auch die richtigen Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen, wie Rudolf Weismann von Lack&Technik ins Treffen führte. Vieles hätte sich in den vergangenen 30 Jahren in der Kfz-Branche geändert, der Zugang zu den Lehrlingen aber oftmals nicht. Hier müsse man umdenken und Lehrlinge zu wichtigen Aufgaben heranziehen, so Weismann.

Auch für Dominik Denk von Car-Rep Profiteam Denk ist das Thema Ausbildung extrem wichtig. Denn das Thema Fachkräftemangel befasst ihn derzeit am meisten: "Wir können teilweise Hagelschäden aus dem Sommer erst im Herbst bearbeiten, weil uns das Personal dafür fehlt." Geht es nach Denk, müsse man viel mehr in Ausbildung investieren, damit man in Zukunft gut ausgebildete Mitarbeiter hat, die schlussendlich dazu beitragen, dass man ertragreich arbeiten kann. Für KFZ-Rockstar Robert Merz steht vor allem die Wichtigkeit der Werkstatt im Fokus: "Ich muss mir als Werkstatt bewusst sein, wie wichtig ich für die Region bin." Und als Betrieb hat man mit den Autofahrern am meisten zu tun, diesen Kundenkontakt sollte jede Werkstatt nutzen, um die Autofahrer mit auf die Reise zu nehmen.

"E-Mobilität gekommen, um zu bleiben"
E-Mobilität ist gekommen, um zu bleiben, postulierte Gerald Windisch, Leiter West beim Bundesverband eMobility Austria (BVe). Dies zeigten aktuelle Zahlen und belegte Prognosen. Die BEV überzeugten nicht zuletzt durch ihren hohen Systemwirkungsgrad, der mit 81 Prozent deutlich über denen anderer alternativer Antriebe liege. Zum „Stammtischthema“ der verfügbaren Ladeinfrastruktur präsentierte Windisch die Zahl von rund 22.000 öffentlich zugänglichen Ladepunkten in Österreich. Bereits rund 900 HPC-Lader über 150 kW Leistung stünden derzeit zur Verfügung. Bis 2025 müssen auf transeuropäischen Routen solche Hypercharger alle 60 km zur Verfügung stehen.

Gerhard Lustig, ehemaliger A&W-Herausgeber, appellierte an die Besucherinnen und Besucher das Autovolksbegehren zu unterstützen. „Faktum ist, dass das Autofahren extrem teuer ist, die Kosten müssen runter. Minus 25 Prozent auf Steuer- und Abgabenbelastung sind unser Ziel. Weiteres fordern wir einen Reparaturbonus für Werkstätten und einen Masterplan gegen Parkraumvernichtung.“ Derzeit gebe es knapp 30.000 Unterschriften. "Die Eintragungswoche ist im Juni, in dieser Phase benötigen wir so viele Unterschriften wie möglich und wir ersuchen auch Kfz-Betriebe um Unterstützung.“

Mit Netzwerk zum Erfolg
Mit dem Titel „Stress runter, Erträge rauf!“ und mit markigen Sprüchen a la „Holen wir uns den goldenen Boden zurück!“ holte Robert Merz, Gründer von Kfz Rockstars, das Publikum optimal ab. Herausgegangen aus einer Marketing-Agentur, sind die Kfz Rockstars ein Netzwerk von derzeit etwa 400 Kfz-Betrieben. Interessierte sind aufgerufen, sich bei den Kfz Rockstars zu bewerben, eine Aufnahme ist nicht garantiert. „Das ist nichts für Jeden, wir sind etwas für Macher!“, so Merz, der effizientere Zeitausnutzung und mehr Profitabilität verspricht.

„Es geht um Begeisterung“, weiß Andreas Winkler, der gemeinsam mit Florian Kunert zum Thema „Ertragssicherung dank Kundenerlebnis“ diskutierte. „Begeisterte Mitarbeiter begeistern Kunden und das begeistert die Unternehmer. Und begeisterte Unternehmer begeistern wieder ihr Mitarbeiter. Diese Betriebe sind um 20 bis 30 % produktiver“, so Winkler. „Es geht um Beziehung. Kunden müssen zu jeder Zeit Wertschätzung erfahren“, ergänzt Kunert.

"Müssen KI endlich nutzen"
Digital-Experte Sanjay Sauldie sprach über die Wichtigkeit der Künstlichen Intelligenz. Man solle keine Angst davor haben, im Gegenteil: „KI muss man wie einen neuen Mitarbeiter behandeln, der mich im Monat aber nur 20 Euro kostet.“ Und so zeigte er in seinem Vortrag, wie die KI seine E-Mail-Kommunikation erledigt. Aber auch, welche KI-Projekte er bereits mit anderen Unternehmen, darunter auch aus dem Automotive-Sektor, umgesetzt haben. „Zeit ist das Wichtigste in unserem Leben. Und KI hilft uns dabei, Zeit zu sparen bzw. diese effizienter zu nutzen.“ Für Sauldie ist klar: „KI ist kein Add-On. Wir brauchen eine klare Strategie und anfangen damit zu arbeiten.“

VRÖ-Podiumsdiskussion: Mehr Emotionalität rund um Reifen
Kostensteigerungen, Potenziale durch E-Mobilität sowie Chancen und Risiken durch Ganzjahresreifen standen im Mittelpunkt der VRÖ-Podiumsdiskussion zum Thema Reifen. Künstliche Intelligenz (KI) könnte Vereinfachungen für die Branche bringen, vor allem im administrativen Bereich. Rund um die E-Mobilität würde sich ein gewisses Ertragspotenzial ergeben, hielt VRÖ-Vorstandsmitglied Hermann Hladky fest. Das sah auch Franz Pichler von Falken Reifen ähnlich: „Wir müssen das Thema Reifen mehr emotionalisieren.“ Der in Österreich noch nicht so stark ausgeprägte Trend zu Ganzjahresreifen wird kritisch gesehen, da hier die Kundengewinnung statt der Kundenbindung im Vordergrund stehe, wie Bernhard Hoffmann von Goodyear Retail Systems ausführte.

Nach den Vorträgen folgte ein gemütlicher Ausklang mit Gesprächen über die Vorträge und weitere Themen der Branche.

Weitere Berichte und Details zu den einzelnen Vorträgen und Ausstellern, sowie zahlreiche Fotos finden Sie in den nächsten Tagen auf autoundwirtschaft.at sowie in der AUTO-Information Nr. 2710.

Hier gehts zu den Bildern vom A&W WERKSTATT-FORUM 2024

HIer finden Sie das After-Event-Video