Wie hat sich die Motoreninstandsetzung im Laufe der vergangenen Jahre und Jahrzehnte verändert?

Ing. Mag. Gert Langbauer: Sehr stark, denn war es in den 1970er- und 1980er-Jahren noch möglich, allein mit der Instandsetzung von Pkw-Motoren ein Unternehmen erfolgreich zu führen, ist das seit den 1990er-Jahren vorbei. Unser Wirtschaftszweig hat sich ­komplett gewandelt.

In welchen Ausprägungen genau?

Die Instandsetzung von Pkw-Motoren hat Ende der 1980er-Jahre mit dem Aufkommen von Tauschmotoren einen entscheidenden Knick bekommen. Reparaturen waren schlagartig auf einmal nicht mehr günstiger als ein neuer Motor. Somit blieb in der Branche kein Stein auf dem anderen. Aus diesem Grund musste ich Anfang der 2000er-Jahre mein Unternehmen komplett neu aufstellen: Die Instandsetzung von Fahrzeugmotoren (Pkws, leichte Nutzfahrzeuge) wurde um weitere Motorenanwendungen, zum Beispiel Notstromaggregate oder Sprinkleranlagen, erweitert. Dazu kamen der Handel mit OE-(Industrie-)Motoren und damit auch die Durchführung von Garantiearbeiten, und als drittes Standbein diverse Industriedienstleistungen wie rundschleifen, honen und wuchten für Anwendungen aller Art.

Ist Motoreninstandsetzung nachhaltig?

Zweifellos, denn das renommierte Fraunhofer-Institut hat errechnet, dass eine Reparatur bis zu 80 Prozent der CO2-Emissionen einspart. Bei Standardmotoren rentiert sich die Instandsetzung auch finanziell wieder, vor allem, da seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie Tauschmotoren wieder spürbar teurer geworden sind. Zudem sind Ersatzteile im Vergleich zu den Motoren besser lieferfähig. Wir sehen also langfristig einen kontinuierlichen Bedarf an Motoren­instandsetzungsarbeiten.

Auch im Pkw-Bereich?

Die in den 1990er-Jahren steigende Qualität der Motoren im Pkw-Segment ging an der Motoreninstandsetzungsbranche nicht spurlos vorüber, viele Betriebe mussten ihre Geschäftstätigkeit einstellen. Allerdings ist seit den 2000er-Jahren durch das verstärkte Downsizing der Motoren sowie Maßnahmen zur Materialoptimierung die Haltbarkeit von Motoren einzelner Hersteller wieder gesunken. Und das kommt unserer Branche zugute.

Was sind die häufigsten Schadensbilder im Motorenbereich?

Das sind vorrangig gesprungene Zylinderköpfe, verschlissene Zylinderlaufflächen und Lagerschäden. Häufig begünstigen auch defekte Injektoren das Schadensbild.

Beobachten Sie bei Ihren Kunden ein ­gestiegenes Umweltbewusstsein?

Ja, es kommen immer mehr Privatkunden zu uns, die auch dadurch auf uns aufmerksam geworden sind, weil wir nachhaltig arbeiten und das auch kommunizieren. Dieses umweltfreundliche Konzept kommt immer besser an und dadurch konnten wir schon einige zusätzliche Aufträge gewinnen. Insgesamt ist unser Geschäft mit 80 Prozent gewerblichen und 20 Prozent privaten Kunden aber sehr B2B-lastig ausgelegt. Wir haben über 2.000 Kunden im Stamm und unterhalten Kooperationen mit rund 1.100 Kfz-Werkstätten in ­Österreich.

Die Anbieter von Motoreninstandsetzungen sind inzwischen rar geworden. Gibt es innerhalb der Branche einen ­Meinungs- und Wissens-Austausch?

Da muss ich jetzt ein wenig ausholen. Bis 2019 existierte mit der Vereinigung der Motoreninstandsetzungsbetriebe Österreichs (VÖM) ein eigener Verein, der in seinen Glanzzeiten bis zu 70 Mitgliedsunternehmen zählte. Gab es anfangs der 2000er-Jahre noch 17 Mitglieder, so waren schlussendlich bei der Auflösung des Vereins 2019 nur mehr 4 übrig. Ich weiß das so genau, da ich als VÖM-­Obmann von 2015 bis 2019 die Einstellung der Vereinstätigkeit hautnah miterleben und den Verein quasi ­„schließen“ musste. Seit 2020 ist meine Firma Mitglied im deutschen Verband der Motoren-­Instandsetzungsbetriebe (VMI). Ausschlaggebend für den Beitritt war und ist für mich die Erweiterung unseres Netzwerks. Der deutsche Markt ist immer um den Faktor 10 größer als der österreichische und ich schätze den regen Erfahrungsaustausch innerhalb des Verbands. Durch eine eigene Plattform im Rahmen des VMI komme ich auch einfach und rasch zu gebrauchten Ersatzteilen, da hilft man sich ­gegenseitig.

Wie ist die Branche hierzulande in der Gegenwart aufgestellt?

Aktuell gibt es weniger als 10 Betriebe in Österreich, die allerdings kein Interesse an einem eigenen österreichischen Verband hegen. Jeder dieser Betriebe hat seine Nische gefunden, jeder hat sich spezialisiert. Zusammenhalt untereinander ist aber immer noch vorhanden.

Wie kann ein Motoreninstandsetzer auch in Zukunft erfolgreich sein?

Ein moderner Maschinenpark ist das Um und Auf. Als Betrieb muss man kontinuierlich investieren, um eine qualitativ hochwertige Arbeit zu erbringen.

Ihr persönlicher Blick in die Zukunft?

Durchaus positiv! Wir arbeiten sehr viel mit AVL aus Graz zusammen und fertigen für das Technologieunternehmen unter anderem Prototypenteile für den Motorenbau. Meiner Meinung nach gibt es bei Lkw- und Industriemotoren einen Trend zum Wasserstoff, konkret zur Wasserstoff-Verbrennungskraftmaschine, und die ist vom Aufbau her immer eine Kolbenmaschine. Hier können wir unser jahrzehntelanges Know-how einbringen und unsere Stärken ausspielen.
Daneben sind wir auch in anderen Nischen tätig: Bei uns werden Ventile, Lager und Dichtungen für ältere Fahrzeuge nach Mustern angefertigt. Generell wichtig ist für uns ebenso die Klientel der Auto-Enthusiasten: So bauen wir beispielsweise rund 50 GM-Performance-Motoren pro Jahr auf.
Mit 17 Mitarbeitern sind wir zudem in der Lage, viele unterschiedliche Motoren-Segmente zu bedienen. Auch unsere Nachwuchsförderung ist nachhaltig: Wir bilden aktuell 2 Lehrlinge in den Berufen Kfz-Techniker und Großhandelskaufmann aus.
Wir unterhalten auch eine Ausbildungsvereinbarung mit dem ÖAMTC Steiermark. Sämtliche Kfz-Techniker-Lehrlinge des Automobilclubs im Bundesland, das sind rund 15 pro Jahr, kommen für 3 Wochen zu uns und erhalten einen Einblick in die Welt der Motoren­instandsetzung.