Es gehe um die Frage, „was wir tun müssen, damit Mobilität, Energieeffizienz und -einsatz über das Jahr 2030 hinaus gesichert sind“, sagte Bundeskanzler Karl Nehammer zum Auftakt des im Bundeskanzleramt am 19. April 2023 abgehaltenen „Autogipfels“.

„Mir als Bundeskanzler ist wichtig, dass wir als Produktionsstandort gerade der Autoindustrie erhalten bleiben. In Österreich hängen mittelbar und unmittelbar mehr als 300.000 Arbeitsplätze von der Autoindustrie ab. Forschung und Innovation bedingen einander, Österreich ist eines der führenden Länder unter den Top-Ten, wenn es um Anmeldung von Patenten in diesem Bereich geht, und wir haben eine Wertschöpfung von 27 Milliarden Euro durch die Autoindustrie. Das heißt, die Fragen, wie können wir Forschungs- und Innovations- und Produktionsstandort weiter absichern, wie können wir Mobilität weiterentwickeln und welche Technologien sind dafür erforderlich, sind die Themen dieses Gipfels.“ Bei dieser Sitzung gehe es auch nicht um den Ausschluss von Möglichkeiten, sondern um die Frage, „was können wir alles möglich machen, damit Zukunft auch in unserem Land stattfinden kann“.

Autogipfel ohne E-Mobilität
Man müsse auch auf europäischer Ebene Druck aufbauen, damit Denkverbote – sofern sie schon bestünden – wieder zurückgenommen würden, weil sie Forschung und Innnovation behinderten. Es sei auch wichtig, dass Forschung und Entwicklung weiter gefördert würden. „Es gibt so viele Bereiche, wo wir hier in Österreich einen Beitrag leisten können, einerseits wenn es um den grünen Verbrenner geht – also um den E-Fuel-Einsatz –, oder darum, die Antriebe der E-Mobilität breiter zu denken als nur in der Frage, wo denn die Energie herkommt. Das sind faszinierende Themen, die dem Standort Österreich tatsächlich zugutekommen können.“

Zum Autogipfel des Bundeskanzlers nicht geladen waren Vertreter der Elektromobilität, etwa der Bundesverband eMobility Austria. Deren Vorsitzender Helmut Klaus-Schimany zeigte sich verwundert, dass man eine Gesamtsicht anscheinend bei dem Gipfel nicht gebraucht habe. Von Teilnehmern war allerdings zu hören, dass die E-Mobilität von den anwesenden Experten aus Industrie und Wissenschaft weiterhin als Hauptstoßrichtung der Entwicklung gesehen wird.

Unterstützung erhielt Nehammer von der Fahrzeugindustrie: „Der Bundeskanzler und Wirtschaftsminister schlagen Pflöcke für eine erfolgreiche Transformation der Autoindustrie ein“, so Branchensprecher Karl-Heinz Rauscher. Auch die Autofahrerklubs sehen den Gipfel positiv: Es brauche – insbesondere für Bestandsfahrzeuge – nachhaltige Kraftstoffe, wie HVO oder E-Fuels. Anders werde leistbare Mobilität für alle bei gleichzeitiger CO2-Reduktion nicht möglich sein, wie der ÖAMTC betonte. Ähnlich sieht das auch der ARBÖ: Alles, was die Mobilität sauberer sowie nachhaltiger mache, sei zu begrüßen. Dazu zählten die Weiterentwicklung des Verbrennungsmotors, Wasserstoff, Biotreibstoffe, der Elektroantrieb und auch E-Fuels.

"Ablenkung von drängenden Fragen"
Heftige Kritik übten hingegen sowohl Vertreter der Oppositionsparteien als auch von Umweltorgranisationen:  Kanzler Nehammer klammere sich mit seinen E-Fuel-Fantasien an eine völlig ineffiziente und teure Technologie und versuche, „damit von den wirklich drängenden Fragen der Klimakrise abzulenken, der grüne Regierungspartner lasse ihn leider Schalten und Walten“, wie Julia Herr, SPÖ-Umweltsprecherin meinte. Als „billige Show“ bezeichneten FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl und FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker den „von Bundeskanzler Nehammer inszenierten Autogipfel“.

Und auch aus dem Umfeld des Koalitionspartners formiert sich Widerstand: Man könne nur hoffen, „dass Bundeskanzler Nehammer seine E-Fuel-Fehleinschätzung einsieht, wenn ihm neben allen Fachleuten nun auch die Autokonzerne selbst erklären, dass er mit seiner Verbrenner-Nostalgie auf dem Holzweg ist“, sagte Sabine Jungwirth, Bundessprecherin der Grünen Wirtschaft. Für Viktoria Auer, Klima- und Energiesprecherin der Umweltorganisation Global 2000 „scheint es so, als hätte die Lobby E-Fuels als Rettung der Verbrennungsmotoren an Bundeskanzler Karl Nehammer verkauft, doch der Einzige, der das Märchen noch nicht durchschaut hat, ist der Kanzler selbst“.

Weitere detaillierte Berichte über den "Autogipfel" enthält die Ausgabe Nr. 2666 der AUTO-Information, die am Freitag, dem 21. April 2023 erscheint.