Es sind wilde Zeiten im Automobilhandel: Die Unterbrechung der Lieferketten und der Halbleitermangel haben die Lieferfähigkeit so stark beeinträchtigt, dass die Nachfrage nur ansatzweise befriedigt werden konnte. 

Eine leichte Überheblichkeit hat in der Branche Platz gegriffen. Die Unterstützung der Hersteller und Importeure war enden wollend. (Mit erwähnenswerten Ausnahmen, wie die Auszeichnung für das beste Lieferkrisen-Management am A&W-Tag gezeigt hat, wo Mazda vor Mitsubishi und Skoda gewonnen hat).

Nun ist die Trendumkehr deutlich schneller gekommen als von vielen erwartet: Die Auftragsbücher sind noch immer gut gefüllt, die Auslieferung der vorbestellten Fahrzeuge haben zufriedenstellende September-Neuzulassungen ergeben. Aber mit der weiteren Nachfrage sieht es schlecht aus. Die Schauräume sind leer. Sind die Bestellungen abgearbeitet, kommt wenig nach. Bei den Herstellern überholt die Produktionskapazität langsam wieder den Bestelleingang.

Die Gründe dafür sind vielfältig: 

   – Die Inflation, der Kaufkraftverlust und die wirtschaftliche Ungewissheit sind ein mächtiger Hemmschuh beim Autokauf

   – Bei den Konsumenten sind lange Lieferzeiten und mangelnde Verfügbarkeit gespeichert und der Autokauf wird vorerst aufgeschoben

   – Die Diskussion bei den Antriebskonzepten verunsichert die Kunden. Während die Hersteller immer stärker auf E-Mobilität setzten, sind viele Händler und Verkäufer noch immer skeptisch und raten den Kunden ab

   – Die Überheblichkeit mancher Händler und Marken hat die Kunden verärgert

   – Die massiven Preissteigerungen, von sehr günstigen, sofort verfügbaren Kurzzulassungs-Angeboten zu deutlich gestiegenen (nahezu) Fixpreisen mit langen Lieferzeiten übersteigt die Akzeptanz und die Möglichkeit vieler Kunden

Transformation gewinnt an Dynamik
Die mangelnde Lieferfähigkeit (bei hoher Nachfrage) hat einige Probleme und Änderungen überdeckt oder hinausgezögert, nun gewinnt die Transformation stark an Dynamik. Für die Händler gibt es viele Aufgaben:

   – Das Vertrauen der Konsumenten in den Handel, in langsam wieder erträgliche Lieferfristen und in faire Angebote muss wiederhergestellt werden.

   – Die Elektromobilität bietet bei vielen Marken alltagstaugliche Lösungen, die dem Kunden vorbehaltslos angeboten werden müssen. Ein Abraten von E-Fahrzeugen treibt die (meist gut informierten) Kunden zu neuen Anbietern. 

   – Digitalisierung: Digitale Prozesse und digitale Kundenkommunikation sind Voraussetzungen für zukünftigen Erfolg, digitales Marketing und Social-Media helfen in der Kundenansprache.

    – Neue Nutzungsformen, etwa Langzeitmiete, Autoabo oder Wartungsverträge gewinnen an Bedeutung. Sowohl Privat- wie auch Flottenkunden wollen sich in wirtschaftlich schwierigen Zeiten nicht mehr so lange binden. 

    – Das Gebrauchtwagen-Angebot muss attraktiver werden und preislich exakt positioniert werden.

   – Die Transformation vom regionalen Kfz-Betrieb hin zum Mobilitätsanbieter mit digitaler Kundenkommunikation muss rasch realisiert werden.

Dass alte Gesetze nicht mehr gelten und der Autoverkauf dennoch funktioniert, beweist wieder einmal Tesla: Rein elektrisches Angebot, so gut wie kein Händlernetz, vornehmlich digitale Abwicklung, schwache Aftersales-Versorgung und ausschließlich Fahrzeuge über 50.000,- Euro: Glauben wir der Branchenmeinung und unseren jahrzehntelangen Erfahrungen, dürfte nichts davon funktionieren. Und dennoch ist der Tesla Y der (Jänner bis September) heuer meistverkaufte Pkw in Österreich. Die Branche muss sich rasch umstellen.

Der A&W-Verlag bildet ein breites Meinungsspektrum ab. Kommentare müssen nicht der Meinung des Verlages entsprechen.