Die amerikanische Psychiaterin Elisabeth Kübler-Ross beschreibt in ihrem bekannten Fünf-Phasen-Modell die Bewältigungsstrategien von Menschen angesichts großer Verluste. Wir lernen: Vor dem Akzeptieren des Unausweichlichen (5. Phase) stehen Verleugnung, Zorn, Verhandeln und Depression.

Will man mit Kübler-Ross die Reaktion auf die Verdrängung des Verbrennungsmotors durch E-Mobilität beschreiben, lässt sich feststellen, dass viele mittlerweile die erste und zweite Phase hinter sich gelassen haben.

E-Fuels – bzw. deren Verwendung in Pkw und leichten Nfz – sind auf die dritte Stufe zu stellen; sie sind die „Verhandlungslösung“: Ja, es gibt ein Problem, und alle Wut gegen die Grünen („Hängt sie, solange es noch Bäume gibt!“) hat nicht bewirkt, dass es sich in Luft auflöst. Aber wenn wir schon Ökostrom aus Windrädern und Solarzellen brauchen, dann machen wir daraus wenigstens synthetische Flüssigtreibstoffe, um das sonore Vibrato der Motoren, dieses technische Weltkulturerbe, zu bewahren. Deal, Schicksal?

No Deal, leider. Die Widersprüchlichkeiten bleiben: Ein Kilometer mit E-Fuels kostet energetisch das Sechs- bis Zehnfache eines mit einem E-Auto zurückgelegten Kilometers, und in Zeiten der Energieknappheit ist das ein ziemlicher Show-Stopper. Auch finanziell rechnen selbst Optimisten nach erfolgtem Produktionshochlauf mit Gestehungskosten ab 1 Euro pro Liter, das ist, glaubt man ResearchGate, das Fünffache von den Erzeugungskosten für fossile Brennstoffe. Dieter Bohlens Ferrari wird das zwar egal sein, aber...

Die Produktionsstätten für die vielen Milliarden Liter synthetischer Treibstoffe stampfen sich überdies nicht von selbst aus dem Boden, und ein schwindender Anteil von Verbrennerautos macht die Errichtung derselben nicht gerade wirtschaftlich interessanter.

So richtig geil findet E-Fuels eh keiner: Selbst die Ölkonzerne, welche sie propagieren, würden viel lieber weiter Fossilien raffinieren und zur Verfeuerung feilbieten, das wirft mehr ab. Den Ökos sind die Synthi-Fuels sowieso nicht gut genug, weil es trotz ihres Einsatzes am Ort des Geschehens genauso brummt und stinkt wie vorher.

Nur den Schurkenstaaten, von denen wir schon heute unseren (Treib-)Stoff beziehen, kann es wurscht sein: Die Abhängigkeit bleibt bestehen. (Fun fact: Russland ist als gigantischer Flächenstaat eines der am besten für die E-Fuels-Produktion geeigneten Länder, laut Fraunhofers Power-to-x-Atlas).

Also was tun? Augen zu und durch. Die große Depression ist, glaubt man Frau Dr. Kübler-Ross, die letzte Phase vor der Akzeptanz.

Dann tut’s auch nicht mehr so weh.

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