Das Jahr 2021 hat laut Zahlen der Statistik Austria einen neuen Rekord der Neuzulassungen von Elektrofahrzeugen gebracht. Während Benzinfahrzeuge mit 38,1 Prozent und Dieselfahrzeuge mit 24,3 Prozent zu Buche schlagen, entfielen im vergangenen Jahr bereits 13,9 Prozent der Neuzulassungen auf reine Elektroautos. Im Vergleich zum Jahr 2020 entspricht das einer Steigerung von 108,9 Prozent.
Generell ist der Trend weg von fossilen Brennstoffen hin zur Elektromobilität wohl nicht mehr aufzuhalten. Doch was bedeutet diese Umstellung der Antriebskonzepte für die Zukunft von Werkstätten? Immerhin heißt es doch, dass die Servicekosten bei Elektrofahrzeugen deutlich geringer seien. Das mag zwar logisch klingen, fallen doch bei Stromern Arbeiten wie Ölwechsel etc. weg, doch wirklich belastbare Zahlen sind nur schwer zu finden. Wir haben deshalb bei den Importeuren nachgefragt, wie sich diese Thematik anhand konkreter Beispiele tatsächlich darstellt.
Volkswagen: ID.3 vs. Golf TDI
Sieht man sich beispielsweise den VW ID.3 im Vergleich zu einem Golf Variant TDI DSG an, so fällt zuerst der Unterschied bei den Serviceintervallen auf. Während der Golf mit Verbrenner laut Serviceplan alle 2 Jahre oder 30.000 Kilometer in die Werkstatt soll, wird beim ID.3 ein Intervall von 2 Jahren ohne Kilometerbegrenzung angegeben. Welche Arbeiten stehen dann laut Serviceplan aber an?Beim ID.3 sind diese Arbeiten recht überschaubar. Laut VW sind nach 2 Jahren jedenfalls Geruchs-und Allergenfilter sowie die Bremsflüssigkeit zu tauschen. Dafür werden eine Arbeitszeit von 0,9 Stunden und Teilekosten in Höhe von 52,70 Euro veranschlagt. Beim Golf mit Verbrennungsmotor stehen dagegen Öl-und Ölfilterwechsel und ebenfalls Geruchs-und Allergenfilter auf dem Programm. Veranschlagt werden dafür ebenfalls 0,9 Stunden Arbeitszeit und Teilekosten in Höhe von 56,40 Euro, wobei die Kosten für das Motoröl in der uns übermittelten Tabelle nicht angeführt werden. Bei 5,5 Literndürften die allerdings den Großteil der Servicekosten nach 2 Jahren ausmachen.
Somit kommt man im Vergleich zwar auf die gleiche Anzahl an Arbeitsstunden, die Summe der Teilekosten ist beim Elektroauto allerdings bereits nach zwei Jahren spürbar niedriger. Wirklich markant wird der Unterschied aber bei höheren Laufleistungen: So schlägt allein der Zahnriemen mit Umlenk-und Spannrollen, der beim Verbrenner nach 210.000 Kilometern zu wechseln ist, mit 3,3 Arbeitsstunden und 242 Euro an Teilekosten zu Buche. Einen ähnlichen Posten sucht man in der Aufstellung des ID.3 vergebens.
Dasselbe Ergebnis zeigt sichübrigens auch bei einem weiteren Vergleich innerhalb des Konzerns, da die Arbeiten laut Serviceplan bei Skoda Kodiaq 4x4 Style SC TSI DSG und Enyaq iV Sportline 80 sich praktisch nicht von jenen ihrer Konzernbrüder unterscheiden.
Renault: "Wartungsaufwand ist geringer"
Einähnliches Bild zeigt sich auch beim Blick nach Frankreich. So heißt es von Renault, dass sich die Wartungsintervalle der unterschiedlichen Antriebe nicht unterscheiden, da "auch Elektrofahrzeuge regelmäßig gewartet werden müssen, um sicherheitsrelevante Elemente (wie Bremsen etc.) des Fahrzeugszu prüfen. Allerdings ist der Wartungsaufwand bei Elektrofahrzeugen etwas geringer, es fallen bekanntlich gewisse Arbeiten weg (wie z. B. der regelmäßige Ölwechsel)". Hinsichtlich des Wartungsaufwandes wird man hier schon deutlicher: "Der Wartungsaufwand bei Elektrofahrzeugen ist geringer. Jedoch muss nebst der Prüfung der sicherheitsrelevanten Elemente bei Elektrofahrzeugen jährlich der Reinluftfilter gewechselt werden. Die Kosten für diese planbaren Arbeiten sind rund 30 - 40 Prozent tiefer als bei einem thermischen Fahrzeug im gleichen Segment."
BMW: wartungsfreier Elektromotor
Und wie sieht man das beim deutschen Premiumhersteller BMW? Ein fixes Serviceintervall wie bei den meisten anderen Herstellern hat man hier weder bei Elektro-noch bei Verbrennerfahrzeugen. "Das intelligente Wartungssystem CBS analysiert den tatsächlichen Service-Bedarf im Fahrzeug, misst den Zustand der wichtigsten Verschleißteile und Betriebsflüssigkeiten individuell und überwacht die Zeit-bzw. streckenabhängigen Serviceumfänge. Dieses System ist etabliert und bewährt und macht grundsätzlich keinen Unterschied zwischen den Antriebsformen." Konkrete Unterschiede seien daher nicht festzumachen, heißt es weiter. Allerdings verweist man auch in München auf das Ölwechselintervall, das bei allen BMW-Fahrzeugen in Europa bei 24 Monaten oder 25.000 Kilometern liegt und bei E-Fahrzeugen natürlich wegfällt. Außerdem sei wesentlich zu erwähnen, dass ein Elektromotor wartungsfrei auf Fahrzeuglebensdauer ausgelegt sei, inklusive Bürsten und Kollektor. Die Anforderungen hierfür sind 15 Jahre (8.000 Betriebsstunden) beziehungsweise eine Laufleistung von rund 300.000 Kilometern. Kurz gesagt, alle Wartungsarbeiten, die sich rein auf den Verbrennungsmotor beziehen, fallen weg -und durch den Elektromotor selbst kommen keine neuen hinzu. Was das im Endeffekt für den generellen Serviceaufwand bedeutet, kann man sich wohl ausrechnen.
Ersatzteileinsatz von 12 Prozent
Auch bei Mercedes macht man zwischen Verbrenner und Elektro keinen Unterschied, was das Serviceintervall angeht -zumindest bei Pkws. Sowohl EQA 250 als auch GLA 200d haben ein jährliches Intervall oder müssen nach 25.000 Kilometern die Werkstatt aufsuchen -je nachdem, was zuerst eintritt. Bezüglich des Arbeitsaufwandes und Ersatzteileinsatzes hält man sich hier allerdings bedeckt, da dies vom jeweiligen Agenten beziehungsweise der Werkstatt abhänge. Etwas anders verhält es sich da schon aufseiten der Nutzfahrzeuge. So liege das Intervall beim Sprinter mit Verbrennungsmotor bei 40.000 Kilometern oder 2 Jahren, beim Elektro-Pendant hingegen bei 40.000 Kilometern oder einmal pro Jahr. Was hier allerdings besonders heraussticht, ist die Antwort auf die Frage nach Arbeitsaufwand und Ersatzteileinsatz. Während Ersterer bei einer angenommenen Laufleistung von ca. 40.000 Kilometern jährlich vergleichbar sei, betrage der Ersatzteileinsatz beim E-Sprinter nur rund 12 Prozent im Vergleich zum Verbrenner.
Hyundai: Hybrid vs. Elektro
Und wie verhält sich dieser Unterschied, wenn man statt des reinen Verbrenners ein Hybridfahrzeug für den Vergleich heranzieht? Kurz gesagt: ähnlich. Sieht man sich Hyundai Ioniq PHEV und Ioniq EV an, sieht man auch hier keinen Unterschied beim Serviceintervall. Beide müssen nach 15.000 Kilometern oder 12 Monaten "einkehren". Auch bei Hyundai zeigt sich allerdings, dass der große Unterschied nicht im Arbeitswert zu finden ist. Ein Ioniq PHEV kommt bei einer Laufleistung von 75.000 Kilometern oder 60 Monaten auf rund 7,2 Stunden, beim Ioniq EV sind es immerhin noch 6,5 Stunden. Doch auch hier ist derHund wieder im Detail beziehungsweise im Materialwert begraben: Der beträgt in dieser Rechnung beim Ioniq PHEV nämlich 778,78 Euro (exkl. USt), während es beim EV nur 425,9 Euro sind.
Düsterer Blick in die Zukunft?
Auch das Elektroauto ist also nicht frei von jeglichen Wartungsarbeiten. Der regelmäßige Besuch einer Werkstatt wird Fahrzeugbesitzern auch dann nicht erspart bleiben, wenn die letzte herkömmliche Tankstelle die Zapfsäule an den Nagel gehängt hat und tatsächlich nur noch fast lautlos surrende Stromer auf unseren Straßen unterwegs sind -falls dieser Tag tatsächlich kommt.
Auch Elektrofahrzeuge haben regelmäßige Serviceintervalle und werden somit für eine stetige und berechenbare Auslastung von Werkstätten sorgen. Bemerkenswert ist, dass die Unterschiede in puncto Arbeitsaufwand gar nicht so gravierend sind, wie man das vielleicht erwarten würde. Bei den Teilekosten zeigt sich allerdings ein deutlich anderes Bild. Diese sind in jedem unserer Beispiele bei Elektroautos doch deutlich niedriger. Mit steigenden Zulassungszahlen wird somit künftig wohl auch das Volumen des regelmäßigen Serviceaufwands abnehmen. Der Elektromotor besteht nun mal aus weniger Bauteilen und trägt damit auch weniger Reparaturpotenzial in sich.
Chance statt Gefahr
Egal ob man ein Fan der aktuellen Entwicklung hin zur Elektromobilität ist oder nicht: Fakt ist, dass sie in den kommenden Jahren an Bedeutung und an Anteil gewinnen wird. Das wird natürlich auch Auswirkungen auf den Alltag in Werkstätten haben. Diese Entwicklung sollte aber, wie viele bereits in der Vergangenheit durchgemachte Entwicklungen der Branche, nicht als Bedrohung gesehen werden. Viel eher könnte man die Chance sehen, sich frühzeitig auf die sich verändernden Anforderungen in den Werkstätten einzustellen und möglicherweise als Sieger aus dieser Entwicklung hervorgehen. Auch in Zukunft werden Fahrzeugbesitzer regelmäßig in die Werkstatt kommen, nur was sie dort erwarten, wird sich verändern. Und obwohl die Zahl der Neuzulassungen stetig steigt, machen reine Elektrofahrzeuge aktuell noch einen relativ geringen Teil des österreichischen Fahrzeugbestandes aus. Für die Umstellung bleibt also noch Zeit.
„Nicht auf jeder Hochzeit tanzen“
Für Mazda ist der Sieg bei den mittelgroßen Marken nichts Neues: Neu ist, dass heuer neben Langzeit-Chef Mag. Heimo Egge...