A&W: Wie definieren Sie Nachhaltigkeit in der Mobilität?
Dr. Wolfram Groschopf: Nachhaltigkeit wird in drei Dimensionen betrachtet, der ökonomischen, ökologischen und der sozialen. Wer nachhaltig handelt, vermeidet es, die Möglichkeiten kommender Generationen negativ zu beeinträchtigen -das ist laut Definition eine Art Generationenvertrag. Bei der Mobilität sehen wir unterschiedliche Kategorien von externen – also nicht "eingepreisten", sondern der Allgemeinheit aufgebürdeten – Effekten, etwa negative Umwelteffekte.
Reparatur versus Neuanschaffung – was ist besser?
Groschopf: In puncto Treibhausgasemissionen schneidet laut einer Studie ein Fahrzeughalter, der seit den 1970er-Jahren seinen Käfer fährt und instandhalten lässt, besser ab als jemand, der alle 5 bis 6 Jahre ein neues – und eigentlich umweltverträglicheres – Auto kauft. Tendenziell ist eine längere Lebensdauer des Fahrzeuges sicher vorteilhaft. Aber man kann hier keine einfachen, pauschalen Aussagen treffen, weil moderne Fahrzeuge natürlich deutlich weniger Luftschadstoffe emittieren. Jedenfalls sollte man den ganzen Lebenszyklus von der Produktion bis hin zum "End of Life" in die Betrachtungen mit einbeziehen. Etwa 70 Tonnen an Ressourcen werden schon in der Produktion für 1,5 t Auto "verbraucht". Daneben werden Faktoren wie Recycling oder Energiebereitstellung derzeit noch zu wenig mit einkalkuliert.
Beeinflusst der Nachhaltigkeitstrend das Mobilitätsverhalten von Privaten oder Unternehmen?
Groschopf: Private wählen aus unterschiedlichsten Gründen ein Fahrzeug aus und verkaufen es wieder – oder behalten es. Da kann emotionale Bindung eine Rolle spielen, aber auch eine sehr kurzfristige Betrachtung: Was kostet mich eine Neuanschaffung jetzt, was im Vergleich dazu die Reparatur? Bei Flotten ist es ein Unterschied, ob ich es mit einem Unternehmen zu tun habe, das sich eventuell einen Imagevorteil davon verspricht, "nachhaltige" Mobilität einzusetzen, oder beispielsweise mit einem Fuhr-oder Frachtunternehmen. Bei diesem spielen die Kosten eine große Rolle -dort werden alternative Antriebe sicherlich erst dann eingesetzt, wenn es sich rechnet. Bei Firmenwagen für Mitarbeiter zählen nicht nur das gesteigerte Nachhaltigkeitsbewusstsein, sondern auch finanzielle und steuerliche Aspekte.
Wie sehen Sie die immer wieder aufkeimenden Debatten um Neuwagenprämien?
Groschopf: Es ist sehr schwierig, eine solche "Verschrottungsprämie" so aufzusetzen, dass die erwünschten Umweltziele erreicht werden, ohne dass es zu unerwünschten Mitnahmeeffekten kommt – etwa dass Leute ihre 5 Jahre alten Autos loswerden. Es sollen ja die schmutzigsten Fahrzeuge von der Straße. Die Reparatur hat den Vorteil, dass sie lokale Wertschöpfung erzeugt, während der Neuwagenhandel derzeit einen Zentralisierungsschub durch die Hersteller erlebt, was Wertschöpfung abfließen lässt. Gerade in Zeiten des Umbruchs werden sich viele eher abwartend verhalten, was wiederum für die Reparatur spricht.