"Meine persönliche Meinung ist, dass man in der Werkstatt jede Nische nutzen sollte, um für entsprechende Auslastung zu sorgen“, meint Komm.-Rat Josef Harb, Bundesinnungsmeister der Fahrzeugtechnik und selbst Liebhaber klassischer Fahrzeuge. „Es braucht dafür aber auch spezielle Fähigkeiten und die Liebe zu Oldtimern“, so Harb. Seien diese Voraussetzungen gegeben, „dann sollte man das unbedingt in sein Portfolio einbauen“. Das ließe sich in Form einer Nebenschiene im Betrieb realisieren, wobei es natürlich auch die Möglichkeit gebe, sich ausschließlich auf die Restaurierung, Reparatur und das Service historischer Fahrzeuge zu spezialisieren. „Ersteres machen wir auch in unseren Betrieben in Weiz und Voitsberg mit spezialisierten Technikern, die Old- und Youngtimer der Kunden mit Liebe bearbeiten.“

Da ja jährlich Fahrzeuge „nachrückten“, sei am Markt auch für Nachschub gesorgt. „Diesen Markt darf man nicht unterschätzen, er stellt ein bedeutendes Potenzial dar.“ Eine nicht unbeträchtliche Zahl von Besitzern historischer Fahrzeuge sei auch bereit, viel Geld für Restaurierung in die Hand zu nehmen. Gewisse Erfahrung, Interesse gepaart mit Begeisterung für ältere Fahrzeuge bilde die Grundvoraussetzung, um mit diesen Fahrzeugen arbeiten zu können. „Die älteren Kfz-Techniker, die früher daran geschraubt haben, werden natürlich weniger. Wir haben aber auch junge Mitarbeiter, die sich für Oldtimer begeistern und von erfahrenen Kollegen das entsprechende Know-how erhalten. Darüber hinaus gibt es sehr viel Literatur, da kann man sich sehr gut einlesen.“   

Werkstattumsatz mit Oldtimern
Auch Komm.-Rat Josef Wiener, Landesinnungsmeister der Fahrzeugtechnik und erklärter Fan klassischer Fahrzeuge, ist überzeugt, dass Oldtimer ein lukratives Zusatzgeschäft für entsprechend spezialisierte Werkstätten bringen: „Das sehe ich in unserem eigenen Werkstatt-Betrieb in Eltendorf. Bereits 35 Prozent des Umsatzes generieren wir mit der Restaurierung, Wartung und dem Service von Oldtimern. In der Werkstatt haben sich zwei Mechaniker darauf spezialisiert, auch für die Spenglerei sind wir gerüstet und haben derzeit 10 historische Fahrzeuge in Arbeit, darunter einen Chevrolet Camaro, einen Porsche, einen Skoda und einen VW-Käfer.“

Oldtimer würden auch in Corona-Zeiten für eine hohe Werkstatt-Auslastung sorgen: „Wir haben durchgearbeitet und keine Kurzarbeit gehabt.“ Dass das Interesse für diese Fahrzeuge auch beim Kfz-Techniker-Nachwuchs vorhanden sei, daran zweifle er nicht: „Es ist gewaltig und steigt weiter an.“

Nicht zuletzt deshalb habe die Fahrzeugtechnik der Wirtschaftskammer Burgenland gemeinsam mit den Berufsschulen Pinkafeld und Mattersburg ein Pilotprojekt gestartet. Die Innung Fahrzeugtechnik kaufte einen Renault 4 Oldtimer. Dieser wurde bereits zerlegt und wird in weiterer Folge von den Schülern komplett instand gesetzt. Mit dem Pilotprojekt „Oldtimer Kfz-Techniker/Spengler Lackierer“ ab der 2. Klasse der Berufsschulen werden Kfz-Techniker-/Karosseriebautechniker- und Lackiererlehrlinge geschult. Die Teilnahme erfolgt freiwillig, die Lehrlinge bekommen das Diplom „Oldtimer Fahrzeugrestaurator“.

Während sich die Nachwuchstechniker der Berufsschule Pinkafeld um die mechanischen Teile kümmern, sind für das „Blech“ die Karosseriebautechniker in der Berufsschule Mattersburg zuständig. Das Projekt schreitet voran: „Motor, Getriebe und Bodengruppe sind bereits revidiert bzw. instand gesetzt“, so Wiener. Sobald das Fahrzeug fertiggestellt ist, bleibt es in den Berufsschulen und wird bei diversen Veranstaltungen ausgestellt.  

Aussichten sind insgesamt gut
Laut einer Studie des deutschen ZDK stellten die unter 30-Jährigen mit 23 Prozent die größte Gruppe mit Interesse an der Fahrt mit einem Oldtimer dar, erklärt Komm.-Rat Franz Steinbacher, Oldtimer-Experte, Sachverständiger und Mitglied im Landesgremium des Wiener Fahrzeughandels. „Die jungen Leute können das, und wenn sie wollen, lernen sie auch diese Fahrzeuge zu warten, zu reparieren oder zu restaurieren.“ Es gebe in Österreich auch mehrere auf Vorkriegsfahrzeuge spezialisierte Top-­Betriebe, die heute nicht nur hierzulande, sondern auch in Europa zu den besten zählten. „Wichtig ist, sich Tipps und Tricks von erfahrenen Experten zu holen oder in einem Betrieb zu erlernen, darüber hinaus gibt es jede Menge Literatur und weit mehr Fachzeitschriften für Oldtimer als für aktuelle Fahrzeuge.“ Leute, die mit Liebe zu alten Autos schrauben, „sind heute gesucht“.

Das Kernthema der Kraftfahrzeugtechnik und Mechanik sei ja immer das gleiche, neu seien Randbereiche wie Elektronik. „Wenn jemand das beherrscht und sich auf alte Fahrzeuge – idealerweise von erfahrenen Technikern begleitet – konzentriert, sind das die besten Voraussetzungen, um völlig in die Materie einzutauchen.“

Hilfreich, um den Kfz-Nachwuchs für das Thema zu begeistern, seien auch Initiativen: „Wir wollten an der Berufsschule Stockerau eine Oldtimer-Akademie installieren, bei der jungen Kfz-Technikern in 2 Semestern Grundwissen – etwa wie man historische Fahrzeuge repariert und restauriert – vermittelt wird. Leider ist uns Corona dazwischengekommen, ich hoffe, wir können dieses Projekt noch umsetzen.“ Insgesamt seien die Aussichten gut: „Man lernt interessante Kunden, ­darunter oft finanzstarke Sammler kennen, die nicht nur ein, sondern mehrere Fahrzeuge, manche sogar 100 und mehr, besitzen. Es ist ein internationaler Markt und geografisch nicht beschränkt.“

Auch „Große“ setzen auf Klassiker
Auch bei großen Autohandelsbetrieben stehen Klassiker hoch im Kurs: Mehr als 30 Jahre restaurierte Helge Jensen klassische Automobile am Standort im oberbayerischen Grassau. Mit seinem Wissen – vor allem für die Marken Porsche und Jaguar – hat er sich weltweit einen Namen in der Oldtimer-Szene gemacht. Kürzlich wurde der Betrieb von der Tiroler Unterberger Gruppe, die über 19 Standorte in Tirol, Vorarlberg, Südbayern, im Allgäu und in Salzburg verfügt, übernommen und samt 5-köpfigem Team nach Kufstein verlagert.

Insgesamt 3,5 Millionen Euro wurden für die Errichtung einer neuen Werkstatt sowie für Büroräumlichkeiten investiert. „Wir haben keine Kosten und Mühen gescheut und uns für innovative Hightech-Lackieranlagen und Lüftungstechniken entschieden“, erläutert Fritz Unterberger. Die 1.900 Quadratmeter große Fläche biete ideale Voraussetzungen für die Oldtimer-Restauration. Zudem werden die Räumlichkeiten auch für klassische Karosseriearbeiten aller Automarken genutzt.