Zukunft Werkstatt: Wie entwickeln sich Rolle und Aufgabe des Reifens in den kommenden Jahren?
Kurt Bergmüller: Wir sehen das Thema Sicherheit auch zukünftig an erster Stelle. Die Assistenzsysteme werden immer komplexer und besser, aber sie wirken nur, wenn ein guter Reifen den Kontakt zur Fahrbahn hält. Und dies muss natürlich auch für das unmittelbar nachfolgende Fahrzeug gelten.
Mirco Brodthage: An Bedeutung gewinnen wird das Thema Nachhaltigkeit wie in vielen anderen Bereichen unseres Lebens. Lösungen wie unser Taraxagum, also Löwenzahn-Kautschuk, werden dann bei der Wahl durch den Endverbraucher wichtiger. Neben dieser gesellschaftlichen Entwicklung beobachten wir auch eine Veränderung im Einkaufsverhalten. Sollten immer mehr Flottenbetreiber die Reifenwahl anstelle der privaten Endverbraucher treffen, so ist die Rolle des Reifens sicherlich verbunden mit Ausfallsicherheit und Gesamtkosten für die Flotte. Hier werden intelligente Reifen und Systeme helfen, den Flottenbetreibern zu jeder Zeit einen Überblick zu verschaffen und Serviceprozesse zu automatisieren.

Wie entwickelt sich die Bedeutung des Reifens für die Kfz-Branche?
Brodthage: Einige Entwicklungen wie Elektrifizierung (Wartungsarmut der Fahrzeuge) oder der Ausbau der Assistenzsysteme (weniger Unfallschäden) werden die Frequenz in den Werkstätten mittelfristig senken. Dadurch wird der Reifen eine immer stärkere Bedeutung als Kundenbindungsinstrument einnehmen, da insbesondere Elektrofahrzeuge die notwendigen Wechsel­intervalle vermutlich erhöhen werden und somit das Depot den Kunden an den Betrieb bindet.
Bergmüller: Auch wenn der Reifen von Uninteressierten als austauschbares „Convenience-Produkt“ gesehen werden könnte, handelt es sich dabei tatsächlich um ein sicherheitsrelevantes Fahrzeugteil und wird von Jahr zu Jahr beratungsintensiver. Jede Saison kommen unzählige neue Artikel und spezielle Fahrzeug-Ausführungen auf den Markt. Sonderlösungen wie Run-Flat, Seal oder Silent-Varianten führen dazu, dass der Endverbraucher in Zukunft noch stärker auf eine exzellente Fachberatung angewiesen ist. Lokale und internationale, länderunterschiedliche Richtlinien zu Mindestprofiltiefen und dem Mischen von Reifen auf unterschiedlichen Fahrzeug­achsen fordern besonders in grenznahen Betrieben spezielle Kenntnisse. Hier besteht großes Differenzierungspotenzial für Fachberater.

Wie kann sich der Betrieb darauf vorbereiten?
Bergmüller: Die Betriebe müssen weiter verlässlicher Partner ihrer Kunden sein und die unterschiedlichen Bedürfnisse, z. B. privater Endverbraucher vs. Flottenbetreiber, erkennen. Die fortführende Schulung ihrer Mitarbeiter ist sicherlich ein wichtiger Punkt hierbei; wir unterstützen gerne.
Brodthage: Aus meiner Sicht werden Daten und Prozesse wichtiger. Schlanke Abläufe im Betrieb und die Nutzung der zur Verfügung stehenden Daten können die Profitabilität steigern.

Wie kann Continental die zukünftigen Anforderungen der Betriebe (Autohäuser, Werkstätten, Reifenspezialisten) erfüllen?
Bergmüller: Unsere Organisation ist kundenzentrisch aufgestellt; auch wir wollen die heutigen und zukünftigen Bedürfnisse erkennen und bestmöglich erfüllen. Dabei müssen wir vor Ort sein, den Kunden zuhören und unsere Angebote darauf ausrichten. Das reine Produkt „Reifen“ ist schon lange nicht mehr unser einziges Angebot.
Brodthage: Die Anforderungen werden nicht homogen sein, sie werden auch in Zukunft von den unterschiedlichen Betriebstypen und Ausrichtungen abhängen. Hier müssen wir auf Kundenbasis unterschiedliche Lösungen anbieten. Unabhängig davon streben wir nach der höchsten Prozess-Qualität, von der Auftragserfassung über Belieferung bis zur Rechnungsstellung. Wenn gewünscht natürlich auch digital.

Welche Chancen ergeben sich daraus für den gesamten Handel?
Bergmüller: Wenn Beratung relevanter wird, so kann sich hierdurch jeder Betrieb von „transaktionsorientierten“ Geschäftsmodellen abgrenzen. Für Flotten kann er ganzheitliche Lösungen bieten, das können z. B. eCommerce Modelle nur sehr schwer.
Brodthage: Der Handel hat schon in den letzten Jahren einen großen Fokus auf die Dienstleistung in Verbindung mit Reifen gesetzt – das wird auch weiterhin eine große Chance sein.

Was sind die Vorteile einer Zusammenarbeit mit Continental?
Bergmüller: Unsere lokale Organisation ermöglicht es uns, nahe am Kunden zu sein und entsprechend inter­agieren zu können. Dadurch lösen wir spezifische Anforderungen auch individuell. Durch die Mehrmarkenstrategie haben wir zudem nachgefragte Produkte von Premium bis Budget; man kann also gezielte Angebote für unterschiedliche Kaufbereitschaft mit uns erstellen. Schulungen und individuelle Marketingunterstützungen runden unser Angebot ab.
Brodthage: Wir haben einen hohen Anspruch bei unseren Prozessen und werden diese auch immer weiterentwickeln. Unsere Belieferung erfolgt bei Verfügbarkeit innerhalb von 24 h in ganz Österreich – und das gilt ebenso für Einzelstücke. Auch für die Zukunft sehen wir uns sehr gut gerüstet. Durch den Continental Konzern im Rücken wissen wir, wie der vernetzte Reifen in Zukunft funktionieren wird und leiten daraus neue Servicebausteine für unsere Kunden ab. Wir wollen es den Kunden so leicht wie möglich machen, sich für uns zu entscheiden.