A&W: Wie hat sich Covid-19 in der Reifenbranche und insbesondere in Österreich ausgewirkt?
Michael Peschek-Tomasi: Der europäische Markt ist 2020 um über 17 Prozent eingebrochen, der österreichische Markt hingegen gerade einmal um die Hälfte. Dies begründet sich darin, dass wir im alpinen Raum ein Winterreifenmarkt sind, und diese Saison steht nun vor der Tür. Wer seine Hausaufgaben gemacht hat, kann seine Kunden auch versorgen.
Wie gefährdet ist die Versorgungssicherheit? Wie hat sich point-S darauf vorbereitet?
Wir haben bereits vor 2 Jahren damit begonnen, den Reifenherstellern aufzuzeigen, dass europaweite Konzepte am alpinen Markt vorbeigehen. Wir benötigen kurze Lieferzeiten, sichere Lieferketten und regionale Nahversorgung. Aus diesem Grund hat der regionale Handel ein Unternehmen gegründet, dessen Ziel es ist, Warenbestände wieder in Österreich zu lagern und insbesondere für die Wintersaison kurze und sichere Transportwege sicherzustellen. In diesem Jahr haben wir durch COVID-19 erlebt, wie schnell der grenzüberschreitende Paketdienstverkehr an seine Grenzen stößt und die Versorgungssicherheit gefährdet ist.
Der österreichische Großhandel erfährt gerade einen Wandel zurück zum Nahversorger. Hierin haben wir auch unsere ganze Energie gebündelt und starke Winterreifenmarken wie Hankook und Toyo dazu bewogen, Winterreifen wieder in Österreich zu lagern. Ebenso ist es uns gelungen, Lieferanten wie Michelin und Falken im 24-Stunden-Versorgungstakt anzubinden. Weitere namhafte Hersteller sind in Verhandlung für 2021.
Warum ist Österreich ein spezieller Markt?
Viele Hersteller folgen der Ganzjahresreifenstrategie für Europa, was von Portugal bis Hamburg nachvollziehbar ist. Für den alpinen Raum, so hat ein kürzlich veröffentlichter Test aufgezeigt, sind die Produkte mangelhaft. Hinzu kommt die gesetzliche Mindestprofiltiefe von 4 Millimetern, die auch einen Ganzjahresreifen unbrauchbar macht. In Österreich bleibt uns also der deutlich bessere Winterreifen erhalten, und dafür bieten wir die Möglichkeit, gemeinsam zu wachsen.
Ist das hier beschriebene Wachstum in der Krise, noch dazu in einem stagnierenden Markt, nicht Zweckoptimismus?
Sobald der Handel die Vorzüge der Nahversorgung umsetzen kann, wird er jene Hersteller bevorzugen, die ihm eine kurze und sichere Lieferkette gewähren. Andere werden ausscheiden. Der Markt wird nicht wachsen, aber Verschiebungen führen zu Win-win-Situationen zwischen Handel und jenen Herstellern, denen der Markt in Österreich wichtig ist und deren Warenbestände nicht durch halb Europa reisen, um in Österreich aufs Fahrzeug montiert zu werden.