Wie im Vorwort und auf den folgenden Seiten beschrieben, hat das gierige Wachstums-und Volumenskonzept der Reifenindustrie wieder einmal eine ordentliche Watsch'n bekommen. Die Großhandelsblasen sind einmal mehr geplatzt. Die Leidtragenden sind auch dieses Mal die etablierten Reifenhändler, die regionalen Großhändler und die klassischen Reifenspezialisten. Dabei sind zumindest die Optimisten zuversichtlich, dass sich die Reifenindustrie für einige Zeit ausreichend verbrannt hat und etwas klüger geworden ist.

Zurück an den Start
Jetzt heißt es zurück an den Start: Das Volumen muss wieder verstärkt mit den traditionellen, klassischen, meist langjährigen Partnern gemacht werden. "Die Industrie muss sich wieder darauf besinnen, mit loyalen Partnern in den Ländern zusammenzuarbeiten", erklärt Reifen-Nahversorger Wilfried Fleischmann. "Das regionale Geschäft wird noch wichtiger, damit können wir auch Österreich stabilisieren", ist beispielsweise Reinhard Münzker von Pirelli überzeugt Den regionalen Managern und den Österreich-Verantwortlichen ist die Situation vollkommen bewusst.
Bei aller Dramatik kann die Situation nun zur Verbesserung führen. Die Voraussetzungen sind gar nicht so schlecht. War vor Kurzem das "Großhandelsgeschäft der kleinen, regionalen Großhändler eher im Auslaufen, stehen momentan die Chancen wieder besser.
Ein Grund dafür ist die erfolgte Markthygiene sowie die nun herrschende höhere Ausgewogenheit in der österreichischen Reifenlandschaft. Gleichzeitig schwächeln die internationalen Player, online wie offline.

Drei starke Gruppen
Nach dem Ende von Bruckmüller und Ruhdorfer und der Übernahme durch Reifen John durch Vergölst/ Continental haben sich in Österreich im Wesentlichen drei starke Gruppen herausgebildet: Conti Trade mit Reifen-John-und Profi-Reifen-Betrieben als größte Kette, Top-Reifen-Team als Kooperation weniger Großer und point-Sals Einkaufsgenossenschaft mehrerer, vor allem kleinerer Reifenspezialisten. Die drei Gruppen können eine beachtliche Versorgungssicherheit für Österreich bieten.

Weniger Lieferanten pro Betrieb
Gleichzeitig wird es den Reifenspezialisten gar nicht mehr möglich sein, mit allen Industrien zusammenzuarbeiten. Die Hersteller verfügen zu einem großen Teil über mehrere Marken für die verschiedenen Segmente, dazu kommt eine Vielzahl an Modellen, Technologien und Automarken-spezifischen Produkten. Ganzjahresreifen und spezielle Modelle für Elektrofahrzeuge erhöhen die Komplexität und Vielfalt in Zukunft noch mehr. Im Gegensatz zu früher werden sich die Reifenspezialisten auf weniger Lieferanten spezialisieren. Das macht für beide Seiten Sinn, denn die Betreuung und die Logistik sind für die Industrie aufwändig und teuer.

Regionaler Nahversorger
Mit dieser Lösung können die Reifenspezialisten noch einfacher zu einem "Hub" werden, also die Versorgungslinie der entsprechenden Hersteller unterstützen und regionale Reifen-Nahversorger werden. Damit sind wir beim nächsten Punkt: Die Autohäuser, freien Werkstätten und kleineren Reifenspezialisten, diemittlerweile ein beachtliches Volumen bewegen, sollten und müssten dann vermehrt auf regionale Kooperationen setzen, bevor sie internationale Großhändler sponsern oder -wie im Falle der Autohäuser -sich noch weiter ihren Importeuren ausliefern. Klar, da gehören immer beide Seiten dazu: Denn auch der große oder "kleinere" Reifengroßhändler darf den regionalen B2B-Markt "rund um den Kirchturm" nicht als Cash-Cow, sondern als Volumenserweiterung sehen und muss attraktive Konditionen bieten. Futterneid ist hier -auf beiden Seiten -fehl am Platz.